Kapitel 102

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Angie

Nach dem Debakel flog ich wieder nach London. Ich wollte nicht mehr bei dieser Promotour dabei sein. Der Film war mir egal geworden. Alles war mir egal geworden.

Ich durfte im Firmen eigenen Privatjet fliegen. Darüber war ich unglaublich froh. Keine Menschen die mir dumme Fragen stellten.

Mike flog mit mir. Er sollte mich sicher zu meinem Apartment bringen.

Im Flugzeug gab er mir dann noch einmal die Zeitung mit dem Artikel über mich und Axl. Ich schnaufte als ich das Bild auf dem Titelblatt sah. Es war dieses grässliche Foto das von mir gemacht worden war als ich weinend am Boden saß weil dieser Typ mir wehgetan hatte. Nun sah es aber so aus als wäre ich einfach so zusammengebrochen. War es möglich dieses Arschloch zu verklagen?

Doch das Bild war nicht das einige das mich an der Zeitschrift in den Bann zog.

Seite 53 Interview mit Joan Bradley.

Ohne nach zu denken öffnete ich die Zeitung auf dieser Seite. Die Seite war schön gestaltet. Ich sah das Foto von Joan und Nikki wegen dem ich in Australien landete, das war alles schon so verdammt lang her. Joan wurde von Pete Anderson interviewt. Sofort begann ich das Interview zu lesen.

Pete: „Joan Bradley - ein Name, der in der Modebranche, und unter gewissen Rockstars, nicht unbekannt ist.

Einige Zeit ist vergangen, man vermutete Sie seien abgetaucht. Was war der Grund für diese plötzliche Pause vom Business?"

Joan: „Ich war keineswegs abgetaucht. Das Wort »Pause« beschreibt die Sache wohl eher. Irgendwann kommt jeder Mensch mal an einen Punkt, wo er einfach mal Ruhe braucht und sich auf die wahren Dinge im Leben konzentrieren möchte; Familie, Freunde und das Selbst."

Pete: „Warum sind Sie nicht mehr mit Angie Summers zu sehen? Sie beide galten als Dream-Team."

Joan: „Alles hat seine Zeit. Wir beide entschieden uns unseren eigenen Weg in die ungewisse Zukunft zu gehen."

Pete: „Wie ich schon erwähnte, sind Sie in der Rock and Roll Welt nicht unbekannt. Einem Mann hatten Sie es damals besonders angetan - Nikki Sixx. Was geschah zwischen euch beiden?"

Joan: „Auch das hatte seine Zeit. Nikki ist nach wie vor ein sehr guter Freund, immer da wenn man ihn braucht. Dafür bin ich dankbar. Währenddessen andere Menschen sich bewusst dazu entschieden einem den Rücken zuzuwenden, war er und einige andere besondere Menschen da."

Pete: „Interessant. Joan, darf ich Sie fragen was Sie für die Zukunft geplant haben?"

Joan: „Erstmal möchte ich meine Zeit voll und ganz meiner Arbeit widmen. Die Pause tat mir gut. Wieder zurück zu sein ist aber besser und erst jetzt merke ich, wie sehr ich die Arbeit vermisst habe. Was jetzt zählt ist das hier und jetzt und darauf möchte ich mich auch fokussieren."

Aus irgendeinem Grund musste ich weinen. Für Joan schien es ohne mich super zu laufen. Sie hatte wohl ihr Leben wieder in den Griff bekommen und das alles ohne mich. Ich fühlte mich so nutzlos.

Immer wenn ich Joan helfen konnte fühlte ich mich wertvoll. Sie war ein bisschen wie ein Projekt für mich. Doch zu sehen das sie auch ohne mich zurechtkam lies mich darüber nachdenken ob all die Dinge die ich für sie getan hatte ihr eigentlich jemals geholfen hatten oder ob ich nicht irgendwie alles schlimmer gemacht hatte.

Ich starrte das Bild von Joan und Nikki stundenlang an. Ich versuchte mich zu erinnern wie es damals war als ich noch Freunde hatte. Vielleicht wäre es das Beste gewesen nie aus Indiana weg zu gehen.

Wie wäre mein Leben wenn ich zuhause geblieben wäre? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Doch es fühlte sich an als wäre es nun zu spät zurück zu kehren.

Ich fragte mich auch wie es Joan ergangen wäre, wäre sie in Indiana geblieben. Vielleicht wäre sie noch mit Brian zusammen? Vielleicht hätten ihre Eltern ihr aber weiterhin so schreckliche Dinge angetan.

In London angekommen verbarrikadierte ich mich in meinem Apartment. Bis mein Schlüsselbein nicht wieder zusammengewachsen war wollte ich nicht mehr unter Leute gehen.

Ich wehrte jeden Versuch von Reportern ab mich um ein Interview wegen der Axl Sache zu bitten. Ich wollte mich nicht damit auseinandersetzten. Irgendwann ließ auch das nach.

Eddie kam mich oft besuchen. Er brachte mir Essen und half mir mich zu duschen und an zu ziehen weil es wegen des Bruchs so schwer ging. Eddie war der einzige dem ich noch vertraute. Doch er hatte jetzt eine Freundin und die wollte nicht das er so oft bei mir ist weswegen seine Besuche abnahmen.

Es waren zehn Wochen vergangen und mein Film kam endlich in die Kinos. Eigentlich wollte ich ihn mir nicht ansehen. Ich hatte eine Einladung für die Premierenvorstellung aber dort wollte ich nicht hin gehen. Zu abstoßend fand ich den Gedanken daran all diesen Menschen gegenüber zu treten.

Ich entschloss mir den Film alleine anzusehen. Mein Schlüsselbein war inzwischen wieder gut zusammen gewachsen und auch die Haare an meinem Hinterkopf wuchsen langsam nach. Es würde noch dauern bis ich meine Haare wieder offen tragen konnte aber zumindest bemerkte man die rasierte Stelle nicht wenn ich einen Pferdeschwanz trug.

Ich hatte mich etwas getarnt um den Film im Kino zu gehen. Ich trug ein Mütze und einen Dicken Schaal der mein halbes Gesicht verdeckte. Mit Popcorn und Cola bewaffnet begab ich mich in den Vorführsaal.

Ich hatte den Film noch nie in voller Länge gesehen sondern nur die einzelnen Szenen. Der Film haute mich regelrecht aus den Socken. War das wirklich ich auf der Leinwand dort? Ich war ja unglaublich. Ich war so stark und sexy. So gefährlich und faszinierend. Ich war unglaublich stolz auf mich.

Sogar die Scene in der ich strippen musste kam mir gar nicht billig vor. Nein sie war edel.

Als ich an diesem Tag nachhause kam rief ich meinen Manager an. Ich erzählte ihm das ich den Film gesehen hatte und er mich so begeistert hatte das ich wieder weiter machen wollte den Film zu promoten. Das hieß so viel wie ich war bereit wieder Party zu machen und unter Menschen zu gehen.

Axl sah mich als Schlampe aber ich empfand mich als stark. Wer brauchte schon Axl Rose wenn er selbst Angie Summers sein konnte?

Time For ChangeWhere stories live. Discover now