Kapitel 3

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Verblüffend genug, dass Snape es gewagt hatte, sich ihm in den Weg zu stellen, noch verblüffender war, mit welcher Fertigkeit und Geschmeidigkeit er die berserkerhaften Schläge und Stöße des Kriegers parierte. Es war ganz offensichtlich, dass er nicht zum ersten Mal in seinem Leben ein Schwert in der Hand hielt, ja, es schien fast so, als sei er geradezu ein Meister in der Schwertkunst wie auch im Tränkebrauen. Ein Mann mit vielen verborgenen Talenten.

Harry war verwirrt. Ron nicht minder. Es war Snape, der da an ihrer Stelle das Leben ihrer Freundin verteidigte, sich gar gegen den Mann stellte, der der Gründer seines Hauses war. Es war Snape, der gleiche, der sie jahrelang terrorisierte, sie mit seiner Abneigung und Hass geradezu überspülte, der schließlich sogar Dumbledore ermordete – und doch... Hier war er und kämpfte für Hermione.

Severus gelang es unauffällig, Slytherin von Hermione wegzutreiben, so dass er mehr Bewegungsfreiheit hatte. Es war schwierig genug, die Angriffe zu parieren, wenn man Platz hatte, umso mehr, wenn man gezwungen war, seinen Stand zu behaupten, um zu verhindern, dass derjenige, den man schützen wollte, verletzt wurde.

Nichtsdestotrotz... er spürte, dass es eng wurde. Er hatte fast zwanzig Jahre lang Unterricht im Schwertkampf bekommen, und sein Lehrer war nicht der schlechteste gewesen. Aber er hatte nie um Leben und Tod kämpfen müssen, und vor allem, nie gegen einen echten Krieger.

Seine Arme wurden schwer, seine Lungen brannten in dem verzweifelten Bemühen, genug Sauerstoff durch seinen Körper zu pumpen. Dumbledore hatte ihn von frühester Kindheit an dazu bewegt, in guter körperlicher Fitness zu sein, doch die letzten Monate auf der Flucht hatten ihn geschwächt.

Schweiß tropfte ihm in die Augen. Eine heftige Attacke trieb ihn zurück, bis er mit den Beinen gegen den Stein prallte und rückwärts auf den Felsen fiel. Er rollte blitzschnell seitwärts ab, und wo eben noch sein Kopf lag, sauste die Klinge herab, klirrte protestierend bei der Berührung von Metall und Stein.

Noch im Hochspringen schwang Severus sein Schwert in einer von unten nach oben gerichteten Bewegung, und diesmal war es Slytherin, dem es gerade noch so gelang, zurück zu weichen.

Auch er atmete inzwischen schwer, und das kalte Feuer in seinen blauen Augen flackerte. „Warum tust du das, Severus Snape?", fragte er grollend. „Ist sie deine Lady, bist du ihr Ritter? Wenn es nur das ist, das ließe sich arrangieren. Ich suche mir einfach eine andere Jungfrau, deren Blut mich erheben wird!"

Für einen Moment überkam den Tränkemeister der heiße Wunsch zu lachen. Er, der schleimige Mistkerl, der ihr jahrelang das Leben schwer gemacht hatte, die übergroße Fledermaus aus den Kerkern, der bösartige dunkle Mann – plötzlich zum strahlenden Retter der goldenen Jungfrau stilisiert! Seine Lippen kräuselten sich spöttisch. „Sie ist nicht meine Lady, aber ich bin trotzdem ihr Ritter!", antwortete er. „Und nein, du wirst dir auch keine andere Jungfrau suchen!"

Wieder kreuzten sich die Klingen. Schlag folgte auf Schlag, Stoß, Parade, Ausfall, Gegenstoß – Severus spürte, dass er dabei war, zu verlieren. Erschöpfung machte sich in ihm breit, immer schwieriger wurde es, den Krieger abzuwehren.

Die Schläge Slytherins hatten etwas ihrer Wuchtigkeit verloren, waren aber noch immer gnadenlos. Die größere Erfahrung machte sich bemerkbar. Das Leben eines Kriegers, das Kämpfen auf echten Schlachtfeldern, das Töten, das instinktive Erkennen eines Vorteils – selbst als Horkrux beherrschte er die Techniken des Kampfes. Mit grausamer Gelassenheit spürte er eine kurze Unkonzentriertheit bei dem dunklen Mann, der es gewagt hatte, sich gegen ihn aufzulehnen.

Seine Klinge schlug einen kurzen Bogen und schoss dann hervor wie der Kopf einer Schlange. Severus hatte nicht mehr genug Kraft, das Schwert seines Kontrahenten vollständig abzuwehren, er versuchte noch, mit einer Drehung auszuweichen, doch es war zu spät. Die Schwertspitze fraß sich in seine Seite und richtete unwiederbringlich Schaden an. Blut schoss hervor, als Slytherin seine Waffe zurückzog, und der Tränkemeister taumelte gegen die Wand.

A snake, with a Gryffindors heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt