Mitten im Wald ein Haus

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Das Internatsgebäude ist keine dieser neuen Fertigbauten, sondern ein alter, weißverputzter Backsteinbau mit großen, neuen Fenstern und einer riesigen Eingangstür, zu der eine breite Treppe hinauf führt. Der Platz davor ist größtenteils geteert und mit üppigen Blumenbeeten verschönt. Auf ihm stehen ein paar neue und ein paar nicht so neue Autos im Schatten von ein paar kleinen Zierbäumen. Ein blauer augenscheinlich mit sehr viel Liebe gepflegter Wagen erweckt meine Aufmerksamkeit. Ich weiß auch nicht warum. Er scheint etwas Besonderes zu sein. Jedenfalls für den Besitzer.

Auf der Treppe hocken ein paar Mädchen und zwei Jungs und unterhalten sich. Alles scheint so normal. Doch die Idylle trügt. Das merke ich, als plötzlich aus der Hand eines Mädchens Flammen schlagen. Die anderen lachen. Zischend atme ich ein. Pierre scheint das nicht zu interessieren. Wahrscheinlich ist es für ihn auch einfach normal.

Frank parkt und ich bin sofort draußen. Erst jetzt merke ich, dass ich es keine Sekunde länger in dem Auto ausgehalten hätte. Schnell laufe ich um den Wagen herum und nehme meinen Koffer aus dem Kofferraum, bevor die anderen auch nur ausgestiegen sind.

Als Pierre aus dem Wagen steigt, springen die Mädchen von der Treppe auf, laufen zu ihm und umringen ihn. Nur ein Mädchen und die zwei Jungs bleiben sitzen. Anscheinend bin ich nicht die einzige, die Pierre für ansehnlich und witzig hält. Und ich hatte mir schon Hoffnung gemacht! Das merke ich erst jetzt. In Gedanken fluche ich. Wie naiv ich doch bin. Da muss mir ein Junge nur etwas Aufmerksamkeit schenken und schon bin ich hin und weg.

Ich beneide das Mädchen, das sitzen geblieben ist. Sie hat lange, blonde Haare und einen perfekten Körper. Damit meine ich, sie hat eine gute Größe, vorhandene Brüste und lange Beine. Dinge, von denen ich nur träumen kann. Wenn ich ehrlich bin, sieht sie schon etwas wie eine Barbie aus. So geschleckt schön. Aber das ist doch immer noch besser, als für einen Jungen gehalten zu werden oder? Nun, sie hat es bestimmt nicht nötig, einem Kerl hinterher zu rennen.

Pierre ignoriert die Mädchen, die wie eine Schar aufgescheuchter Hühner um ihn herum hüpfen, so gut es geht und läuft zur Treppe.

Das Mädchen und einer der Jungen sind inzwischen aufgestanden. Zur Begrüßung wird sich fleißig umarmt. Der Junge, der sitzen geblieben ist, nickt Pierre nur kurz zu. Dann beobachtet er mich. Als ich seinen Blick auffange, lächelt er und hebt leicht die Hand. Er ist groß und muskulös. Sogar sitzend sieht er aus wie ein Riese. Seine Haare sind rabenschwarz. In dem Tumult von Mädchen, die verzweifelt um Aufmerksamkeit haschen, wirkt er wie ein Ruhepol. Kein Zucken, kein Wippen, keinerlei Bewegung.

Hallo!", höre ich plötzlich jemanden sagen und zucke zusammen.

Mein Blick fährt herum, doch es ist klar, dass mich niemand angesprochen hat. Alle, außer dem muskulösen Typen, ignorieren mich. Pierre eingeschlossen.

Ich bin Finn", höre ich es da wieder.

Ich reibe meinen Kopf und frage mich, ob ich jetzt gänzlich verrückt werde. So was ist mir ja noch nie passiert!

Der große Schwarzhaarige", erklärt mir die Stimme.

Ich schaue zu dem Großen. Er lächelt immer noch und zwinkert mir zu. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auf manche abschreckend wirken könnte. Allein seine Größe ist respekteinflößend, die Muskeln tun ihr übriges. Insgesamt scheint er Distanz auszustrahlen. Ein stiller Beobachter, der es vorzieht nicht belästigt zu werden. Doch mit dem Lächeln strahlt er Freundlichkeit und Wärme aus, ähnlich anziehend wie ein Wärmestrahler im tiefsten Winter.

Du bist Sofie oder?", will er wissen.

Ich nicke nur. Mir wird klar, dass er in Gedanken zu mir sprechen muss, da sein Mund geschlossen ist.

AccasuraWhere stories live. Discover now