We Go Up |2|

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Chenle POV

"JISUNG!", schrie ich, als er über den Rand stolperte. Sofort rannte ich zum Rand des Daches und blickte zu ihm herab. Ich sah, wie Jisung in die Tiefe fiel.

"Jisung!", schrie ich ein weiteres Mal, während meine Tränen im Einsatz kamen und meine Augen verließen. Die anderen waren ebenfalls am Rand und sahen dem Jüngsten hinterher. Sie riefen seinen Namen und brachen in Tränen aus. "Nein! Das kann nicht wahr sein! Alles ist ein Albtraum! Ein schrecklicher Albtraum!", schrie ich, meine Tränen hörten nicht auf zu fließen.

Schnell ging ich die Treppen des Gebäudes hinunter und rannte aus dem Hochhaus. Auf der Straße sah ich den Jungen.

Sein Blut strömte überall auf dem Boden. Seine Augen waren geschlossen, er lag leblos auf dem Gehsteig. Sofort lief ich zu ihm und fiel auf die Knie. "Jisung! Sag etwas!", forderte ich und schüttelte an seinen Schultern. "Das kannst du mir nicht antun! Nicht uns! Du hättest noch ein langes Leben vor dir gehabt", rief ich, inzwischen waren meine Freunde auch da und kamen zu uns gerannt.

Ich bemerkte nicht, was um mich geschehen ist. Alles war Nebensache, nur Jisung zählte. "Jisung", flüsterte ich, meine Tränen wurden immer mehr und mehr. "Komm her, Chenle", meinte Mark hinter mir. Ich drehte mich zu ihm um und umarmte ihn fest. "Das alles ist ein Albtraum! Es kann nicht wahr sein! Es darf nicht wahr sein!", schluchzte ich.

Mein Herz schmerzte fürchterlich. Der Schmerz hörte nicht auf, er wurde mit jeder Minute größer.

Mark strich sanft über meinen Rücken, während er selber leise weinte.

Ich hörte die Sirene eines Krankenwagen, welches immer näher kam. Schluchzend löste ich mich von dem Jungen und schaute zum Fahrzeug. Die Sanitäter verließen den Wagen und eilten zu Jisung. Sie versuchten ihn zu retten, doch wir wussten, dass es zu spät war.

Wir kamen zu spät.
Wir kamen zu spät, um ihn zu retten.
Wir waren zu spät, um ihn vor Suizid zu verhindern.
Wir waren die letzten, die ihn noch lebend sahen.
Wir sahen, wie er sich sein Leben genommen hatte.

Mein Gefühl hatte mich schon früher gewarnt, dass etwas nicht stimmte. Seitdem ich umgezogen bin, hatte ich das Gefühl gehabt, dass es ihm nicht gut ging, jedoch dachte ich mir, dass es nicht stimmte, ich mir nur was einbildete und redete mir ein, dass es ihm gut ging. Doch die ganze Zeit litt er, Jisung hatte niemanden bei sich, er war ganz allein und musste alleine diese Schmerzen ertragen. Wir waren nicht bei ihm, ich war nicht bei ihm, niemand war bei ihm.

"Ich werde das ohne dich und den anderen nicht überleben."

Er hatte diesen Satz von damals ernst gemeint. Warum habe ich nicht auf ihn gehört? Warum habe ich nichts unternommen? Warum habe ich nicht an seine Worte geglaubt? Warum habe ich sie nicht ernst genommen? Warum bin ich nicht früher zu ihn gegangen? Warum war ich so dumm?

Ich bekam nicht wirklich mit, was um mich geschehen ist, was meine Freunde taten oder was die Leute, die aufmerksam auf die Situation wurden, machten. Jisungs Worte spielten sich die ganze Zeit in meinem Kopf ab. Ich war mit meinen Gedanken nur bei Jisung und gab mir die Schuld für alles.

"Chenle?", sprach mich jemand an und riss mich zurück in die Realität. Ich drehte mich zu der Person um und stellte fest, dass dieser jemand Renjun war. "Ja?", antwortete ich leise. "Jisung hat uns Briefe hinterlassen", erzählte er. "Am Dach hat er eine Schachtel hinterlassen, worin sich ein Brief für jeden befindet", setzte der Junge fort. Seine Augen waren wässrig. Renjun kämpfte gegen seine Tränen und versuchte, sie zu unterdrücken. Es erinnerte mich an Jisung, als wir uns verabschiedet haben, bevor ich Südkorea verließ. Sofort umarmte ich den Älteren. "Du kannst vor mir weinen. Du musst deine Tränen nicht zurückhalten", flüsterte ich ihm zu. Renjun erwiderte die Umarmung und drückte mich fester, bevor er zum Weinen begann.

NOSTALGIA | NCT DREAMWhere stories live. Discover now