13

8 1 0
                                    

Eine einzelne Träne tropfte auf die Blätter der Blume, die das kleine Mädchen in der Hand hielt, rann den Stängel hinab, floss langsam den Handrücken hinunter um dort eine Salzspur zu hinterlassen und dann auf die grobe Erde zu tropfen.

Vali weinte. Seit Stunden. Und seit Stunden hielt Atef sie im Arm. Er kniete mit dem Kind auf dem Schoß und dem Gesicht in ihren Haaren vor dem Grab ihres Bruders. 3 Tage war der Tod nun schon her. Atef konnte sich ganz genau erinnern, wie sie auf der Messe mit ihren kaputtem schwarzem Gewand und den langen Zöpfen vorne gestanden ist und so stark war. Aber jedes noch so starke Gestell bricht irgendwann an einem zu schwerem Gewicht zusammen.

*Flashback*

Zaghaft klopfte es an Atefs Tür. Valeria steckte vorsichtig ihren dunklen Haarschopf durch die Tür.

Dunkle Schatten zierten ihre Augen, was auf schlaflose Nächte hinwies. Im Moment sah sie nicht aus, wie ein 11-jähriges Mädchen, sondern wie eine alte Frau, die schon zu viel in ihrem Leben erlebt hat. "Atef? Ko... kommst du m... mit z... z... zum Gra... Grab?",fragte sie mit brüchiger Stimme.

Atef legte seine Schulsachen zur Seite, er war sehr stolz darauf, in die Schule gehen zu können, und stand auf.

Gemeinsam mit Vali lief er zur nahegelegenen Begräbnisstätte. Sofort verlangsamten sich die Schritte beider Kinder. Vor dem frischen Grab blieben sie endgültig stehen. Valeria setzte sich davor auf den Boden und holte eine wunderschöne weiße Blume aus ihrer Tasche. Atef lies sich neben ihr nieder und zog sie in eine tröstende Umarmung auf seinen Schoß. Und da lief auch schon die erste bittere Träne aus den glasigen Augen des kleinen Mädchens.

*Flashback ende*

Das Leben musste weitergehen. Cosima kniete neben ihrem Rollstuhl auf dem Boden und bereitete das Abendessen vor. Wie gewohnt. Dann hiefte sie sich und den Teller in den Rollstuhl, wie gewohnt. Darauf rollte sie vor das Haus, um den Männern und Mommy das Essen zu bringen, wie gewohnt. Doch fehlte die kleine freche Hand von Yoshi, die schon nach dem Teller griff, bevor angerichtet war.

Zuletzt dürfen sie und Valeria essen. Aber wo war ihre kleine Schwester.

Plötzlich hörte sie ein lautes, unbefangenes und unverkennbares Lachen. Lachend liefen Atef und Vali auf die Hütte der Familie zu.

Es hatte ihr gut getan, an das Grab zu gehen und den ganzen Schmerz hinaus zu weinen. So fröhlich war Valeria die ganze Woche nicht gewesen. Aber das Leben musste weitergehen. Also griff sie nach ihrem Teil des Abendessens, wie sonst auch. Ihre Mutter und ihre Brüder arbeiteten schon den ganzen Tag, wie immer. Opa saß da und gab unnötige Anweisungen, wie gewohnt. Und dann lief auch sie zum Arbeiten in die nächste Stadt auf den Markt um Geld zu verdienen, wie sie es jeden Tag tat.

Einfach leben. Ohne an das Vergangene zu denken. Einfach wieder auf den Zug aufspringen. Das war das Beste was sie alle tun konnten.

Drei ist mehr als nichtsWhere stories live. Discover now