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Mein Geburtstag ist für mich noch nie was Besonderes gewesen. Während andere sich an dem Tag an dem sie älter werden mit Arbeit, Schule oder Klausuren rumschlagen müssen, ist das stressigste für mich, wenn der Plätzchenteig zu sehr an meinen Händen klebt.

Klar ist der 24. Dezember für die meisten mit einen Haufen Stress, viel Küchenarbeit und Geschenke verpacken verbunden. Ich lasse mich von diesem Stress nicht anstecken, meine Mutter kann weiß Gott für einen Radau machen, weil der Tisch noch nicht gedeckt ist, aber ich bleibe die Ruhe selbst. 

Ich wache relativ früh auf, also für Ferienverhältnisse, trotzdem weiß ich, dass ich vermutlich der letzte bin, der wach ist. Zum Glück kommt meine Familie nicht auf die Idee mich morgens zu wecken und mir dabei eine Torte unters Gesicht zu halten. Ich habe noch nie eine Torte zum Geburtstag gehabt, nur Vanillekipferl.

Meine erste Bewegung am Morgen ist nach meinem Handy zu greifen, das am Ladekabel auf meinem Nachttisch ist. Ich erwarte eine kitschig süße Nachricht für Clara, die sie um punkt Null Uhr verschickt hat. Clara verschickt Geburtstagsnachrichten in der Regel jedes Mal um Mitternacht, warum auch immer. Ich präferiere es zu der Zeit zu schlafen. Ihr Text dieses Jahr fällt länger aus, als sonst, vermutlich, weil dieses Jahr mein 18. Geburtstag ist und 18 ja ein so besonderes Alter ist. Ich muss bei der halben Liebeserklärung schmunzeln und schicke einen Text zurück, in dem ich versuche ebenso kitschig zu sein wie sie. Eine weitere Nachricht habe ich von Gareth bekommen, weniger lang, weniger kitschig, aber trotzdem lieb, auch bei ihm bedanke ich mich. Die restlichen Geburtstagsglückwünsche sind entweder von meiner Familie oder Klassenkameraden und auch eine von Elijah. Mir stockt der Atem, als ich die Nachricht sehe, die er mir geschickt hat.

Elijah: Alles Gute zum Geburtstag, Noel.

Mehr nicht, kein Emoji nur korrekte Zeichensetzung und Grammatik. Ich grinse übers ganze Gesicht, das muss wohl heute der schönste Tag meines Lebens sein. Elijah hat mir zum Geburtstag gratuliert, ist das zu glauben? Kurz stocke ich, als ich überlege, wo er überhaupt meine Nummer her hat, bis der der Gruppenchat unserer Stufe wieder einfällt, er hat glaube ich noch nie etwas reingeschickt.

Ich setze mich langsam auf, lasse kurz meinen Nacken knacken und tapere langsam aus meinem Zimmer. Von unten höre ich schon, wie meine Mutter in der Küche hantiert. Der Küchentisch ist gedeckt, auf meinem Platz stehen eine kleine Blume und eine Kerze. Meine Mutter ist irgendwas am Zubereiten, Corin sitzt gelangweilt am Küchentisch und schaut auf sein Handy und mein Vater ist vermutlich im Wohnzimmer die Zeitung am Lesen.

Corin bemerkt mich zuerst, er grinst, steht auf und kommt auf mich zu. "Alles Gute zum Geburtstag.", gratuliert er mir und zieht mich in eine feste Umarmung, ich muss grinsen. Meine Mutter hat jetzt auch von meiner Ankunft mitbekommen, denn sie legt schnell alles beiseite mich, sobald ich mich von meinem Bruder gelöst habe auch in eine feste Umarmung zu ziehen. "Bon anniversaire, ma puce", murmelt sie in die Umarmung hinein und schluchzt leise, sie wird um Feiertage herum immer tierisch sentimental. Ich setze mich an meinen Platz, während meine Mutter zeternd nach meinem Vater ruft, der mir mit einem Schulterklopfen gratuliert und mich anlächelt.

"Dieses Jahr haben wir ein großes Geschenk für dich, willst du es jetzt oder später?", fragt meine Mutter, die eine dampfende Tasse Kakao vor meine Nase stellt. Es kommt öfters vor, dass meine Eltern es ausnutzen, dass mein Geburtstag und Weihnachten am gleichen Tag ist und das Geld für ein großes Geschenk zusammenlegen. "Heut Abend", entscheide ich mich und nippe an meiner Tasse. Ich bekomme mein Geschenk lieber, wenn die anderen ihre auch bekommen, der Augenblick ist schöner, wenn sich alle freuen. "Okay", meint meine Mutter nur darauf, sie freut sich mehr darüber, wenn ich meine Geschenke auspacke, als ich selber. Trotzdem legt sie ein blaues Päckchen vor mich auf den Tisch. Sie ist immer darauf bedacht, dass ich trotzdem zu jedem Anlass wenigstens eine Kleinigkeit bekomme. Auch Corin wirft mir ein Geschenk in Zeitungspapier verpackt rüber, ich fange es ungeschickt und werfe fast meinen Kakao um.

Joyeux NoëlWhere stories live. Discover now