Kapitel 18

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"Finally love me naked, sexiest when I'm confident." ~ Little Mix


Adam

Stille. Diese unerträgliche Stille danach. Jedes Mal fühlte es sich an als würde die gesamte Welt pausiert werden. Als müsste dich die Umgebung erstmal erholen von dem was passiert ist. Meine Ohren klingelten noch leicht von dem lauten Schuss aus meiner Waffe. Wie in Zeitlupe ließ ich meinen ausgetreckten Arm sinken und sah auf das Loch in der Wand hinter Belle.

Das Mädchen mit den wunderschönen grünen Augen war inzwischen zu Boden geglitten. Kein Ausdruck in den aufgerissenen Augen. Nur ein paar Tränen liefen ihr noch aus den Augen. Dieses so verdammt zarte Gesicht war so bleich wie eine weiße Wand.

Mit einem einzigen wütenden Schnauben drehte ich mich um und verließ wortlos den Raum. Keine Erklärung, kein Abschied, kein einziges Wort.

Was hatte ich da nur getan? Ich musste meinen Ruf behalten. Ich war ein Killer. Nichts weiter als eine Killermaschine. Deswegen nennt man mich auch überall nur das „Biest". Sie hat mich weich gemacht. Inzwischen hatte es sich im ganzen Land rumgesprochen, dass diese Mädchen hier besser behandelt wurde als andere Gefangene. Ich durfte nicht schwach werden.

Auf dem Weg nach oben in mein Arbeitszimmer kam ich an einem völlig verheulten Luis und einem genervten Tarik vorbei. „Niemand betritt dieses Zimmer! Ich werde jemanden rufen der sie wegschafft!", die Worte waren härter als ich sie gemeint hatte. Und noch, ohne einen Blick auf meinen besten Freund zu werfen lief ich nach oben.

In meinem dunklen Arbeitszimmer angekommen ließ ich mich erschöpft von meiner ganzen Wut auf meinen Stuhl fallen. Ich presste meine Handballen gegen meine Augen. Irgendwie musste ich die Wut und die Trauer unterdrücken. Ich durfte keine Schwäche zeigen. Nicht einmal hier in meinem Arbeitszimmer wo ich allein war. Mein bester Freund hasste mich. Er würde mich nie wieder so ansehen können wie er es vorher immer getan hatte. Ich war so ein Arsch.

Ich brauchte ein paar Minuten, um runter zu fahren ehe ich mein Handy nahm und Jeff, meinen Fahrer, anrief. „Boss?", meldete sich eine tiefe Stimme am anderen Ende. „Komm bitte gleich hoch. Du wirst das Mädchen zu ihrer Familie fahren.", und schon hatte ich wieder aufgelegt. Ich hatte keine Lust mich dafür zu rechtfertigen. Für einen kurzen Moment lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und schloss die Augen, als mich laute Stimmen aus meiner Ruhe weckten.

Neugierig lief ich durch den Flur auf die Treppe. Die Szene, die sich mir bot ließ mich zischend einatmen. „Was ist denn hier unten los?", fragte ich verwirrt. „Luis hier regt sich auf, weil du die kleine Schlampe umgelegt hast.", antwortete Tarik mir. Luis lief rot vor Wut an und wollte schon fast auf einen meiner besten Männer los gehen. „Untersteh dich so über sie zu reden!", schrie Luis ihn an. Ich hatte bei dem Wort „Schlampe" ebenfalls einen kleinen Stich in meinem Herzen verspürt aber würde ich das so nach außen tragen, wäre das mein Untergang. Ich ging schließlich zwischen die beiden Streithähne, um ein bisschen für Ruhe zu sorgen. Luis musste dringen runterfahren, ich hatte fast Angst er würde mir die Bude auseinandernehmen. „Luis, jetzt fahr mal einen Gang runter. Was ist denn los mit dir?", fragte ich meinen Freund entgeistert. „Warum hast du das getan? Sie hatte uns nie etwas getan. Sie war völlig unschuldig hier. Ja ihr Vater hat vielleicht Mist gebaut aber musste sie deswegen wirklich darunter leiden? Sie wollte doch eigentlich gar nicht hier sein. Und trotzdem hast du eingewilligt und sie mit hier hergenommen. An einen so grausamen Ort. Zu so grausamen Menschen. Warum hast du nicht einfach den Alten getötet statt eines einsamen, hilflosen Mädchens. Du bist so unmenschlich. Manchmal habe ich das Gefühl jemand hätte dich verflucht. Sodass du keine Liebe, Freude oder sonst irgendwas empfinden kannst außer Hass und Gleichgültigkeit.". Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich sah ihn für einen Moment geschockt an ehe ich versuchte zu antworten: „Luis ich...", der enttäuschte Ausdruck in seinen Augen ließ mich für eine Sekunde stocken doch da fiel er mir auch schon ins Wort. „Spar dir deine lahmen Erklärungen. Ich bin es leid. Ich bin es einfach nur leid immer zurück stecken zu müssen, nur weil du ein Temperament nicht zügeln kannst.". Und er hatte recht. Er hatte so verdammt recht. Nur um meinen Ruf zu schützen nahm ich ihm jemanden weg der ihm wichtig war.

„Mein Gott, was hast du dir da nur für eine Schwuchtel gesucht Adam? Oder steht er etwa auf die Kleine?", fragte Tarik mich leise. Bei dem Gedanken daran das Tarik meinen Freund eine Schwuchtel nannte wurde mir schlecht. Ich wüsste ja wenn mein bester Freund schwul wäre. Aber bei dem Gedanken daran, dass Luis auf Belle stehen könnte wurde mir noch schlechter. Das würde er nicht...oder?

Doch ich bekam keine Zeit darüber nachzudenken. Denn Luis, der sich eigentlich schon auf den Weg nach draußen gemacht hatte, drehte sich noch einmal wütend zu uns um und was er sagte ließ mich bis ins Mark erzittern: „Und selbst wenn es so wäre, selbst wenn ich auf sie stehen würde, was gibt es dir das Recht über mich zu urteilen? Was glaubst du eigentlich wer du bist, Tarik? Du bist einfach nur ekelhaft. Du widerst mich wirklich an! Und nun zu dir Adam! Findest du es lustig, wenn man deinen besten Freund als Schwuchtel bezeichnet? Findest du das gut? Ich sag dir was. Ja, ich bin schwul! Ja ich stehe auf Männer. Ja ich lege vielleicht mehr Gefühle an den Tag als andere meines Geschlechts. Na und? Macht mich das zu einem schlechteren Menschen? Bin ich jetzt plötzlich eklig? Findest du mich jetzt abstoßend? Das ist es doch was du denkst oder? So oft hast du mir gesagt wie abstoßend du schwule Männer findest. Und ich habe alles geschluckt. Ich habe nie etwas dazu gesagt, sondern es einfach hingenommen. Tja, offensichtlich bin ich hier nicht mehr erwünscht. Es ist ja niemand mehr da der mich noch mögen könnte. Dann geh ich mal lieber!". Dann war mein bester Freund verschwunden.

„Ach du scheiße", zischte Tarik neben mir auf. „Hast...hast du es gewusst?", fragte dieser mich vorsichtig. „Nein! Natürlich nicht. Bist du blöd?", fuhr ich ihn gestresst an. In diesem Moment gingen die Fahrstuhltüren wieder auf und ich hatte die kleine Hoffnung Luis würde wiederkommen. Doch er war es nicht. Es war Jeff.

„Boss? Wo ist sie?", fragte mich klar. „In ihrem Zimmer. Warte ich komme mit.", mir zog sich der Magen zusammen bei dem Gedanken daran wieder zu ihr ins Zimmer zu gehen. Als ich die Tür öffnete lag sie immer noch unverändert auf dem Boden. Ihre braunen Locken waren wild über den Teppich verteilt. Vorsichtig hob ich das Mädchen in meine Arme. Ihre Haut war erschreckend kalt geworden. „Bring sie zurück zu ihrer Familie. Sprich mit niemandem. Beantworte einfach keine Fragen. Gib sie nur ab und fahr wieder.", dann gab ich sie in seine Hände. Das war das Schöne an Jeff. Er führte meine Aufträge immer aus ohne Fragen zu stellen.

Ein letzter Blick auf das Mädchen, welches mein Leben in den letzten Wochen auf den Kopf gestellt hatte, und dann war sie einfach weg.




Beast and his BeautyWhere stories live. Discover now