Nachforschungen

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Es war erst kurz nach acht Uhr, als Draco durch die Tore von Malfoy Manor trat und seinen Umhang erschöpft zur Seite warf. Das erschien ihm seltsam – der Abend war ihm nach allem, was geschehen war, so unendlich lange vorgekommen.

Auf leisen Sohlen eilte er durch das Haus, und wollte eigentlich nur noch in seinem Zimmer verschwinden. Als er jedoch seinen Vater im Salon mit einer Zeitung sitzen sah, traf er eine unwillkürliche Entscheidung. Er wollte wissen, was Lucius wusste, doch das musste er geschickt anstellen. Draco räusperte sich, und wartete geduldig ab, bis die Zeitschrift gesenkt wurde, und sein Vater ihn fragend musterte – er schätzte es nicht, beim Lesen gestört zu werden.

„Was ist denn, Draco?"

„Ich habe gerade zufällig Pansy getroffen."

„Ach?" Sein Vater zog eine Augenbraue hoch, schien aber nicht übermäßig überrascht zu sein. „Das erklärt, warum sie dir heute Nachmittag geschrieben hat." Lucius deutete auf den Stapel an Post, der auf dem Beistelltisch neben ihm stand – tatsächlich lag obenauf ein Brief, der an Draco adressiert war. Aber obwohl das Wachssiegel unversehrt zu sein schien, hätte Draco schwören können, dass das Pergament zerknittert war, als hätte jemand das Kuvert aufgerissen. Stirnrunzelnd ließ er es in seine Hosentasche gleiten.

Es schien nicht so, als würde sein Vater weiteres Interesse äußern, weshalb Draco sich entschied, mit der Tür ins Haus zu fallen. „Weißt du irgendetwas von Geldschwierigkeiten der Familie Greengrass? Ist etwas passiert, während ich in Askaban war?"

Eine halbe Sekunde lang schien es, als hätte Lucius sich erschrocken. Dann lehnte er sich jedoch so entspannt zurück, dass Draco sich fragte, ob er sich das nur eingebildet hatte. „Ich habe nichts gehört. Die Greengrass sind seit Jahrhunderten eine respektierte Familie, und ich wüsste es ganz bestimmt, wenn sie aus irgendwelchen Gründen verarmt wären." Derselbe beherrschte, fast schon gelangweilte Tonfall wie immer, den er für alles nutzte, der seine Geschäfte oder seine Ideologie nicht betraf. Warum kam er Draco also trotzdem falsch vor? Er versuchte eine andere Richtung.

„Astoria wollte sich Geld von mir leihen – eine nicht unerhebliche Summe – und ich wollte erst um deinen Rat fragen. Ob das eine gute Idee ist..."

Lucius zuckte gleichgültig die Schultern – eine Geste, die Draco bei seinem Vater noch nie, in seinem gesamten Leben nicht, beobachtet hatte. Erst recht nicht, wenn es um Geld ging. Dass sein Vater sich auf diese lasche, körperliche Geste verließ, der Mann, der sein Vermögen jahrzehntelang gehütet und gemehrt hatte, machte ihn misstrauisch.

„Seinen Freunden Geld zu leihen ist immer schwierig. Aber bei Miss Greengrass ist das sicherlich kein Problem. Sie ist schließlich deine beste Freundin. Ich würde ihr vertrauen." Vertrauen echote es in Dracos Gedanken. Dass das ausgerechnet von seinem Vater kam, der nun wirklich der kühlste Mann war, den er kannte, irritierte ihn. Er wollte Pansys Worten keinen Glauben schenken. Er wollte nicht, dass seine gesamte Freundschaft zu Astoria nur darauf basierte, dass sie sein Geld wollte. Sie durfte einfach keine Lüge sein. Und konnte er Astoria überhaupt anzweifeln, wenn sie die letzten Wochen (oder auch Jahre) nichts anderes getan hatte, als an ihn zu glauben? Aber was, wenn sie einfach nur geduldig abgewartet hat? Wenn all das Kalkül war... Wenn selbst der Kuss von ihr berechnet war?

Doch dafür war es ihm zu spontan erschienen, und sie zu sprunghaft. Es war unmöglich, dass sie all das geplant hatte... Dafür kannte er sie zu gut. Jahrelang hatten sie einander alles erzählt – wenn sie wirklich Probleme gehabt hätte, wäre sie doch zu ihm gekommen. In Askaban?, meldete sich die skeptische Stimme in ihm wieder. Astoria hatte keine Möglichkeit gehabt, ihn zu kontaktieren, und er hätte ihr von seiner Zelle aus auch nicht helfen können. War es möglich, dass Astoria sich in seiner Abwesenheit so sehr verändert hatte – und verzweifelte Entscheidungen hatte treffen müssen? Einer Eingebung folgend eilte er zurück in den Vorraum und nahm seinen Umhang erneut zu sich.

It's always Darkest Before the DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt