Verlobung

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Wir standen einander in einem großen Saal gegenüber. Der Raum war sauber, fast penibel steril, die Wände weiß mit großen Bildern geschmückt. Die aufrecht sitzenden oder stehenden Menschen starrten ohne den Hauch eines Lächelns auf ihren faltigen Gesichtern, gerade aus oder in die Ferne. Ihre Körper waren von feinsten Gewändern umhüllt, der Stoff umschmeichelte sanft ihr kurviges Fleisch und schwerer Schmuck hing Ihnen von den Hälsen und Armen. Sie wirkten steif und emotionslos, gleichzeitig königlich und imposant. So wie die Etikette es vorschrieb.
 „Luhan, Liebling, hörst du zu?"
 Mein Blick löste sich augenblicklich von den Gemälden und richtete sich ahnungslos auf das Gesicht meiner Mutter. „Natürlich", log ich und setzte ein zuversichtliches Lächeln auf.
 Nicht weit entfernt, hörte ich ein leises Schnauben.
 Meine Mutter lachte kokett und griff mit einem schmerzhaft festen Griff nach meinem Arm. Der kleinen blonden Frau mit den großen braunen Augen war eine solche Stärke gar nicht zuzutrauen, doch es verhinderte mich daran erneut abzuschweifen.
 „Ich denke es sollte keine Probleme geben", sagte ein mir fremder Mann gerade und lächelte mich breit an, so als wäre er der nette Onkel den ich mein Leben lang schon kannte.
 „Ich stimme zu, Luhan wird es hier ganz gewiss gut gehen", bestätigte eine große schlanke Frau mit langem gewelltem Haar, neben dem Mann und klatsche erfreut in die Hände.
 „Ich weiß nicht, er sieht nicht sonderlich interessiert aus um ehrlich zu sein."
 Eine tiefe, melodische Stimme meldete sich kritisch, aber ehrlich, zu Wort. Ich musste grinsen.
 „Machen Sie sich keine Sorgen mein guter Junge, Luhan ist nur schüchtern, - bestätige das mein Sohn." Der leicht bedrohliche Unterton war mir ebenso bewusst wie der stechende Blick der, von beiden Seiten, auf mir ruhte, sowohl von Mutter als auch Vater, daher nickte ich nur leicht und richtete meinen Blick direkt auf den Jungen mit der melodischen Stimme.
 „Sie haben meine Eltern gehört Kai-sshi, ich bin nur etwas schüchtern."
 Kai, ein Junge mit dunkelbraunem Haar und ebenso dunklen Augen, einem schmalen Gesicht und einem schlanken Körper, sah mir mit leicht schief gelegtem Kopf entgegen. Ich blinzelte ihm unschuldig zu, in der Hoffnung ihn ein wenig zu provozieren, stattdessen entblößte Kai eine Reihe strahlender, gerader Zähne und lächelte mir breit entgegen. Das schelmische Funkeln in seinen Augen, verriet jedoch anderes.
 „Dann ist die Verlobung somit also abgeschlossen?", fragte Kais Mutter schon gar hoffnungsvoll und natürlich nickte meine eigene Mutter daraufhin fleißig mit dem Kopf.
 „Ja, ich denke alles ist gesagt.", bestätigte mein Vater und ich fragte mich wie er das so sicher bewerten konnte, immerhin hatte ich während des gesamten Gesprächs gerade mal einen einzigen Satz über die Lippen gebracht. Geschweige denn von Kai, obgleich sein vorheriges Schnauben doch einen Wortschwall für sich dargestellt hatte.
 „Kai möchtest du Luhan nicht seine Räumlichkeiten zeigen? Er soll sich in seinem neuen Zuhause ja nicht direkt verlaufen."
 Kai sah offensichtlich wenig interessiert aus, auf seinem Gesicht spiegelte sich für den Bruchteil einer Sekunde eine Mischung aus Frustration und Schock. Die Worte 'Wieso ich?!', schrien förmlich aus seinen Augen heraus, doch er schluckte den Protest hinunter und nickte mit einem aufgesetzten Lächeln. „Gerne."
 Am liebsten hätte ich laut aufgelacht.
 Mit einer leichte Verbeugung verabschiedete ich mich von Kais Eltern und von meinen eigenen und wir hinterließen sie in dem großen Saal, während wir nacheinander durch die großen Flügeltüren, die uns augenblicklich von zwei Bediensteten aufgehalten wurden, nach draußen traten.
 Als die Türen schwer und laut hinter uns zu fielen, entließen Kai und ich wie aufs Stichwort ein tiefes Seufzen.
 „Hätte nicht gedacht, dass die das so bald schon durchsetzen", murmelte Kai und fuhr sich dabei mit der rechten Hand durch sein dickes Haar.  
 „Ebenso", bestätigte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
 „Na dann, dein Zimmer befindet sich am anderen Ende des Flures, zwei, dreimal links und ich glaube einmal rechts abbiegen und schon bist du da. An der Tür hängen Blumen, ignoriere das Schild, dass mit meinem Namen unterschrieben wurde, meine Mutter hat die Blumen arrangiert." Kai zwinkerte mir frech zu und ich konnte nicht anders als zurück zu grinsen. Wir beide befanden uns in einer Situation, die uns so nicht im geringsten gefiel und die wir gerne einfach ignorieren würden, doch dies war uns nicht vergönnt. Glücklicherweise schienen wir einen ähnlichen Charakter zu haben, ähnlich genug um auf die Sticheleien des anderen nicht gekränkt zu reagieren.
 Ich verbeugte mich tief, was nicht unbeabsichtigt sarkastisch wirkte und Kai ahmte meine Bewegung nach. „Gute Nacht."
 „Nacht."
 Mit dieser kurzen Verabschiedung wirbelte ich herum und ging alleine den Flur hinunter. Tatsächlich verlor ich mich in dem riesig großen Gebäude ehe ich, gefühlte Stunden später, spontan an einer Holztüre vorbei kam die voll mit Rosen, Nelken und Tulpen drapiert war. Ich fragte mich wie ich den Geruch dieses Gartens nicht schon von hunderten von Metern gerochen haben konnte. Seufzend lies ich die Türe aufschwingen und trat in den Raum, überraschtes Blinzeln war das erste das ich bei dem mir gebotenen Anblick zu Stande brachte.
 „Tut mir Leid, die Hochzeit ist noch ein Weilchen hin, bis dahin hast du nichts auf oder in meinem Bett zu suchen.", lächelte ich zuckersüß.
 Kai lächelte nicht zurück, auch wenn seine zuckenden Mundwinkel verrieten das mein Scherz nicht auf taube Ohren gestoßen war.
 „Wir müssen reden."
 „Das hättest du auch vor einer Stunde machen können, noch bevor du mich auf eine Einstündige Suche nach meinem Zimmer ausgesandt hast."
 „Ich brauchte Zeit zum Nachdenken", sagte er und zuckte die Achseln.
 Augen verdrehend ging ich durch den Raum und schob einen Stuhl vor das Bett, ehe ich mich auf dem gepolsterten Möbliere niederließ.
 „Gut, lass uns reden."
 Kai wirkte plötzlich nervös, spielte mit seinen Fingern in seinem Schoß und sah dabei aus wie ein zu groß geratenes Kind. „Ich...", er hielt kurz inne und seufzte dann schließlich. „Ich will nicht heiraten."
 Ich war etwas überrascht über Kais offenkundiges Geständnis, schüttelte den Gedanken jedoch schnell ab. „Wieso, bin ich dir nicht gut genug?", fragte ich sarkastisch, vor allem um die Situation etwas aufzulockern, uns beiden viel dies gleichermaßen schwer.
 „Du bist die hübscheste Person die ich jemals gesehen habe, daran gibt es keinen Zweifel, es ist nur...ich möchte nicht heiraten, nicht schon so bald zumindest."
 Ich seufzte tief und strich mir mit der Hand über die Stirn. „Ich auch nicht, glaub mir." Auf meine Worte folgte ein Moment bedrückender Stille, ehe Kai das Wort ergriff. „Hast du mit deinen Eltern darüber geredet?"
 „Ob sie die Verlobung nicht zu Nichte machen können? Tausende Male, glaub mir. Und du? Vielleicht könntest du ja ...ich meine du bist der Sohn des Königs, eventuell..."
 Kai schüttelte bedrückt den Kopf. „Nein, nichts zu drehen, ich dachte du hättest eventuell mehr Erfolg."
 Uns beiden fehlten die Worte und es schien als hätten wir mit dieser Kundgabe jegliche Hoffnung verloren, als hätten wir uns zu sehr auf die Worte des anderen verlassen, obgleich wir einander kaum kannten.
 Der Gedanke diesen fremden Jungen vor mir heiraten zu müssen, bereitete mir Gänsehaut. Gewiss er war attraktiv und sicher sehr freundlich, wenn man den Gerüchten glauben schenken durfte, doch gleichzeitig war er noch so unglaublich jung, und in keinster Weise mein Typ. Das Leben war ungerecht. „Was ist wenn wir das ganze irgendwie sabotieren?"
 Kai dachte kurz nach, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Mein Vater würde mich den Hunden zum Fraß vorwerfen. Diese ganze Verlobungsgeschichte bedeutet meinen Eltern mehr, als mein freier Wille."
 Ich nickte mitfühlend. „Das kommt mir bekannt vor."
 „Kein entrinnen also?", flüsterte Kai.
 „Wir könnten davon laufen."
 „Man würde uns einfangen und die Hochzeit dann auch noch vorverlegen."
 Ich versteckte ein Lachen hinter meinem Handrücken. „Das erinnert mich daran, dass immer wenn ich daheim etwas gegen die Etikette oder gegen die Vorschriften getan habe, meine Eltern mir damit gedroht haben die Hochzeit vorzuschieben wenn ich nicht auf der Stelle gehorchen würde."
 Kai schnaubte. „Ich dachte nur meine Eltern wären zu solchen Mitteln fähig."
 „Wie es aussieht nicht."
 Wir beide verfielen wieder in Schweigen, es war eine unangenehme Stille, denn wir beide wussten nicht mehr was wir noch zu dem anderen sagen konnten. Schließlich räusperte Kai sich und stand von meinem Bett auf. „Na dann, das war das einzige was ich mit dir besprechen wollte."
 „Gut."
 „Ja..."
 „Na dann", sagte ich und nickte Kai zu. Dieser hob zum Abschied die Hand und ging dann zur Türe hinaus.

Königlich VerliebtWhere stories live. Discover now