I can't take it back

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Jungkook

Vollkommen in Gedanken stolperte er über einen Zweig, der nach dem Sturm noch nicht weggeräumt worden war. Noch immer regnete es in Strömen, der kalte Wind peitschte ihm ins Gesicht und doch war das Gröbste überstanden. Seit dieser Nacht konnte er nicht mehr klar denken und er verfluchte sich immer wieder für die Worte, die er ausgesprochen hatte. Zwar hatten sie dazu geführt, dass Yoongi und er sich geküsst hatten, aber seitdem war alles nur noch seltsam zwischen ihnen. Der andere war noch einsilbiger als sonst und wich Jungkook bei jeder Gelegenheit aus. Mit einem Ziehen im Herzen dachte er daran zurück, wie sie am nächsten Morgen Arm in Arm aufgewacht waren. Vorsichtig hatte er dem Älteren über den entblößten Rücken gestrichen, ihn noch ein Stück näher an sich gepresst und damit riskiert, dass dieser aufwachte. Jungkook hätte es wissen müssen. Die Nacht war vorbei gewesen und der Moment, indem sie ohne an die Konsequenzen zu denken sich in einem Kuss verloren, war nur noch eine zarte Erinnerung.

Die Straße zum Tanzstudio war noch immer überschwemmt und doch kam er, zwar mit durchnässten Schuhen und seinem Schmerz in der Brust, in den Saal geschlichen. Er hatte keine Energie mehr, alles was er hatte brauchte er dafür auf, sich den Kopf über das Alles zu zerbrechen. Zwar hatte er für eine kurze Zeit das gehabt, was er wollte, doch der Preis, den er nun dafür zahlte, ließ ihn gebrochen zurück. Noch immer fühlte er die Taubheit in sich aufkommen, die immer wieder auf ihn niederschlug, wie in dem Moment, indem Yoongi ihn von sich schob. Die Worte, die sie seit dem in den letzten Tagen gewechselt hatten, konnte er an einer Hand abzählen und das war nicht einmal das Schlimmste. Sein Mitbewohner verschwand, nur mitten in der Nacht spürte er ab und an, wenn er doch kurz die Augen geschlossen hatte, wie sich dieser neben ihn legte. Morgens war von dem Phantom, zu dem der andere geworden war, nichts mehr zu sehen.

„Jungkook, wieder aus dem Takt. Was is los mit dir? Nimmst du das hier überhaupt ernst?"

Er sah auf, blickte durch die schweißnassen Strähnen, die ihm ins Gesicht hingen, zu seinem Freund und schüttelte den Kopf. „Entschuldige, Hyung", antwortete er kratzig und spürte, wie allein diese wenigen Worte ihm alle übrige Kraft raubten. Wie oft hatte er genau das zu Yoongi gesagt? Yoongi. Der Strick, der sich um sein Herz zog, raubte ihm den Atem. Seine Fingerspitzen wurden taub und alles was er wollte, rückte kurz noch weiter in die Ferne, als noch vor wenigen Minuten. Er wusste was er hatte, er kannte den Begriff und doch wusste er nie, was es war, wenn er das Wort laut aussprach. Liebeskummer.

„Du siehst blass aus, ich denke es ist noch zu früh für dich, wieder mit zu trainieren", hörte er dumpf den anderen sagen. Jungkook nickte, senkte den Blick und ging ohne eine Verabschiedung in Richtung Umkleide. Hätte er ihn nur nie geküsst, kam es ihm in den Sinn. Wäre das alles nicht passiert, müsste er nun nicht durch diese Art von Gefühlen gehen. Für gewöhnlich war er kein weinerlicher Typ, er steckte Sachen gut weg. Die Scheidung seiner Eltern, jegliche Blessuren und nun ertappte er sich dabei, dass er vor Tränen kaum noch etwas um sich herum erkennen konnte. Es war verwirrend. Es tat weh. Er wollte, dass sie wieder in diesem dunklen Raum lagen und vergaßen, was vernünftig war. Jungkook wollte den Sturm, er wollte nicht das Danach.

Der Regen hörte auf und ein dichter grauer Nebel begann sich nun durch die Straßen und Gassen zu ziehen. Beinahe fühlte er sich getrieben, immer weiter drang die Feuchtigkeit durch seine Kleidung und das Atmen viel ihm schwer. Der Wind war fort, kam endlich gegen den dichten Schleier an, der Jungkook umgab. Gelegentlich verloren einige Blätter der Bäume, unter die er hindurch nach Hause lief, ihre Kraft und vereinzelte Wassertropfen prasselten plötzlich auf ihn nieder. Es machte ihm schon nichts mehr aus, er hatte resigniert und konnte genauso gut in der nächsten Pfütze ertrinken, es interessierte ihn schlichtweg nicht. Ab und an kamen ihm Leute mit Regenschirmen entgegen, sahen ihn mitleidig an oder ignorierten ihn im besten Fall. Er wollte nur von einem bemerkt werden. Yoongi sollte ihn nur ansehen, die Arme um Jungkook legen und ihm das geben, was er sich so sehr wünschte.

Remedy ʸᵒᵒⁿᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now