Nur ein kleiner Besuch

111 9 4
                                    

So, nach dem ganzen Vorgeplänkel kommt jetzt wieder ein - hoffentlich - spannenderes Kapitel^^ Tut mir leid, dass es wieder so'n bisschen auf sich warten gelassen hat, ich war die Tage über krank und das Real Life hält mich auch sonst im Moment noch immer ziemlich auf Trapp.

An dieser Stelle auch mal wieder danke für die ganzen neuen Empfehlungen und Kommentare! (:

Und nun viel Spaß mit dem neuen Kapi! (:


Wie ein kleines Kind fiebere ich dem Sonntag entgegen. Auch der Rest der Woche setzt sich in demselben langweiligen Trott fort wie in den letzten Tagen, doch dann ist es endlich soweit – wir dürfen die Akademie verlassen. Nachdem sich herausgestellt hat, dass sie uns abhören, bin ich mir auch ziemlich sicher, dass sie die Zimmer durchsuchen, wenn wir nicht da sind. Um also kein Risiko einzugehen, stecke ich den Dolch, der sich unter meiner Matratze verbirgt, möglichst unauffällig ein, bevor wir gehen.

Dick eingepackt schwingen Aurora und ich uns auf zwei Fahrräder. Wir sind frühmorgens aufgebrochen, gemeinsam radeln wir nun durch diese verlassene Gegend, die ich schon bei meiner Fahrt zur Akademie durchqueren musste. Doch jetzt, wo ich die Häuserruinen im Licht der aufgehenden Morgensonne vollständig erkennen kann, wirkt dieser Ort noch trostloser.

„Die Leute mussten ihre Häuser verlassen, als sie die Akademie gebaut haben", klärt Aurora mich auf, nachdem sie wohl meinen Blick bemerkt hat. „Wobei sich die Menschen auch über diesen Ort die wahnwitzigsten Geschichten erzählen. Nachts soll es hier spuken."

„Spuken? Das ist ein Scherz, oder?", erwidere ich lachend, reiße den Kopf zu ihr herum und ziehe eine Augenbraue grinsend in die Höhe.

„Ach, wenn man auf die alten Frauen hört, ist ganz Nowosibirsk verflucht", schmunzelt sie, lässt den Lenker mit einer Hand los und lehnt sich auf ihrem Sitz zurück. „In den späten Vierzigern, bevor sie mit dem Akademiebau begonnen haben, sind hier wohl immer wieder Leute verschwunden. Ich persönlich vermute, das hängt eher damit zusammen, dass die Regierung schlagartig eine hohe Zahl an Bauarbeitern gebraucht hat, um die neuen sibirischen Verteidigungsanlagen zu errichten, allerdings gab es einfach nicht genug Freiwillige."

„Klingt schon deutlich plausibler", schnaube ich. Dieser Aberglaube kennt aber auch wirklich keine Grenzen.

„Übrigens habe ich versucht, mich mit Rita Michailovna zu unterhalten", erwähnt Aurora nach einer Weile, in der wir nur stumm über einen schlammigen Weg fahren. Gleichzeitig fällt mir mit einem Mal auf, dass in den Straßen dieser Gegend, die eigentlich seit Jahren unbewohnt ist, erst kürzlich Schnee geschippt worden ist. Etwas irritiert runzle ich die Stirn. Andererseits dürfte das KGB die Straßen als Verbindung zum Rest der Stadt nutzen, also kein Wunder. Meine Güte, allmählich glaube ich wirklich, überall Verschwörungen zu sehen...

„Hast du was rausbekommen?", erkundige ich mich, um mich auf andere Gedanken zu bringen.

Bevor sie mir Bericht erstattet, schnalzt sie mit der Zunge und schüttelt den Kopf. „Nicht das Geringste. Aber du hattest recht, ihre Reaktion auf dich ist eindeutig nicht normal. Mehr noch, ihr stand die Panik regelrecht ins Gesicht geschrieben, als ich dich erwähnt habe. Was mich zu meiner Theorie führt: Seid ihr euch vielleicht mal in Deutschland begegnet?"

„Ganz bestimmt nicht", winke ich ab und lache dabei trocken auf. Im Heim hat sie auf keinen Fall gearbeitet und wenn wir uns in Dachau über den Weg gelaufen wären, würde ich mich an sie erinnern. Die Gruppe Jugendlicher, zu der ich gehörte, wurde von den restlichen Häftlingen mehr oder weniger abgeschottet, Kontakt wurde nur selten zugelassen und aufs Schärfste überwacht. Schließlich waren wir nicht dort, um... auf dieselbe Art zu arbeiten wie es die restlichen Häftlinge taten, oder um jemanden außerhalb unserer kleinen Gemeinschaft kennenzulernen. Für uns hatten sie andere Pläne. Wie dem auch sei, ich erinnere mich noch an jeden, dem ich dort je begegnet bin – und Rita Michailovna gehört definitiv nicht dazu.

Strelok - Die SchützinDove le storie prendono vita. Scoprilo ora