Wieder verbunden

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Als die Dämmerung hereinbricht und die Vögel ihr Morgenlied anstimmen, mache ich mich auf den Weg zum Krankensaal.

Ich bin noch nicht lange da, als auch Finn den Raum betritt. Ich bin so froh ihn zu sehen. Nach solch einer langen und anstrengenden Nacht ist es, als würde er mir aufhelfen. Aufhelfen von dort, wo ich irgendwann in der Nacht hingefallen bin. Sein Anblick beruhigt mich und in der Zeit, in der er einfach nur neben mir sitzt, meine Hand hält und mir ab und zu über die Haare streicht, ist es als würden alle Sorgen von mir abfallen.

Irgendwann beginnt er zu sprechen.

„Rachel und ich sind jetzt fest zusammen", meint er und seine Wangen färben sich entzückend Rosa. „Außerdem hat Pierre gestern Abend mit Alessandra Schluss gemacht. So wie sie aussah, wäre sie ihm am liebsten an die Gurgel gegangen. Ist dann mit Joy abgedampft. Pierre sah erleichtert aus. Sehr erleichtert. Die beiden hatten schon eine merkwürdige Beziehung."

Er schweigt kurz und spricht dann weiter.

„Er kam heute Nacht zu mir, so um viertel nach eins, Pierre. Hat irgendwas von dir und tot gefaselt. Ich habe versucht ihn zu beruhigen, was allerdings erst geklappt hat, als ich mit ihm hierher gekommen bin und er sich selbst davon überzeugen konnte, dass du noch lebst. Gott, war der aufgeregt. Vermutlich hat er schlecht geträumt."

Dann lag ich mit meiner Schätzung der Uhrzeit gar nicht so falsch. Pierre hatte vermutlich wirklich Schiss, wenn auch eher vor der Tatsache, dass ich tot sein könnte, als davor, meinen Geist gesehen zu haben.

Ich hoffe, ich habe ihn nicht allzu schlimm traumatisiert.

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Schließlich kommt Rachel und wir gehen zu dritt in die Kantine. Nachdem sich alle gesetzt haben, stelle ich mich hinter David und Alessandro. So habe ich einen guten Blick auf Pierre, Rachel und Finn. Joy und Alessandra sitzen ganz hinten im Saal in einer Ecke.

Theoretisch könnte man sagen: „Krieg gewonnen!" Aber das wäre vermutlich sehr töricht. Jetzt da Pierre Schluss gemacht hat, könnte man es vermutlich mit Suizid gleichsetzen.

David und Alessandro haben mittlerweile ein neues Gesprächsthema gefunden. Sie diskutieren über die Umwelt und wie der Mensch sie zerstört. Speziell über dem Amazonas-Regenwald. Das hätte ich von den beiden ehrlich gesagt nicht erwartet. Solch ein ernstes Thema. Finn hat Rachel einen Arm um die Schulter gelegt und kaut auf seinem Brot. Rachel hat sich an ihn gelehnt und die Augen geschlossen. Die beiden sind einfach süß! Pierre sitzt schweigend neben ihnen und trinkt Orangensaft.

Ich warte noch ein paar Minuten. Bereite mich innerlich auf meinen großen Auftritt vor.

Doch plötzlich steht ein Mädchen neben Pierre. Sie ist hübsch. Kurze blonde Haare und kornblumenblaue Augen. Ihre Wangen sind gerötet und sie scheint nervös.

„Äh ... Pierre?"

Der Angesprochene schaut auf.

„Was ist denn, Tami?"

Das Mädchen, Tami, wird noch röter.

„I-ich wollte dir nur d-das hier geben", stottert sie, reicht ihm einen zusammengefalteten Zettel und rauscht davon.

Pierre schaut ihr etwas verdattert hinterher. Ich erkenne sie wieder. Es war eins der Mädchen, die Pierre an meinem ersten Tag hier „empfangen" haben. David und Alessandro haben ihr Gespräch unterbrochen und alles beobachtet.

„Na", meint David. „Es hat sich schon herum gesprochen. Kaum trennt er sich, bekommt er schon wieder haufenweise Briefchen. Hier bitte meine Handynummer. Hättest du Lust mit mir zu chatten? Mein Username ist blahblah, nur für den Fall, dass..." David seufzt. „Ach, das hätte ich auch gern. Du bestimmt auch Alessandro, oder?"

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