━━ kapitel drei

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𝗦𝗜𝗘 𝗪𝗔𝗥𝗘𝗡 alle im Wohnzimmer versammelt, ganz wie in den alten Zeiten

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𝗦𝗜𝗘 𝗪𝗔𝗥𝗘𝗡 alle im Wohnzimmer versammelt, ganz wie in den alten Zeiten. Luther stand so als wäre er der Anführer, aber er wirkte sich seiner selbst nicht sicher. Er sah zögernd zwischen ihnen allen hin und her. Eine unangenehme Stille verbreitete sich.
"Ich finde, er sollte ein Begräbnis haben. Etwas Schönes", meldete sich Luther zu Wort.
Skylar  und Klaus sahen einander an. Klaus verdrehte die Augen.
"An einem schönen Ort. Einem Ort, an dem er gerne war".
"So etwas gab es?", fragte Allison.
"Ja. Aber zuerst... sollten wir herausfinden, wie er gestorben ist".
Skylar sah fragend zu Luther. "Aber der pathologische Bericht sagt doch, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist, oder nicht?".
Diego sah zu Luther. "Genau, Luther. Oder nicht?".
Luther räusperte sich. "Sein Monokel ist verschwunden".
"Wooooooow", sagte Klaus. "Das ist aber sehr dramatisch. Wird er ganz sicher vermissen". Er stöckelte über den Teppich und paffte Skylar seinen Rauch ins Gesicht. Dann ließ er sich auf ihre Schoß fallen. Sie nahm ihm die Zigarette weg und zog selber daran. Aller Augen waren auf sie gerichtet. Luther schnappte sich die Zigarette und erstickte sie in einem Glas. Klaus seufzte auf und ging jetzt wieder im Wohnzimmer herum.
"Ist das MEIN Rock?", fragte Allison.
Klaus sah an sich herab, als wüsste er nicht, was er trug. "Ja. Bisschen aus der Mode, aber so luftig.. ihr wisst schon - untenrum...".
"Halt deinen Mund. Die Sache mit dem Monokel ist wichtig. Klaus, kannst du Dad nicht kontaktieren?", fragte Luther.
Klaus sah in die Runde. "Ich-". Er seufzte. "Was soll ich machen? Was soll ich SAGEN? Hey Dad, ja, ich weiß, du hasst mich, aber kannst du für mich kurz aufhören mit Hitler Tennis zu spielen?".
"Ja", sagte Luther, als wäre es sein voller Ernst.
"Ich bin eben nicht im - MENTALEN Zustand dafür".
"Du bist High", stellte Allison fest.
"Natürlich bin ich das!".

Damit war die Diskussion mit Klaus beendet.
"Wieso ist es überhaupt wichtig?", fragte Vanya. "Es ist doch wertlos".
Diego schnaubte auf und sah beim Fenster hinaus.
"Es ist vielleicht nicht von finanziellem Wert. Aber es war Dads ständiger Begleiter. Jemand der ihm nahe stand...".
"Willst du damit sagen, was ich denke, dass du damit sagen willst?". Allison war aufgestanden und sah Luther gekränkt an.
Diego nickte. "Ja, genau das will er damit sagen. Er sagt, es war einer von uns".
"Das  habe ich so NICHT gesagt".
"Aber gemeint".
Luther schloss die Augen. "Ich meine nur, dass wir dem nachgehen sollten".
"Und bei wem sollen wir anfangen? Wen beschuldigst du?", fragte Vanya.
Er ließ den Blick über seine Geschwister schweifen, ein wenig zu lange, ein wenig zu konzentriert.
"Du kannst mich mal", sagte Diego und schritt davon.
"Wow". Vanya trottete auch weg.
Allison schüttelte einfach nur den Kopf.
"Allison!", sagte Luther leise.
"Keine Sorge, ich komme wieder zurück", sagte Klaus und warf die Arme in die Höhe. "Ich geh nur mal schnell Mom ermorden". Er gluckste, holte eine Zigarette hinaus und rauchte sie an.

Skylar lächelte vorsichtig und legte Luther eine Hand auf den Ellbogen. "Ich weiß, dass du's nicht böse meinst".
Dankbar sah er auf, aber Skylar spürte, dass er noch viel lieber das Verständnis von jemand anderen gehabt hätte.
Schließlich ließ Skylar ihn alleine, weil sie schon seit sie hier war das Bedürfnis verspürte, in ihr altes Zimmer zu gehen. In ihr brodelte auch die Angst, aber die Neugierde überwog; sie war seit über zehn Jahren nicht mehr hier gewesen und es befanden sich wahrscheinlich schmerzhafte Erinnerungen an ihr früheres Leben darin.
Bevor sie groß darüber nachdenken konnte stürmte sie nach oben und öffnete nach kurzem Zögern die Tür. Stickige Luft schlug ihr entgegen. Sofort eilte sie zu den Dachfenstern und riss sie auf. Dann ließ sie sich auf ihr ungemachtes Bett sinken. Es war alles genauso, wie sie es damals hinterlassen hatte, als sie Hals über Kopf weggelaufen war - etliche Kleidungsstücke lagen quer über den Boden verteilt, ein paar Bücher aus ihrem Regal waren zu Boden gefallen. Der Streit, der hier gewütet hatte, fühlte sich an, als wäre er gestern gewesen.
Der Streit, nach dem sie Hals über Kopf ihre Sachen gepackt hatte und nach London geflogen war.
Wobei, eigentlich war es nicht direkt der Streit gewesen - sondern das, was danach passiert war.
Skylar zog ihre Beine an wie ein Embryo und legte sich aufs Bett. Sie starrte auf die Decke. So oft war sie hiergelegen, genau in dieser Position, hatte nachgedacht. Über Harvey...
Harvey.
Skylar sprang auf und beschloss, das Chaos zu beseitigen. Auf einmal erfüllte Musik den Raum. Durch die Wände dröhnte : "I think we're alone now". Skylar musste lächeln und begann tanzend aufzuräumen. Sie war froh, dass Harvey ihr kleines Geheimnis gewesen war - deswegen gab es nirgendwo aufgehängte Bilder, geteilte Erinnerungen.
Doch als sie "Die Leiden des jungen Werther" aufhob, fiel etwas heraus, dass ihr den Atem raubte. Es war ein Bild. Ein Bild, das sie beide zeigte...
Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Als hätte sie all die Jahre verschwendet, in denen sie Abstand gewinnen hatte wollen. Als wären die Jahre umsonst gewesen. Sie ließ das Bild mit zittrigen Händen fallen und fummelte stattdessen nach etwas anderem, etwas, das sie auch früher in solchen Situationen gemacht hatte. Sie griff in eine Lade, die voll mit Papier war, und darunter Schachteln und Kisten - erleichtert stellte sie fest, dass er noch da war.

Ihr heißgeliebter und gleichzeitig so verhasster Vodka. Sie kniete am Boden, schloss ihre Augen und ließ das Getränk ihren Hals hinunterrinnen, wie sie es damals in London tagtäglich getan hatte, bevor Harry sie aufgelesen hatte.
Auch Harry wollte sie am liebsten vergessen. Am liebsten jeden. Sie hatte mit einem Zug ein Drittel der Flasche geleert. Sie wollte weitermachen, nie wieder aufhören, doch auf einmal flackerte das Licht. Gänsehaut zog sich über ihre Arme. Sie lief nach unten, schwankend, den Vodka immer noch fest umklammert. Draußen waren auch ihre Geschwister. Sie wollte den Vodka schnell abstellen, wollte nicht, dass jemand ihn sah. Klaus kam hinter ihr nach, und so standen alle draußen. Es blitzte unnatürlich und schwarze Wolken waren aufgezogen.
Klaus warf einen Feuerlösche in die Blitzwolke.
"Was soll das denn bringen?", fragte Allison außer Atem.
"Keine Ahnung - hat wer eine bessere Idee?".
Skylar schwankte. Klaus sah sie besorgt an, quetschte sich zu ihr nach hinten und nahm ihr den Vodka aus der Hand. Er hielt sie fest.
In der Wolke erschien eine Gestalt - zuerst ein alter Mann, doch dann veränderte er sich. So schnell wie alles gekommen war, zog es wieder ab.

Zurück blieb nur ein Bündel, das am Boden lag.
"Fünf", flüsterte Skylar. Dann wurde sie in Klaus' Armen ohnmächtig.

 SKYLAR HARGREEVES | Nummer Acht der Umbrella AcademyWhere stories live. Discover now