Von Euphorie und Wut

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Granit ist mittlerweile wieder zu Hause, doch ich habe mich noch nicht getraut, es ihm zu sagen. Ich versuche mich so normal wie möglich ihm gegenüber zu verhalten. Bis jetzt hat es ganz gut funktioniert. Dass ich mich manchmal noch übergeben muss, bekommt Granit zum Glück nicht mit. Entweder schläft er oder befindet sich in der Küche, welche sich am anderen Ende der Wohnung befindet; somit weit genug entfernt vom Badezimmer. John macht mir jedoch Tag für Tag mehr Druck, es ihm endlich zu sagen. Doch ich weiß, dass ich Granit danach nie wieder sehen werde. Dass ich schwanger von Jonas bin würde er mir nie verzeihen. Wieder mal versuche ich meine Sorgen mit Arbeit zu verdrängen, doch dieses Thema ist viel zu präsent um es zu vergessen.

Wieder plagen mich Gewissensbisse, welche mich zudem in der Nacht nicht schlafen lassen. Ich komme seit Tagen nicht zur Ruhe. Schließlich entschließe ich mich dazu, es ihm zu sagen. Ich will mein Leben mit ihm nicht mit einer Lüge verbringen. Auf der Arbeit ist zurzeit nicht viel los, weshalb ich schon um 14 Uhr nach Hause fahre. Zu Hause angekommen, ist es still in meiner Wohnung. Granits Wagen steht jedoch in der Einfahrt, also muss er eigentlich da sein. „Granit?", rufe ich in die Stille hinein. Schließlich kommt Granit mit den Händen hinter seinem Rücken aus dem Schlafzimmer. Er versteckt etwas. Fragend mustere ich ihn. „Was hast du da?" Granit geht nicht auf meine Frage ein und kommt noch einen Schritt auf mich zu. „Wann wolltest du es mir sagen?", fragt er schließlich und legt seinen Kopf schief. „Was meinst du?", stelle ich ihm verwirrt als Gegenfrage. Granit seufzt und zieht hinter seinem Rücken den Schwangerschaftstest hervor. Schockiert reiße ich meine Augen auf. „Wo hast du den her?" Granit spielt mit dem Schwangerschaftstest in seinen Händen. Sein Blick fällt zuerst auf den Test und dann auf mich. „Ich hab die Wäsche abgehangen und wollte deine Strümpfe in die Schublade machen. Und da hab ich ihn gefunden.", erklärt er mir und mustert mich dabei ernst. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Granit hat noch nie die Wäsche gemacht, weshalb die Schublade ein sicherer Ort gewesen war. „Seit wann weißt du es?", reißt er mich aus meinen Gedanken und mustert mich noch immer ernst. „Seit einer Woche.", gebe ich leise zu und senke den Blick. Das schlimmste an dieser Situation ist, Granit denkt es wäre sein Kind. Eigentlich wäre es keine schlechte Idee, ihm das so aufzutischen. Doch John würde mich umbringen, wenn er das erfährt.

„Es ist zwar noch etwas früh für ein Kind, aber Klara. Denk doch mal, dann wären wir endlich eine richtige Familie." Granits Ernsthaftigkeit schwingt in Euphorie um, was ich eigentlich um jeden Preis vermeiden wollte. Wenn ich es ihm jetzt nicht sage und ihn weiter in seine Freude reinsteigern lasse, wird es umso schlimmer für ihn. „Granit, es gibt einen Grund warum ich es dir nicht direkt gesagt habe.", erkläre ich ihm, woraufhin er mich verwirrt anschaut. „Ok... und welchen?" Ich sehe, dass er den digitalen Schwangerschaftstest in der Hand hält. „Guck auf den Test.", sage ich also und warte seine Reaktion ab. Bitte lass es ihn sofort verstehen. Granit mustert den Test nachdenklich, jedoch scheint er es nicht zu verstehen. Scheiße.

„Da steht 5. Woche, na und?", sagt Granit, als er seinen Blick wieder auf mich richtet. Ich schließe für einen Moment die Augen und atme tief aus. Granit scheint wirklich gar keine Ahnung zu haben, was die ganze Sache nur noch schlimmer macht. „Granit, das Kind ist nicht von dir.", erkläre ich ihm schließlich und warte, wie zuvor, seine Reaktion ab. Komischerweise bin ich dieses Mal gelassen. Ich breche weder in Tränen aus, noch fange ich an zu zittern. Vielleicht weil ich dieses Drama vor ein paar Wochen schon einmal hatte. Lange Zeit ist es still, bis meine Worte bei Granit angekommen zu sein scheinen. „Bitte was?!" Seine Stimme klingt Fassungslos. „Das Kind ist von Jonas.", erzähle ich ihm und presse meine Lippen aufeinander. Etwas nervös bin ich ja schon. Wider Erwarten fängt Granit aus dem nichts an zu lachen. Am liebsten würde ich mitlachen, doch ich merke, dass es kein Lachen vor Freude ist. „Was bist du eigentlich für ne miese Schlampe?! Ich hab dir den scheiß mit Jonas verziehen, und du lässt dich trotzdem noch schwängern?! Oder ist vielleicht doch John der Vater?! Er war doch die ganze Zeit scharf auf dich, so wie er dich immer angeschaut hat!" Granits laute Stimme dröhnt in meinem Ohr, doch ich widerspreche ihm nicht. Ich lasse ihn seine Wut rauslassen. „Ich hätte alles für dich aufgegeben! Ich hab Dresden für dich aufgegeben, und das ist der Dank dafür?! Das soll der Dank für alles sein, was ich die letzten Wochen wegen dir durchmachen musste?! Du bist das allerletzte, Klara! Aber sei froh, du wirst mich hier nie wieder sehen!" Granit wirft den Schwangerschaftstest mit voller Wucht auf den Boden, welcher daraufhin in seine Einzelteile zerspringt. Ich habe gewusst, dass es irgendwann so enden wird. Von Anfang an habe ich es geahnt.

Während Granit seine Tasche im Schlafzimmer packt, stehe ich noch immer im Wohnzimmer und bewege mich kein Stück. Nach ein paar Minuten kommt Granit schließlich aus dem Schlafzimmer und wischt sich eine Träne aus dem Gesicht. Als sein Blick jedoch auf mich fällt, sehe ich blanke Wut und Enttäuschung. Ohne etwas zu sagen, geht er an mir vorbei und lässt die Tür lautstark ins Schloss fallen. Das ist es dann wohl gewesen, stelle ich ernüchternd fest und merke schließlich doch, wie mir die Tränen über die Wangen laufen.

Criminal minds (Gzuz FF) *Abgeschlossen*Where stories live. Discover now