Kapitel 12

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Kapitel 12 - Touché

„Das war unfair, das weißt du“, sagte ich grinsend und folgte ihm ins Wohnzimmer. Jamie, der mittlerweile schon so entspannt wie man nur sein konnte am Sofa saß und von dem ersten Stück Pizza abbiss. Er hob eine Augenbraue und schob mir den Teller hin als ich mich neben ihm aufs Sofa setzte. „War’s nicht“, sagte er dann. „Oh doch, das war es“, ich griff nach einem Stück Pizza, „Du hast es voll ausgenutzt, dass ich von deiner Verwandlung so fasziniert war“. Jamie hob eine Augenbraue. „Bist du dir sicher, dass du genau davon fasziniert warst?“. Ich warf ihm einen finsteren Blick zu. „Wovon sonst?“. „Vielleicht von meiner einfach anziehenden, umwerfenden Nähe?“ Ich aß den Rest meines Pizzastücks und sah ihn dann kritisch an. „Jamie McGrey, seit wann hast du so ein übertriebenes Ego?“ Er zuckte mit den Schultern. „Erfahrungsberichte“, meinte er dann schließlich und lehnte sich zurück. Der Typ war einfach nur wahnsinnig irritierend, wahrscheinlich war es das, was mich anfangs an ihm genervt hatte. Warum fand ich ihn jetzt auf einmal anziehend? Egal, wahrscheinlich war ich nur müde. Jamie hob triumphierend die Augenbrauen, da mir so schnell kein Kontra einfiel. Ich schüttelte nur den Kopf. „McGrey, du bist unglaublich“. „Das höre ich öfter, keine Sorge“. Hm, wahrscheinlich ziemlich oft von Tussis wie Haley. Ich gähnte. „Jaja“, murmelte ich dann, „Ich werde es schon schaffen, deinem Ego einen Dämpfer zu versetzen, aber dazu muss ich ausgeschlafen sein“. „Hast schon recht mit dem schlafen gehen, ich bin auch ziemlich müde“, meinte er dann und fuhr sich durch die Haare, „Was das mit dem Ego-dämpfen betrifft“, er warf mir einen schelmischen Blick zu, „Keine Chance“. „Keine Sorge, Jamie“, ich zwinkerte ihm zu, „Du wirst schon sehen“.

Am nächsten Tag wachte ich erst gegen zehn Uhr morgens auf. Ich musste zugeben, Jamies Bett war so richtig bequem... und groß. Wahrscheinlich hätten wir beide drin Platz gehabt... Langsam kroch ich aus der gemütlichen Wärme der Daunendecke und streckte mich erst mal. Dusche... Ich schnappte mir ein paar frische Sachen zum anziehen und ging Richtung Bad. Gerade als ich nach der Klinge greifen wollte um die Tür zu öffnen, wurde sie von innen aufgemacht. Jamie stand vor mir, seine Haare waren noch feucht. Und er war nur mit einem Handtuch, das relativ tief an seiner Taille hing, bekleidet. „Morgen Claire“, sagte er grinsend. „Ähm... Morgen Jamie“, sagte ich und versuchte die Tatsache, dass er praktisch halbnackt war, zu ignorieren. Was ziemlich schwer war. Hatte ich schon mal erwähnt, dass Jamie McGray sehr gut aussah? Nun ja, um den Anblick, den ich gerade genießen durfte, würden sich meine Kolleginnen im Krankenhaus reißen. Sabber sabber. „Wolltest du ins Bad?“, fragte Jamie immer noch mit diesem Grinsen. „Ja genau“, sagte ich und spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Verdammt, hatte ich ihn jetzt wirklich nur angestarrt? „Dann viel Spaß“. Jamie trat einen Schritt zur Seite und ging dann Richtung Wohnzimmer. Ich ging ins Bad und schloss ab. Was war grad mit mir los? War ich doch nicht so immun gegen ihn, wie ich dachte? Blödsinn, Claire reiß dich zusammen. Genau, denn ich würde mich nie auf Jamie McGrey einlassen. Mit dieser Überzeugung stieg ich in die Dusche und wurde gleich mit einem Strahl kaltem Wasser belohnt ehe die Temperatur sich auf heiß stellte. Super.

Als ich frisch geduscht und umgezogen aus dem Bad kam, hörte ich schon von hier Haleys helles Gelächter aus der Küche. „Das hast du doch nicht wirklich gemacht, Jamie!“ „Oh doch, glaub’s mir“, sagte er etwas ruhiger. Ich wusste nicht genau, ob ich jetzt zu ihnen gehen sollte, oder nicht, aber die Entscheidung wurde mir abgenommen. „Hey Claire, kommst du?“, rief Jamie und eigentlich war ich froh darüber, denn ich hatte einen ziemlichen Hunger. Haley saß auf einem Barhocker, die Beine ladylike überkreuzt. „Hallo Claire“, sagte sie lächelnd und wickelte sich eine ihrer Haarsträhnen um den Finger, „Wie geht es dir?“ Wieso fragst du, wenn es dich eh nicht interessiert, Barbie? Irgendwie passte der Name „Barbie“ zu ihr, obwohl sie nicht blond war. „Ganz gut“, ich kletterte auf den Hocker neben ihr, „Und dir?“. „Sehr gut“, sie sah zuerst mich an, dann Jamie, der zum Glück dran gedacht hatte, sich eine Jeans und ein T-Shirt überzuziehen. „Wie gesagt, Jamie, du bist viel zu selten hier“, sagte Haley dann, „Wir sehen uns viel zu selten“. „Hm, ja stimmt schon“, sagte  er darauf, „Aber ich habe einen Vollzeitjob, den ich nicht einfach liegen lassen will“. Haley machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich hab noch nie verstanden, warum du nicht einfach James’ Beta geworden bist.“. Jamie warf mir einen Blick zu, dann sah er wieder zu ihr. „Ja, so ist das eben. Claire, willst du mitfahren etwas einkaufen?“ Ich nickte. „Zu blöd, dass ich wieder die Gruppe übernehmen muss“, knurrte Haley etwas verdrossen. „Warum das?“, wollte Jamie wissen. „James, Peter und Cole sind zum Osten los. Offenbar haben ein paar von Leons Kätzchen im Gebiet gejagt“. Jamie schüttelte den Kopf. „Ich muss mit James reden, sobald er zurück kommt“.

Silver EyesWhere stories live. Discover now