It's always Darkest Before the Dawn

Die Wahl

Astoria knetete nervös ihre Finger, als sie gegenüber ihrer Mutter im Salon Platz nahm. Vivian Greengrass musterte ihre Tochter mit dem besorgten Röntgenblick, den sie sich in den letzten zwei Jahren angewöhnt hatte. Davor war ihre Mutter eine ihrer besten Freundinnen gewesen, mit der sie über alles sprechen konnte. Aber mittlerweile war Astoria die Geduld abhandengekommen, um sie um Rat zu fragen, denn hinter jeder noch so kleinen Schwierigkeit witterte ihre Mutter die vollkommene gesellschaftliche Zerstörung.

Zu Anfang hatte sie dafür noch Verständnis gezeigt und war den Ängsten ihrer Mutter geduldig begegnet. Himmel noch mal, sie war so weit gegangen, illegale Substanzen zu verkaufen, um ihre Familie zu unterstützen und aus der finanziellen Krise zu holen (selbstverständlich ohne deren Wissen. Ihre Mutter wäre bei dieser Enthüllung glatt in Ohnmacht gefallen.) Aber mittlerweile war sie es müde, wie auf Eierschalen herumzutanzen und jedes ihrer Worte abwägen zu müssen.

Sie brauchte ihre Mutter, ihre Weisheit oder vielleicht auch einfach nur ihre Schulter, an der sie weinen konnte. Sie hoffte so sehr, dass sie das weiche Herz ihrer Mutter erreichen konnte, bevor die Paranoia es tat. „Mama, ich brauche dich."

Nur vier Worte, und schon schien ihre Mutter auf der Hut zu sein. Sie lehnte sich besorgt nach vorne und ergriff die Hand ihrer Tochter. „Natürlich, mein Schatz. Ich bin immer für dich da, das weißt du doch."

Behutsam begann Astoria, ihre Sorgen darzulegen. „Ich habe dir doch von der Vereinbarung mit Lucius Malfoy erzählt. Ich habe nur mittlerweile ein paar Bedenken, weil er mir offen gestanden Angst macht. Und weil es Draco gegenüber unglaublich unfair ist."

Vivian seufzte und strich Astoria beruhigend über den Arm. „Liebes, wir sind wahrlich nicht davon begeistert, dass du Lucius Malfoy als Schwiegervater bekommen sollst. Aber wir brauchen das Geld wirklich dringend... Und du liebst Draco doch? Außerdem wurde die Familie Malfoy rehabilitiert, du musst dich also vor nichts mehr fürchten. Gesellschaftlich gesehen ist die Ehe ein wenig riskant, aber wenn wir unsere Karten richtig spielen, wird es so ausgelegt werden, dass du seinen Stand in der Gesellschaft wieder ausbesserst, und er reumütig zurückgekehrt ist."

Jaja, das liebe Geld konnte vieles ausbügeln. Aufgrund der naiven Sprechweise ihrer Mutter fragte sich Astoria, ob die sich überhaupt wirklich Gedanken über die Konsequenzen dieses Handelns gemacht hatte. Abseits von sozialen Konventionen.

„Ich weiß, Mama, aber... Es wird einfach zu viel. Viel zu viel." Astoria hatte vorgehabt, sich zusammenzureißen. Aber als ihre Mutter sie in eine sanfte Umarmung zog, strömten ihr die Tränen die Wangen hinunter und sie ließ mit lauten Schluchzern ihre Ängste und Frustration und Wut über die gesamte Situation heraus.

„Ich will nicht... Ich habe Draco geküsst, und jetzt fühlt sich alles so falsch an... Er ist doch mein bester Freund, und ich will ihn nicht so manipulieren..." Es verließen noch weitere, abgehackte Satzfetzen ihren Mund, während Vivian sie sanft hin und her wiegte. Zweimal schien es, als wollte sie ihre Tochter unterbrechen, entschied sich dann aber offenbar dagegen. Astoria war noch lange nicht fertig, als sie die hohe Stimme des Hauselfen Tammi aufschrecken ließ.

„Entschuldigen Sie, Miss", piepste das winzige Geschöpf. „Ein Draco Malfoy ist an der Tür und will mit Mr. und Mrs. Greengrass sprechen." Vivian erstarrte und löste ihre Tochter dann ganz vorsichtig aus ihren Armen. „Tammi, bring meiner Tochter ein Taschentuch. Dann führst du Mr. Malfoy zu uns in den Salon – sag ihm, dass mein Mann nicht da ist, aber er gerne mit mir und Astoria reden kann – und dann bereitest du ein paar Erfrischungen zu." Der Elf nickte gehorsam, ließ mit einem Fingerschnipsen ein bunt besticktes Stofftaschentuch erscheinen und wuselte dann geschäftig davon. Astoria wischte ihre Tränen weg und versuchte, die verschmierte Wimperntusche zu beseitigen, aber ihre Augen waren vermutlich trotzdem hoffnungslos rot.