Klarheit

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Astorias Brief lag halb ausgerollt auf Dracos Schreibtisch, als er sich ein letztes Mal durch die Haare fuhr, ehe er sich auf den Weg zu ihr machte. Sie hatte einem Treffen zugestimmt – sie würden sich in einem der vielen Londoner Parks treffen und den ungewöhnlich sonnigen Tag genießen. Nervös zupfte Draco sein Shirt zurecht. Er war nicht sicher, was er sich von diesem Treffen erwarten sollte, und ob er überhaupt etwas erwarten durfte. Oder ob es bloß eine Abschiedsszene werden würde, bei der Astoria ihm mit sanften Worten klarmachen würde, dass dies das Ende war. Ein Stich der Eifersucht durchzuckte ihn, als ihm diese Möglichkeit durchaus realistisch erschien, aber er zwang sich, nicht weiter darüber nachzudenken.

Stattdessen schob er Schlüssel und Geldbörse in seine Tasche, bevor er aus der Tür hinaustrat und disapparierte. Sie hatten einen abgelegenen, kleinen Park in Muggellondon gewählt, der neutraler Boden sein würde. Keiner von ihnen hatte diese Formulierung ausgesprochen, aber es war Draco dringend notwendig erschienen, sich fernab von alten Belastungen – und neuen Verführungen – zu treffen.

Astoria erschien wenige Minuten später, wunderschön in ihrem dünnen, grünen Sommerkleid. Ihre Augen wirkten dadurch noch größer, und Draco verlor sich einen Augenblick lang in ihrer Betrachtung. Gierig sog er ihren Anblick ein, bis er ein Detail entdeckte, das ihn immens störte. Ein winziger, blauer Fleck an ihrem Schlüsselbein – war es das, was er glaubte? Er versuchte, seine Gedanken nicht wild umherlaufen zu lassen. Es gab hundert Erklärungen für einen solchen Abdruck, ganz vorneweg, dass das Heilen kein ungefährlicher Beruf war.

Doch er spürte, wie seine Laune bereits sank, und sich seine Euphorie in Unsicherheit umwandelte.

„Hi!" Als sie langsam auf ihn zutrat, merkte er, dass auch sie unsicher war. Astoria hatte offensichtlich keine Ahnung, was sie nun erwarten würde und blieb darum zurückhaltend stehen.

„Wie geht es dir?"

„Besser. Viel besser." Draco antwortete voller Ernsthaftigkeit und Zuversicht. „Ich sehe jetzt viele Dinge sehr viel klarer. Bevor wir über irgendetwas Anderes reden will ich mich bei dir entschuldigen. Ich habe dich immer als selbstverständlich hingenommen und dir die Last der Welt aufgebürdet, ohne dich zu fragen, ob das für dich in Ordnung ist. Ich habe mich auf dich verlassen und dich benutzt und du hast es einfach nur über dich ergehen lassen. Du warst immer für mich da und ich habe nicht darüber nachgedacht, dass du mich vielleicht auch irgendwann brauchen würdest. Dass du dich mit meinem Vater verschworen hast, hat wehgetan... Aber ich verstehe jetzt, warum du es getan hast. Und dass du mir nicht schaden wolltest. Ich... ich verzeihe dir. Und ich wollte mich einfach nur für deine Freundschaft bedanken. Ich war ein ziemlicher Idiot."

Er zwang die Worte hastig hervor, bevor sein Stolz ihm in die Quere kommen konnte. Er musste all das sagen, jetzt, bevor er Astoria verlor.

Sie lachte leise bei seiner letzten Feststellung. „Danke", erwiderte sie sanft. „Ich bin sehr froh, dass du das ansprichst. Und dich entschuldigst. Du hast Recht, es war nicht immer leicht. Trotzdem bin ich gerne mit dir befreundet gewesen. Selbst, wenn ich vielleicht weniger belastende Geheimnisse als du hatte, Draco – ich bin trotzdem gerne mit ihnen zu dir gekommen. Aber..." Sie hielt einen Augenblick inne, und das genügte, um ihn panisch werden zu lassen. Aber was?

Bevor er es aufhalten konnte, übernahm seine Unsicherheit die Kontrolle. „Aber was? Weiß Michael eigentlich, dass du hier bist?"

Als er ihrem wütenden Blick begegnete, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. „Aber", fuhr sie mit zornbebender Stimme fort „ich wollte sagen, dass das hier wie ein Abschied klingt. Und eigentlich wollte ich darauf hinaus, dass ich noch nicht bereit bin, mich von dir zu verabschieden. Wenn du mir allerdings so kommst, überlege ich mir das noch einmal!"

It's always Darkest Before the DawnTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon