10.

7 2 0
                                    

Schweißperlen standen auf Yoshis Stirn. Von Krämpfen und Kältewellen geschüttelt lag er in Decken eingemummelt im Zimmer. Den kleinen Mund zu einem Stöhnen geöffnet, die sonst so lustig blitzenden Augen geschlossen. Die Augenlieder flatterten kurz und Atef erhaschte einen Blick in die eingefallenen, trüben Augen von Yosh. Atef nahm die raue Hand in seine und hielt sie einfach fest. Der Rest seiner Familie war mit Youssuf und Großvater im Krankenhaus. Youssuf zur Untersuchung seiner Wunde und dem 70-jährigen Mann wurde das Testament verfasst. Atef hatte sich bereit erklärt auf Yoshua aufzupassen, da er nichtmal sitzen konnte, so krank war er. Gerade als Yoshi sich in einem Fiebertraum zusammenkrümmte kam Valeria mit einer Schale sorgfältig zerstampften Resten vom Frühstück an und flößte es ihm vorsichtig ein. Ein bisschen was lief wieder aus seinem leicht geöffneten Mund hinaus und es tat so weh, ihn drei lange Tage schon so da liegen zusehen. Sein Körper war so gebrechlich wie der eines Neugebornen. Sein schwarzes Haar und die braune Haut hatten jeglichen Glanz verloren. Die sonst eher quirligen Locken lagen platt am Kopf an und waren verklebt vom kalten Fieberschweiß.

Als Vali wieder draußen war nahm Atef den kleinen Jungen auf den Arm und wiegte ihn ein wenig. Eigentlich sollte man Kranke nicht zu nah an sich lassen aber Atef war das egal. Yoshs dünne Finger krallten sich bei jedem Krampf in seine Haut und hinterließen weiße Abdrücke.

Atef erinnerte sich nur zu gut daran, dass er vor einem Monat genauso geplagt wurde.

*Flashback*

Atefs Mutter saß neben ihm an der Krankenbare und schluchzte. Matt lächelte er ihr zu um ihr zu zeigen, dass alles gut wird. Sein trüber Blick schweifte zu Cosima. Ihr Blick wie immer undeutbar. Besorgt? Verängstigt? Mitfühlend? Langsam schloss Atef die Augen und spürte, wie er in Richtung Krankenhaus geschoben wurde. Von einem Krampf zuckte er zusammen und wurde dann ohnmächtig.

*Flashback ende*

Atef hörte wie die Haustür beiseite geschoben wurde und das Rattern von Cosis Rollatuhl auf dem holprigen Boden.

Cosis Herz rutschte noch etwas tiefer, als sie ihre beiden Jungen dort am Boden knien sah, Atef Yosh im Arm. Eine vereinzelte Träne kam ihr aus und tropfte von ihrem Kinn ab auf ihre Brust. Ihr bester Freund legte Yoshi zurück und drehte sich um. Auch er hatte eine Träne nicht zurückhalten können. Das war deutlich an einer Spur aus Salzkruste erkennen, die auf Höhe des Mundwinkels weggewischt worden war. Langsam rollte Cosima zu ihrem Brüderchen der gerade erschöpft vom Fieber aufstöhnte und nahm ihn in den Arm, worauf sich der kleine Körper etwas entspannte. Cosi hatte keine Angst, dass sie sich anstecken könnte. Sie hatte nur Angst, ihr kleiner Yosh könnte sterben. Was hatte sie damals bei Atef gespürt? Mitleid? Vezweiflung? All das kam in ihr hoch und die Gefühle schienen sie zu verschlucken.

Cosima sah man fast nie weinen. Sie hatte so viel erlebt. Wie viele Kinder hier. Doch nun weinte sie hemmungslos. Ihre heißen Tränen fielen ins Gesicht ihres Bruders und benetzten leicht seine Lippen.

Im Laufe des Tages kamen noch die anderen Mitglieder der Familie und nahmen ihren Jüngsten in den Arm. Vali sang sogar ein Lied für ihn. Das hatten ihnen Atef und Cosi beigebracht. Die beiden hatten es von Lucy. Sie schrieb gerne Lieder. In dem Lied geht es um ein Kind das seinem Geschwisterchen erzählt wie schön das Leben ist und selbst das schlimmste Leiden keine Geschwisterliebe zerstören kann. "Das Leben ist wie ein Schmetterling. So lustig, schön, voller Leiden und es geht so schnell vorbei wie ein einziger Sommer."

Drei ist mehr als nichtsWhere stories live. Discover now