Caught in a lie

412 33 29
                                    

Yoongi

Ein tiefes Donnergrollen ließ ihn zusammen zucken und riss Yoongi aus dem Moment, in dem er zugelassen hatte, was er so sehr verhindern wollte. Nähe war das, was er fürchtete und von seinem Mitbewohner geküsst zu werden, verwirrte ihn nur noch mehr. Wie ein Blitzschlag traf ihn die Erkenntnis, als er auf Jungkook hinunter sah und sich beinahe in dessen Augen, trotz der vorherrschenden Dunkelheit, drohte zu verlieren. Yoongi mochte ihn und das durfte nicht sein. Warum war ihm so nah gekommen? Warum genoss er den Kuss so sehr, wenn er doch wusste, dass dieser alles zerstören konnte zwischen ihnen. Er war sich nicht sicher, wie er in diese Situation geraten war. Alles in seinem Kopf wirkte schummrig, bis die Erinnerungen an damals in ihm aufkamen. Den Freund, der alles für ihn gewesen war, hatte er verloren. Er wurde beschimpft, gemieden, gebrochen und nie würde er zulassen, dass sich das wiederholte. Mit aller Kraft stieß er sich von der Couch ab, versuchte sich zu sammeln und das, was gerade geschehen war, so zu lösen, dass er selbst am wenigsten Schaden nahm.

„Was ist los mit dir?", fuhr er Jungkook an und wischte sich übertrieben den Mund ab, „Ich steh nicht aus sowas wie dich, vergiss es. Das ist hier keine Regenbogenpension, du Schwuchtel." Seine Worte waren forsch, verletzend und dürften bei dem jüngeren Mann keinen Zweifel gelassen haben, dass er nicht auf ihn stand. Warum schmerzte ihn dann das, was er sagte dann so sehr, dass er kaum noch atmen konnte? Mission Selbstschutz war gescheitert, sein Herz brach allein schon durch das Aussprechen dieser Lüge. Yoongi hatte klargestellt, was er nach außen hin darstellen wollte. Doch ob er den anderen dadurch nicht weiter von sich gedrängt hatte, als ihn zu halten, bezweifelte er.

„Entschuldige, Hyung. Ich glaube mein Kopf hat auch etwas abbekommen", stotterte der andere und lächelte entschuldigend, „Gu-, Gute Nacht." So schnell Jungkook konnte drehte er sich so, dass der Ältere ihm nicht mehr ins Gesicht sehen konnte. Ein wenig war Yoongi froh darüber, dass die einzelne Träne, die auf seine Wange traf, auf diese Weise unentdeckt blieb. Er beließ es dabei. Selbsthass begann an ihm zu fressen und bevor er doch noch zeigte, wie er sich gerade wirklich fühlte, ging er. Wortlos zog er sich um, öffnete die Tür und lief hinaus in die Nacht.

Was hatte er da gerade getan? Er wurde von dem Mann geküsst, den er mochte und um alles was sie zuvor hatten zu schützen, hatte er etwas zwischen ihnen zerstört. Auch die kühle Luft draußen konnte ihm nicht helfen seine Gedanken zu ordnen. Jungkook hatte sich den Kopf angeschlagen, wusste nicht was er tat, was hätte also ein Erwidern des Kusses gebracht? Wohl nur, dass sein Mitbewohner ihn abgewiesen hätte, wäre dieser wieder bei vollem Bewusstsein. Yoongi wollte ihn nicht verlieren und nicht mehr allein sein. Waren seine Worte zu hart gewesen? Ja, eindeutig, doch hielten sie die Maskerade aufrecht, die er so sehr versuchte beizubehalten. Beinahe 1 zu 1 hatte er das gesagt, was sein ehemals bester Freund und erste Liebe ihm damals entgegenschrie und es verletzte ihn nun noch mehr.

Der Regen drang mittlerweile durch seine Kleidung und er konnte spüren, wie kalte Wassertropfen seinen Rücken entlang liefen. Er fror, zitterte am ganzen Leib und trotzdem lief er weiter durch die engen Gassen der Nachbarschaft, ohne daran zu denken zurückzukehren. Unwirklich leuchtete die schwarze Wolkendecke in einem gleißenden Blau auf und so schön es auch aussah, konnte Yoongi dem Anblick nichts abgewinnen. Immer wieder dröhnte der Donner in seinen Ohren und er dachte nur daran, wie es nun zwischen ihm und Jungkook werden würde. War es überhaupt noch möglich zusammen zu leben? Vielleicht hatte sein Mitbewohner ihn geküsst, weil dieser ihn auch mochte. Als ihm dieser Gedanke kam schüttelte er wenig später den Kopf darüber. Niemals würde der Jüngere seine Gefühle erwidern, es war nicht ernst gemeint, Yoongis Reaktion war richtig gewesen.

Als er seine Augen öffnete zitterte er immer noch und trug die durchnässten Klamotten der gestrigen Nacht. Er hatte sich in der Ecke des Raumes, in der er sonst geschlafen hatte, zu einer Kugel zusammen gerollt und dort bis zum Morgen ausgeharrt. Immer wieder war er kurz eingedöst, doch erholsamen Schlaf fand er nicht. Die Helligkeit drang von außen herein und doch wirkte alles trostlos und düster. Als er aufstand sah er Jungkook, der noch schlafend auf der Couch lag und sich keinen Millimeter rührte. Am liebsten wäre er zu ihm gegangen und hätte nachgesehen wie es ihm ging, doch konnte er es nicht. Achtlos zog er sich die feuchten Kleidungsstücke aus und schlüpfte in etwas Trockenes, um vielleicht doch noch einer drohenden Erkältung zu entgehen. Seine Glieder schmerzten, er war unglaublich müde und so ging er langsam zur Küchenzeile, um Kaffee aufzusetzen. Das leise Brummen der Maschine, das ihn sonst so glücklich stimmte, verfehlte heute seine Wirkung. Sein Herz wog schwer und das Einzige, was er jetzt brauchte, lag hinter ihm und war doch so unerreichbar.

Remedy ʸᵒᵒⁿᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now