Kapitel 29

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"Manchmal ist es so, als ob das Leben einen seiner Tage herausgriffe und sagte: "Dir will ich alles schenken! Du sollst solch ein rosenroter Tag werden, der im Gedächtnis leuchtet, wenn alle anderen vergessen sind." ~ Astrid Lindgren


Verträumt sah ich aus dem Fenster des kleinen Flugzeugs. Wir hatten uns bereits am nächsten Nachmittag auf den Weg zurück zum Hauptquartier der Blacks gemacht.

In ein paar Minuten sollten wir wieder landen und so riskierte ich einen kurzen Blick in Adams Richtung. Seit wir beide gestern Abend, peinlich berührt, in unsere Zimmer verschwunden waren, hatten wir kein Wort mehr miteinander gesprochen. Geschweige denn uns auch nur angesehen.

Doch da saß er. Mir direkt gegenüber und war vertieft in sein Handy. Früher oder später mussten wir über das sprechen, was gestern passiert war. Über unseren Kuss. Der nicht unser erstes Kuss war. Doch dieser war viel gefühlvoller und ganz anders als der erste. Gefühle...hatte ich denn wirklich Gefühle für Adam?

Ich erinnerte mich an das Prickeln auf meinen Lippen, das sanfte Kribbeln an meiner Wange. Da wo seine Finger sanft über meine Haut glitten. Und natürlich an die Schmetterlinge, die wild durcheinander in meinem Bauch flatterten. Ich hatte genug Liebesromane gelesen, um zu wissen, dass sich so Liebe anfühlen sollte. Zumindest dachte ich das. Aber was wenn all diese Gefühle nur durch die Tatsache hervorgerufen wurden, dass Adam mir bereits mehrfach das Leben gerettet hatte. In meinem Inneren herrschte ein unübersichtliches Chaos.

Ob ich mit Luis darüber reden sollte? Vielleicht konnte er mir helfen, klarer über meine Gefühle zu denken.

„Ja?", riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken und lenkte meine Aufmerksamkeit auf Adam, welcher sich sein Handy ans Ohr hielt. Er hörte der anderen Person auf der anderen Seite gebannt zu eher er weiter sprach: „Bist du sicher?" und „Das kann ja wohl nicht deren Ernst sein? Nach allem was sie schon versaut haben, glauben die immer noch ich würde jetzt klein beigeben?" Für einen kurzen Moment schnellte sein Blick zu mir hoch und unsere Augen trafen sich. Dann sprang er hastig auf und verschwand in einem hinteren Teil des kleinen Flugzeugs. Vermutlich um in Ruhe telefonieren zu können. Ich konnte seine tiefe Stimme zwar noch gedämpft hören, verstand aber nicht, was er sagte.

Fragend drehte ich mich zu Luis um. Dieser sah mich ebenso ratlos an und so widmete ich mich wieder dem Fenster. Man konnte von weitem bereits eine größere Stadt sehen. Wir mussten also wirklich bald sein.

„Sir, wenn sie sich jetzt bitte wieder hinsetzten würden. Wir befinden uns bereits im Landeanflug." Eine Stewardess führte Adam sanft an der Schulter wieder zu seinem Platz. Als er sich den Gurt wieder umlegte, konnte ich die gierigen Blicke der jungen, blonden Frau auf Adam erkennen. Wieder überkam mich dieses Gefühl von Eifersucht. Ich fluchte leise in mich hinein.

„Wir müssen uns nachher mal unterhalten. Ich brauche deinen Rat.", sagte Adam leise an Luis gewandt. Er dachte wohl, ich wäre abwesend und würde ihm nicht zuhören. Ging es um mich? Nein! Ich sollte mir den Gedanken aus dem Kopf schlagen, dass sich alles immer nur um mich drehte.

Ich war Adam unendlich dankbar, für alles was er für mich getan hatte. Ohne auch nur eine Gegenleistung von mir zu erwarten. Auch Luis war ich so dankbar dafür, dass er immer für mich da war und irgendwie ja auch auf mich aufgepasst hatte.

Gute zwei Stunden später ließ ich mich erschöpft auf das helle Sofa in Adams Apartment fallen. Dieser rauschte auch direkt an mir vorbei, nach oben. Vermutlich in sein Arbeitszimmer. Luis warf mir ein schwaches Lächeln zu, ehe er dem Anführer der Blacks folgte.

Ich wusste nicht genau wie lange ich im Wohnzimmer gesessen hatte und aus dem Fenster auf den angrenzenden Wald gestarrt hatte. Plötzlich hörte ich Schritte näherkommen und jemand ließ sich mir gegenüber auf einen Sessel fallen. Als ich aufschaute erkannte ich Adam. Und Luis, der sich zögernd auf den anderen Sessel fallen ließ. Okay, irgendwas war faul.

„Ist was passiert?", fragte ich leicht nervös. „Noch nicht. Aber vielleicht bald.", antwortete Adam. „Hör zu, dein Vater hat sich ja nun mit den Wölfen zusammengetan. Meine Mannschaft hat herausgefunden, dass sie über deutlich mehr Leute verfügen als ich annahm.", fragend sah ich ihn an. Was wollte er mir damit sagen? Seufzend fuhr er fort: „Es ist so, dass Collin immer noch Ansprüche auf dich erhebt. Und sie drohen uns jetzt, uns erneut anzugreifen." Langsam setzte sich das Puzzle in meinem Kopf zusammen. „Und du befürchtest, dass...", setzte ich an, doch wagte nicht meinen Gedanken auszusprechen. „Ich befürchte, dass wir einem weiteren Angriff nicht Stand halten können."

Eine unangenehme Stille machte sich zwischen uns breit. „Belle, bitte glaub nicht, dass wir dich einfach auf die Straße setzten möchten. Du darfst natürlich weiterhin hierbleiben. Du solltest nur in Betracht ziehen, dass die nächste Auseinandersetzung extrem heftig werden könnte.", murmelte Luis beschwichtigend. „Lässt du uns für einen Moment allein?", bat Adam seinen besten Freund. Dieser stand kommentarlos auf und ging in sein Zimmer.

Als er sich sicher war, dass Luis uns nicht mehr hören konnte, kam er zu mir und kniete sich vor mir auf den Boden. Mit seiner rechten Hand ergriff er meine Hand und seine linke Hand fand ihren Weg zu meinem Gesicht. Zärtlich fuhren seine Fingerspitzen über meine Wange und hinterließen wieder dieses angenehme Prickeln. „Ich habe es dir schon einmal gesagt und ich werde es nochmal sagen. Ich lass nicht zu, dass sie dir weh tun. Ich werde alles tun um dich zu beschützen. Ich werde mein Leben für dich geben." Schockiert sah ich ihn an. „Dein Leben ist mir aber wichtig. Adam, bitte...das kannst du nicht tun. Ich werde gehen, mich ihnen stellen. Lass mich das für dich tun.", meine Stimme zitterte stark und drohte jeden Moment zu brechen. „Belle," Adam lächelte kurz auf. „Du bist jetzt mein Leben. Ich liebe dich." Es traf mich wie ein kräftiger Schlag ins Gesicht. Wie war das möglich? „Ich...ich dachte du hast mich?", fragte ich ihn völlig aus der Bahn geworfen. Ein kurzes Lachen entfloh ihm. „Belle. Ich habe die Gefühle gehasst, die du in mir ausgelöst hast. In bin deinetwegen so viele Risiken eingegangen und würde es jederzeit wieder tun." Völlig erstarrt sah ich den schönen, jungen Mann vor mir an. „Ich...ich brauche ein wenig Zeit. Lass mich diese Nacht darüber schlafen und morgen entscheiden wir was wir machen. Gemeinsam. Okay?" Adam nickte nur zustimmend und ließ mich aufstehen. „Ich bin in meinem Arbeitszimmer, falls du etwas brauchst.", sanft küsste Adam meine Stirn, ehe er sich umdrehte und verschwand.

Ich stand bestimmt noch eine ganze Weile, wie vom Donner gerührt, im Wohnzimmer und starrte auf die Stelle an der Adam gerade noch gestanden hatte. Dann drehte ich plötzlich um und lief in Richtung Luis Zimmer. Ich hatte einen Plan. Und er würde mir dabei helfen.



Beast and his BeautyOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz