Zuckerstück

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Am nächsten Morgen hatte ich keinen Kater. Wahrscheinlich weil ich den Rausch bereits ausgeschlafen hatte.

Trotzdem fühlte sich mein Kopf an, als würde jemand mit einem Presslufthammer darüber fahren.

Seltsam schlecht gelaunt lief ich zum Frühstück nach unten.

Bald fiel mir aber der Grund wieder ein. Ich wäre fast vergewaltigt worden, obwohl mir Kaylen versprochen hatte, auf mich Acht zu geben, doch stattdessen hatte er ein vergebenes Mädchen gevögelt - und mich inoffiziell betrogen.

Aber ich durfte ja nicht mal sauer sein.

Moment! Doch! Er hatte versprochen auf mich aufzupassen und es nicht getan. Jetzt konnte ich ihn dafür hassen.

Kurzerhand entschied ich mich ihn die Ferien einfach aus meinem Leben zu verbannen und ihn zu ignorieren. Ohne ihn war ich besser dran.

„Guten Morgen.", sagte meine Mutter und lächelte mit ihren perfekt geschwungenen Lippen. Sie schaufelte gerade etwas Rührei auf ihren Teller.

„Willst du einen Tee?", fragte mein Dad aus der Küche.

„Nein, danke.", rief ich zurück und ließ mich an unserem Esstisch nieder. Eigentlich hatte ich gar keinen Hunger.

„Ich nehme einen!", antwortete meine Mum lächelnd.

„Einmal Zimttee also?", erkundigte er sich nochmal, bevor er Wasser aufsetzte.

Ich wollte auch eine Beziehung wie meine Eltern. So stabil und glücklich. Sie wussten alles übereinander. Aber nein, ich bekam nur eine gefakte Beziehung, in der ich auch noch betrogen und allein gelassen wurde.

Genervt donnerte ich ein Brötchen auf meinen Teller.

Meine Mum hielt inne und sah mich erschrocken an. „Ist gestern auf der Party was passiert?"

Kann man so sagen.

„Nein. Nur eine Menge Alkohol und Shisha, keine Sorge ich habe nicht geraucht.", fügte ich noch schnell hinzu. Meine Eltern waren cool was Partys anging, solange ich es nicht übertrieb und rauchen war komplett verboten.

„Was ist dann los?"

„Wahrscheinlich nur der Kater.", log ich und schnitt mein Vollkornbrötchen in der Mitte durch.

„Jace, bringst du mal bitte eine Aspirin für Mona mit?", fragte meine Mum und nach seiner Antwort begann sie ihr Rührei zu löffeln.

„Und mit Kaylen alles in Ordnung?", fragte sie schließlich so, dass es fast beiläufig klang. Aber das war es nicht.

Xander hatte bisher still am Tisch gesessen, aber jetzt blickte er interessiert auf.

„Mum!", ermahnte ich sie. „Das habe ich dir im Vertrauen erzählt." Vielsagend deutete ich mit den Augen auf Xander.

Meine Mutter war die einzige, der ich die ganze Wahrheit erzählt hatte. Sie meinte nur trocken, dass es in Ordnung war ein bisschen Spaß zu haben, aber ich solle mich bloß nicht in so jemanden verlieben.

„Wer ist Kaylen?", meldete sich mein Vater zu Wort und setzte sich ebenfalls zu uns.

Ich warf Mum einen entnervten Blick zu. Na vielen Dank auch.

„Ups, Sorry.", murmelte sie, während sie sich klein machte und genoss wie ein Mäuschen ihr Ei.

Ohne zu antworten nahm ich die Aspirin zu mir. Vielleicht half sie ja gegen meine anders bedingten Kopfschmerzen.

Warum gab es eigentlich keine Tabletten gegen unloyale Lügner?

„Mona?", hakte mein Dad erneut nach und sah mich abwartend an.

Truth or KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt