Kapitel 82

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Leia

Der Nebel war dicht und sah aus, wie flüssiges Wasser, als es sich über den Boden verteilte. Er war so dicht, dass man den Abgrund nicht mehr sehen konnte. Hades und Poseidon neben mir hockten sich vor mich hin und nahmen eine defensive Haltung an. Da sie immer noch riesig waren, nahmen sie mir fast den Blick auf das was plötzlich geschah. Wie eine Explosion wirbelte der Nebel auf und nahm einem kurzzeitig die Sicht auf alles, während ein tiefes Grollen ertönte, gefolgt von einem so bosartigen Lachen, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten. Der Nebel schlängelte sich auf uns zu, wie Arme, die nach uns greifen wollten und brachten gehauchte Verprechungen von sich, von unserem Untergang, von unserer Niederlage und Kronos Sieg. Mir wurde trotz meines erbärmlichen Zustands obendrein auch noch übel. Ein eigenartiges Gefühl beschlich mich, als der Nebel meine Beine streifte, es ähnelte einer Liebkosung. Ich zuckte schlagartig zurück. Und dann verschwand der Nebel einfach. Als hätte er nie existiert. Ich blinzelte und vor mir, vor Hades und Poseidon, vor Hu-hu, der neben mir auf dem Boden hockte und das Geschehen kritisch beobachtete, stand Kronos. Bewundernd und zufrieden lächelnd strich er sich über seine Arme, berührte sein Gesicht und streckte seine Beine einzeln von sich, spannte seine Muskeln an und würdigte uns keines Blickes. Hades ballte seine Hand zu einer Faust und goldene Tropfen fielen von seinem Handballen auf den staubigen Boden. Poseidon saß versteinert da, seine Miene zeigte, wie geschockt er von dem Anblick dessen war, was sich hier gerade abspielte. Und ich konnte ihre Gedanken nur allzugut erraten. Das was hier geschah, war nicht möglich. Sollte nicht möglich sein. Kronos Glieder wurden vor Urzeiten zerstückelt, verteilt und so versteckt, dass sie unmöglich wieder eines werden konnten. Er hätte nie wieder ein lebendes Wesen werden können.  Doch hier stand er. Der mächtigste Titan von allen, mächtiger sogar, als die Hauptgottheiten.

,,Das darf nicht wahr sein!", grollte Hades. Kronos blickte endlich uns an, sein Grinsen war herablassend, sein Blick blieb allerdings an mir hängen. ,,Du lebst? Wie unerwartet." Er strich sich nachdenklich über sein Kinn und in unison schoben sich Poseidon und Hades noch mehr vor mich. ,,Du wirst ihr nichts mehr tun!", bellte Poseidon und seine Augen, die Augen, die mich einst so freundlich und warm angesehen hatten, waren nun zwei eiskalte Diamanten, hart und unnachgiebig sah er Kronos an. ,,Wo sind deine Lakeien?", fragte Hades und sein Blick sprang suchend umher. ,,Wieso hast du einen Körper?" ,,So viele Fragen, so wenig Zeit.", schmunzelte er. ,,Aber da du", er deutete mit einem zufriedenen Lächeln auf mich, ,,letztendlich doch deine Schuld beglichen hast, beantworte ich sie. Seht es als meinen guten Willen an." Er zögerte und sein Gesichtsausdruck wurde animalisch, als er hinzufügte: ,,Oder als euren letzten Wunsch, den ich euch erfülle." Hades kniff wütend die Augen zusammen. Poser knurrte. ,,Ich habe einen Körper, dank eurer lieben Kore." Beide sahen kurz zu mir, verwirrt. ,,Was erzählst du für Lügen?!", schrie Poseidon, doch Kronos überging ihn einfach, ,,Oder sollte ich viel lieber Leia zu dir sagen? War das nicht dein Name, als du als Mensch auf der Welt gelebt hast?" Er lachte. ,,Und wem hattest du das zu verdanken?" ,,Wie meinst du das?", zischte Hades. ,,Ich wusste, dass du das wissen wollen würdest. Nur dank mir konnte Kore das damalige Feuer überleben- ich gab ihr Zeit." ,,Was?", hauchte ich. Das konnte nicht stimmen. Ich erinnerte mich daran nicht. ,, Spielst du immer noch die Unwissende? Wie unerfreulich. Ich war es, der dich rettete, nachdem deine Mutter dich beinahe umgebracht hatte. Ich erschien dir in den Flammen, bot dir einen Handel an, den du mir nicht ausschlagen konntest. Ich war zwar schwach, aber stark genug, dir Zeit zu geben, dich selbst zu heilen. Doch deine körperlichen Wunden waren zu stark, zu meinem Missfallen,- du fielst in 'Ungnade' wie ich das so schön bezeichne. Du wurdest ein Mensch, wurdest wiedergeboren, doch du selbst verschwandest nicht. Dein göttliches Ich war eingeschlossen in dir. Und der Pakt unerfüllt, du konntest mir nicht mehr geben, wonach ich verlangte." ,,Was wolltest du?", hauchte ich und er lächelte. ,,Ganz einfach. Ich wollte, dass du mir Leben schenkst." Eisige Stille herrschte. ,,Natürlich war es nicht mehr so einfach, das zu bekommen, wonach ich verlangte. Du warst ja nun ein nichtsnutziger Mensch, ich konnte nichts mehr mit dir anfangen. Nicht, solange  du ein Mensch warst." ,,Also hast du sie entführt, um sie wieder zurückzu...verwandeln?", schlussfolgerte Poseidon, sein Gesicht wutverzerrt, begleitet von einem wuterfüllten Knurren. Belustigt betrachtete Kronos Poseidon. ,,Richtig, du scheinst doch nicht so strohdumm zu sein, wie ich es immer von dir gedacht habe."

Kuss eines GottesWhere stories live. Discover now