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Meine Prinzipien werfe ich nur ungerne über den Haufen. Vorne weg natürlich, dass ich nicht im Leben Elijah ansprechen würde. Aber wenn ich noch einen Rippenstoß von Clara bekomme, würden sie vermutlich brechen, die Rippen und die Prinzipien.

Wir sind gerade auf der Geburtstagsfeier von Ophelia, ein Mädchen aus der Stufe und auch eine der wenigen, die sich mit Elijah gut versteht, weshalb dieser auch hier ist. Ophelia versteht sich aber eigentlich auch mit allen, sie ist dieses klassische Mädchen von neben an, dass niemanden was tun würde und immer nur nett ist. Deshalb ist es eigentlich fraglich, warum sie sich überhaupt mit Elijah versteht, denn er ist nicht nur struktureller Einzelgänger und Raucher von ihm wird auch gemunkelt, er sei bei der Mafia, isst in seiner Freizeit lebendige Katzen und hat einen Folterkeller. Natürlich bringt da jeder eins und eins zusammen und erkennt, dass Mafia da nur ein Codewort für Satanismus oder Klu-Kux-Klan ist.

Elijah sitzt mit zwei anderen Typen auf einer der Bierzeltgarnituren, sieht dabei verboten gut aus und scheint sich prächtig mit seiner Bierflasche zu amüsieren, während die anderen beiden reden. Der eine ist Sonny, ebenfalls aus unserer Stufe und der einzige, den ich noch als Freund von Elijah bezeichnen würde, der andere ist mit vollkommen unbekannt und irgendwie stört es mich, dass ich den Typen nicht kenne, mit dem Elijah zusammensitzt. Schon als sie gesehen hat, dass Elijah in den Raum gekommen ist, hat Clara mich immer wieder dazu aufgefordert zu ihm zu gehen. Doch ich will nicht. Nichts, aber auch wirklich nichts, würde mich jetzt dazu bringen zu Elijah rüber zu gehen, vor allem nicht wenn er gerade mit Sonny und dem anderen Kerl zusammen sitzt. Nichts, außer vielleicht der Alkohol. Wenn ich zu viel trinke, dann neige ich zu übertriebenem Selbstbewusstsein, so wie die meisten auch. Zum Glück trinke ich nicht besonders viel, nachdem ich dieses Karneval mit Alkoholvergiftung im Sani-Zelt gelandet bin, habe ich mir vorgenommen nie wieder abzustürzen mit bisherigem Erfolg. Nur scheint es so, als wolle Clara nach meinen Rippenbrüchen diese Erfolgsquote auch noch brechen, denn sie weiß, wie ich bin, wenn ich zu viel getrunken habe und sie weiß auch, dass der Alkohol die einzige Möglichkeit ist mich zu Elijah zu bekommen und genau deswegen versucht sie mich abzufüllen. Clara kann manchmal eine echt miese Freundin sein.

Ich würge gerade meinen zweiten Shot Berliner Luft herunter und verziehe angewiedert mein Gesicht, mit Pfefferminzlikör werde ich mich wohl nie anfreunden können. Immer wieder fällt mein Blick aber zurück auf die hintere Ecke in der Elijah und seine Freunde sitzen. Mittlerweile haben sich einige zu uns gesetzt, die Stimmung ist ausgelassen es wird viel gelacht und getrunken und bald, da bin ich mir sicher, wird auch die Tanzfläche unsicher gemacht.

Irgendwann schlägt Ina, ein kleines sommersprossiges Mädchen vor, ob wir nicht alle eine Runde Piccolo spielen wollen, alle bejahen. Eigentlich mag ich Trinkspiele nicht besonderes, was wohl mit meinen bisher schlechten Trinkerfahrungen zusammenhängt. Spiele, die den Konsum von Alkohol fördern und verschönen finde ich blöd. Aber dem Gruppenzwang zu liebe spiele ich doch mit.

Nach kürzester Zeit musste ich trinken, entweder, weil ich männlich bin, etwas Blaues trage, einen L im Vornahmen habe oder nicht genug Star Wars Charaktere kenne. Clara scheint dies zu freuen, weil ich immer Hemmungsloser werde und mittlerweile Elisa von meiner beinahe Sex Geschichte mit einem zwanzigjährigen Franzosen erzähle. Sie bekommt sich vor Lachen nicht mehr ein, scheint aber auch nicht interessiert daran zu sein, dass ich beinahe Sex mit einem Mann gehabt hätte, so viel dazu, dass den Leuten in meiner Schule einfach alles egal ist. Elijah hat sich mittlerweile zu meinem Leidwesen nach draußen verdrück, vermutlich eine Rauchen. Auch Clara schien das nicht zu gefallen, sie versuchte mich danach dazuzubekommen auch nach draußen zu gehen, aber nur über meine Leiche. Jetzt wo ich so hemmungslos bin, sollte ich erst recht nicht Elijah begegnen, ich würde wohl einen schlechten ersten Eindruck machen und mich bis auf die Knochen blamieren.

Joyeux NoëlWhere stories live. Discover now