Epilog - Die erste Lüge

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Draco starrt nachdenklich auf die herbstlichen Ländereien Hogwarts', über die die ersten gold-gelben Blätter im Septemberwind tanzen. Der Anblick der ungebändigten Natur kann ihn nicht aufheitern, seine Gedanken wandern zu oft zu seinem Vater nach Hause zurück. Er ist in den letzten Monaten besorgt gewesen, und die Farbe des dunklen Mals an seinem Arm hat sich immer mehr verdunkelt. Lucius hat versucht, es vor seinem Sohn zu verbergen, aber es ist ihm nicht gelungen. Nicht einmal die Ankündigung des trimagischen Turniers hat Draco von seinem Verdacht befreien können.

Dass Voldemort zurückkehren könnte – und dass seine Familie bei seiner Rückkehr wird büßen müssen.

Plötzlich stößt etwas heftig gegen seine Schulter und reißt ihn fast um, vom Fenster weg. Er richtet sich irritiert wieder auf und blickt in das Gesicht eines kleinen, dunkelhaarigen Mädchens, das etwa ein Jahr jünger als er ist. In der Hand hält sie ein fangzähniges Frisbee, dass sie wohl im Sprung gefangen und ihn dabei umgerempelt hat.

„Das tut mir sehr leid", sagt sie sanft, nicht verschämt oder verängstigt, wie er es von einem Mädchen aus einem unteren Jahrgang erwarten würde.

„Astoria! Astoria, was soll das? Du weißt doch, dass diese Frisbees verboten sind."

Daphne Greengrass kommt wütend durch den Gemeinschaftsraum gestapft und reißt dem Mädchen das Spielzeug aus der Hand. Die familiäre Ähnlichkeit ist nicht zu übersehen, und er meint, sich vage zu erinnern, dass sie ihm ihre kleine Schwester schon einmal von Weitem gezeigt hat. Aber er hat noch nie mit Astoria gesprochen.

Daphne wendet sich ihm zu. „Draco, das tut mir leid. Astoria, entschuldige dich gefälligst", faucht sie.

„Hab ich schon", erwidert die Kleine genervt, beinahe glaubt er, sie mit den Augen rollen zu sehen.

Er ist halb amüsiert, halb irritiert. Seine Schulter tut von dem Aufprall weh und er ist mit den Gedanken ganz woanders, aber sie hat es nicht verdient, dass er sie deswegen anfährt. „Schon in Ordnung. Astoria? Freut mich sehr."

Damit glaubt er, dass diese Begegnung vorbei ist, und er sich wieder seinen Gedanken widmen kann. Aber Daphne lässt noch nicht locker. Sie ist in seinem Jahrgang und ganz nett, aber allzu viel kann er nicht mit ihr anfangen – sie aber scheint die Hoffnung, eine nähere Freundschaft mit ihm zu knüpfen, nach den vergangenen drei Jahren immer noch nicht aufgegeben zu haben.

„Bist du schon gespannt wegen des trimagischen Turniers? Das wird sicher ganz schön aufregend. Ich frage mich, wer der Hogwarts-Champion wird, du auch?" Er will ihr nicht den Rücken zukehren, während sie noch spricht, das wäre unhöflich. Also sucht er gequält nach den richtigen Worten, die zwar freundlich sind, aber ihr trotzdem vermitteln, dass er gerade lieber allein wäre.

Da fällt sein Blick auf Astoria. Sie hat ihn mit einem klaren Blick fixiert, der ihm fast schon unheimlich ist. Ihm ist, als würden diese grünen Augen bis in seine Seele sehen und die Furcht darin erkennen. Als wüsste sie ganz genau, was er gerade will und braucht.

„Komm, Daffy. Draco will seine Ruhe haben. Er ist nur zu nett, um das zu sagen. Das ist schon in Ordnung, übrigens", fügt sie an ihn gewandt hinzu, und er kann sie nur staunend anstarren. „Ich bin auch ganz oft lieber allein. Die Menschen reden viel zu viel Belangloses."

Daphne schnappt empört nach Luft – ob aufgrund des kindlichen Spitznamens oder von Astorias Anmaßung weiß er nicht. Vielleicht wartet sie darauf, dass er ihr widerspricht. Ihr versichert, dass er ihre Gegenwart ganz zauberhaft findet. Aber das tut er nicht. Er ist zu sehr von Astoria und ihrem klaren Blick fasziniert.

Was sie gerade gesagt hat, klingt wie etwas, das Looney Lovegood von sich geben würde, aber aus irgendeinem Grund macht sie das nicht verrückt, sondern charmant. Er ertappt sich bei dem Wunsch, dass Daphne verschwinden soll, damit er sich weiter mit ihr unterhalten kann. Einfach, um aus mäßigem Interesse heraus zu hören, was dieses winzige Persönchen noch zu sagen hat.

Aber den Gefallen tut sie ihm nicht. Stattdessen zieht sie die sichtlich beleidigte Daphne am Ärmel weg und quer durch den Gemeinschaftsraum. Als sie beide fast bei den Mädchenschlafsälen angelangt sind, dreht sie sich noch einmal zu ihm um. Schenkt ihm ein strahlendes Lächeln, gegen das keine Sorge dieser Welt ankommen würde. Und lässt ihn die Angst vergessen, nur für einen Augenblick.

Draco Malfoy weiß in diesem Augenblick, dass Astoria Greengrass jemand ganz Besonderes ist. 


So, da wären wir am Ende angelangt :) Vielen Dank an all diejenigen, die durchgehalten haben! Ich entschuldige mich noch einmal für die ewig lange Pause in der Mitte, aber langsam schaffe ich es zurück in den metaphorischen Schreib-Sattel :D

Danke für all die tollen Reviews, sowohl Kritik als auch positive Rückmeldungen werden immer geschätzt :)

Wir sehen uns hoffentlich bei meinem nächsten Projekt wieder! :)

Liebe Grüße! :) 

It's always Darkest Before the DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt