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Ian

Ich zeige auf das Blätterdach über uns, durch das man den Vollmond sehen kann. »Irgendwas hat sich dort gerade bewegt.«

»Ein Vogel«, schlägt Lea vor. Sie liegt neben mir, hat die Augen geschlossen und wirkt völlig entspannt, obwohl ich sie vorhin regelrecht entführt habe, denn Ryan hat vor dem Café auf sie gewartet. Ich weiß nicht, ob sie verabredet waren, oder ob er sich einfach nur Hoffnung gemacht hat, wenn er sie heute abholt, sie zu einem weiteren Date überreden zu können. Ich weiß nicht einmal, was genau zwischen den beiden im Moment läuft. Aber eigentlich ist Lea niemand, die einfach mal so eine Verabredung vergisst. Sie war schon immer zu nett, um jemanden zu versetzen. Ganz anders als ich. Wenn mich etwas nicht interessiert, dann vergesse ich es ständig. Eigentlich nicht einmal mit Absicht. Es ist mir nur nicht wichtig genug, um daran zu denken.

»Liest du noch immer diese langweiligen Liebesromane?«, frage ich sie.

Sie richtet sich entrüstet auf und bläst ihre Wangen auf. »Das sind Klassiker und alles andere als langweilig. Penny mag sie auch.«

Ich lache und schüttle den Kopf. »Deine Mitbewohnerin?«

»Ja. Sie mag die gleichen Bücher wie ich.«

»Dann versteht ihr euch gut?«, will ich wissen und meine die Frage wirklich ernst. »Gefällt es dir in der Verbindung?«

»Machst du dir Sorgen?«, will sie wissen und runzelt unwillig die Stirn. Wahrscheinlich denkt sie, dass ich sie schon wieder kontrollieren will. Den Fehler begehe ich nicht noch einmal. Außerdem, solange sie hier mit mir ist, kann sie nicht bei Ryan sein. Oder einem anderen Arschloch.

»Nein, ich will nur wissen, ob du dich hier wohl fühlst.«

»Tue ich«, antwortet sie und legt sich wieder neben mich.

Ich drehe mich auf die Seite, stütze meinen Kopf auf meine Hand auf und betrachte ihr Gesicht. Selbst bei dem geringen Licht meines Handys kann ich erkennen, dass sie nervös wirkt, während sie darauf wartet, was ich als Nächstes tun werde. Wünscht sie sich, dass ich sie noch einmal küsse, oder will sie es doch nicht?

»Tu es nicht«, sagt sie mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen, wendet sich aber nicht von mir ab. Aber ihr Blick sagt mir deutlich, dass sie es wirklich nicht will.

Enttäuscht lege ich mich wieder hin und starre weiter die Blätter an, die sich kaum merklich bewegen. Ich schlucke schwer und versuche, mit ihrer Abweisung klarzukommen, ohne so wütend zu werden wie früher. Aber ich will wenigstens den Grund wissen. »Warum nicht? Bin ich noch immer nicht gut genug? Oder bilde ich mir diese Anziehung zwischen uns nur ein?«

Sie seufzt leise und nimmt meine Hand. »Liz«, sagt sie knapp.

»Okay«, antworte ich, verschränke meine Finger mit ihren, auch wenn das ein schwacher Trost für das ist, was ich eigentlich mit ihr tun möchte. »Erzähl mir von eurem Pakt«, fordere ich sie auf, um meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Ich habe von dem Pakt nur von Liam und Sam erfahren und weiß, dass es dabei um das Video geht, das Trevor auch mir geschickt hat. Ich war nie unmittelbar davon betroffen, kann mir aber vorstellen, dass der Pakt einige meiner Freunde hart getroffen hat. Cheerleader, die sich plötzlich wie Nonnen benehmen.

Sie sieht mich an und stöhnt leise. »Wirklich?«

»Ich war nicht da, also habe ich nicht viel mitbekommen.«

»Wer hat dir davon erzählt?«

»Meinst du den Pakt oder das Video?«

Lea verzieht das Gesicht, dann lächelt sie, aber ich erkenne dieses Lächeln. Es ist das gleiche, das sie mir immer dann zuwirft, wenn sie über etwas nicht reden möchte, weil es ihr unangenehm ist. »Den Pakt«, sage ich. Das Video habe ich selbst gesehen. Darauf ist eine völlig betrunkene Stella zu sehen, die sich lachend in ein Bett fallen lässt und dann Sex mit Trevor hat, ohne wirklich beteiligt zu sein. Mir ist schlecht geworden, als ich es gesehen habe, denn ich hätte Trevor nicht zugetraut, dass er ein Mädchen benutzt, dass kaum noch bei Verstand ist und dann auch noch ein Video davon verbreitet. Danach habe ich mich gefragt, wie ich mich so in ihm täuschen konnte. Und ich habe mich gefragt, ob wir nicht alle schuld daran sind, dass es so weit gekommen ist. Die Partys, die Mädchen, die wir benutzt haben, unser ganzes Verhalten.

The Distance between usWhere stories live. Discover now