Entschluss

7.4K 226 26
                                    

Die Ereignisse des letzten Treffen mit Ryder trugen immer noch Früchte.

Jedes Mal, wenn ich noch Tage später daran dachte, bekam ich Gänsehaut.

Meine Eltern dachten, ich wäre mit Bruce unterwegs gewesen und das war auch gut so, denn das konnte ich ihnen nicht erzählen.

Egal, wie alt ich war, sie würden mir verbieten je wieder in ein Fluggerät oder etwas der gleichen zu steigen. Oder schlimmer, mich nie wieder etwas mit Ryder unternehmen lassen.

Sowas verstand man unter überfürsorglich, obwohl ich es ihnen an der Stelle wohl kaum verdenken konnte. Aber er hatte mich gerettet, also konnten sie ihn wohl kaum hassen. Oder?

Und warum mache ich mir über sowas Gedanken? Sie würden es eh nie erfahren, also egal.

Ich sollte jetzt lieber meine Zeit mit Ayanna genießen.

Wir saßen in einem hübschen kleinen Café mit Ausblick auf die Straße.

Durch die riesige Glasfront, an der wir es uns auf Sesseln gemütlich gemacht hatten, konnte man jeden Passanten, der vorbeilief genau beobachten.

Auf dem Minitisch vor mir stand mein Latte und dampfte vor sich hin. Bisher hatte ich noch keinen Schluck genommen, sondern hatte nur nachdenklich zu den flirtenden Teenagern auf der gegenüberliegenden Straßenseite gestarrt, die kurz vorm Rummachen waren.

Peinlich berührt wandte ich den Blick ab, als ich mir darüber bewusst wurde.

„Du hast also Ryder getroffen?", schnitt meine beste Freundin nun dieses Thema an.

„Ja, wir haben sogar schon recht viel unternommen.", bestätigte ich und nahm endlich einen Schluck von dem jetzt lauwarmen Latte.

„Daraus wird wohl jetzt nichts mehr, wenn du vergeben bist und er verlobt.", stellte sie fest und als ich nur zustimmend nickte, fügte sie vorwurfsvoll hinzu: „Richtig?"

„Jaha.", antwortete ich fast schon aggressiv.

„Wann lerne ich den berüchtigten Rylie eigentlich endlich kennen? Wir sehen uns so selten und irgendwie hat er nie Zeit."

„Weiß ich nicht. Gerade ist er bei seiner Familie.", meinte ich nur schulterzuckend. „Wie läuft es eigentlich zwischen dir und Bruce?"

Die Gegenfrage hatte sie wohl nicht erwartet, denn plötzlich wirkte sie seltsam angespannt.

Jemand anderes hätte es nicht bemerkt, aber ich kannte dieses Lächeln.

„Was ist?" Interessiert stützte ich die Ellenbogen auf die Knie.

„Ich..." Sie räusperte sich, als hätte sie was im Hals. „Ich glaube, ich beende es." Selbst ihre Atmung klang bedauernd.

„Was?" Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte sie ungläubig an.

„Aber... aber warum? Ihr seid doch so glücklich!", fragte ich immer noch entrüstet. Das waren definitiv brandneue Informationen.

„Weil... ach keine Ahnung. Wir sehen uns so wenig und ich will ihn nicht ständig vermissen. Außerdem glaube ich, dass er langsam kein Bock mehr hat sich mit meinem vollen Terminkalender rumzuschlagen, um für uns ein Treffen zu planen."

Ihre Brust hob und senkte sich immer noch extrem und ich wusste, dass sie jetzt gleich in Tränen ausbrach.

„Ach Schätzchen.", begann ich und legte eine Hand auf ihren Oberschenkel, als die erste Träne ihre gerötete Wange hinunterfloss.

„Du musst ihn darauf ansprechen."

„Nicht mal dafür haben wir wirklich Zeit. In der Woche sehen wir uns vielleicht drei Stunden und ich meine nicht täglich." Sie wischte schniefend ihre Tränen ab.

Truth or LiesWhere stories live. Discover now