Kapitel 63

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Bereits am nächsten Tag begann das Training für die höheren Klassen in Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Harry hatte Hermione gebeten, ihn zu unterstützen, und sie hatten zusammen über eine Menge Flüche und Gegenflüche entschieden, die ihnen nützlich vorkamen.

Harry würde jeden Abend zwanzig Leute unterrichten, nicht immer dieselben, da es sich um fast hundert Schüler handelte, die im entsprechenden Alter waren, und er außerdem auch mit Remus Lupin durchwechselte.

Ron hatte geschmollt, bis ihm Hermione erklärt hatte, dass er besser Remus unterstützen sollte, der mit Sicherheit noch einen kompetenten Kämpfer brauchen würde. Ron hatte seine Bemühungen um Hermione wieder aufgenommen, obwohl sie ihm bereits vor einem halben Jahr versichert hatte, dass sie in ihm einen ihrer besten Freunde sah – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Er war manchmal unerträglich stur, aber seit sie wieder nach Hogwarts zurückgekommen war, hatte sie so viel um die Ohren gehabt, dass sie nur wenig Gelegenheit gehabt hatte, sich um Ron – oder was das betraf, auch ihre anderen Freunde – zu kümmern.

So genoss sie die Zeit, die sie jetzt mit Harry und den anderen verbrachte, auch wenn das bedeutete, dass sie sich unerbittlich mit Flüchen beschäftigen musste; sie musste ausweichen, angreifen, Schutzschilde kreieren, und vor allem andere Schüler – meist die Fünftklässler – davon abhalten, sich selbst oder andere in die Luft zu jagen.

Dementsprechend erschöpft klopfte sie an diesem Abend an die Tür von Severus Snape, um ihren „Strafarbeiten" nachzukommen. Als auch nach einer Minute noch niemand öffnete, wisperte sie Constant vigilant und ließ sich selbst ein. Der Raum war nur durch ein paar Kerzen erleuchtet und bis auf Amigo, der auf seinem Pfosten schlief, leer.

Hermione runzelte die Stirn. Sie hatte den Tränkemeister bis auf die Mahlzeiten abgesehen heute noch nicht zu Gesicht bekommen, doch sicherlich hätte er sie benachrichtigt, wenn er diesen Abend etwas anderes vorgehabt hätte.

Hermione ließ sich seufzend in einem der Sessel vor dem Kamin fallen. Sie hatte sich heute Morgen von Poppy wieder Blut abnehmen lassen, und sie hatte einen anstrengenden Tag hinter sich.

Sie rieb sich die Augen und lehnte ihren Kopf zurück. Sie war so müde...

So fand sie eine halbe Stunde später Severus, der sich dafür verfluchte, ihr nicht Bescheid gegeben zu haben, dass er sich verspäten würde. Er war im Verbotenen Wald gewesen und hatte mit Bane geredet, dem Anführer der Zentauren.

Wie immer war es in langwierige Andeutungen ausgeartet, doch er hatte nicht gewagt ungeduldig zu sein noch sich in Gedanken an Hermione zu wenden.

Zentauren waren außerordentlich sensitiv und merkten sofort, wenn jemand Legilimens anwendete; da sie dazu noch außerordentlich paranoid waren, glaubten sie natürlich auch, es würde auf sie angewendet. Das hätte eine Art Supergau bedeutet, und die Gespräche mit den Zentauren waren zu wichtig, als das er sie durch so etwas hätte gefährden wollen.

Aus einem nur ihnen selbst bekannten Grund akzeptierten die Zentauren lediglich Hagrid, Dumbledore und ihn selbst, und sie hatten ihn als Gesprächspartner ausgesucht.

Sie waren zu wichtig für den weiteren Verlauf in diesem Krieg, um ihre Forderungen zu vernachlässigen, denn wenn sie sich entschließen würden, sich einer Seite zuzuwenden, wären sie verlässliche, loyale Verbündete und Kämpfer ohnegleichen.

Severus ließ sich in dem anderen Sessel nieder und betrachtete die junge Gryffindor, die mittlerweile einen Großteil seiner Gedanken beherrschte.

Er hatte nicht gelogen, als er ihr gesagt hatte, dass er nie zuvor eine Freundin wie sie gehabt habe, und das, so vermutete er, war das Problem. Er hatte keine Ahnung, was von ihm als Freund erwartet wurde, oder was er erwarten sollte.

Wie konnte man zugleich Lehrer und Freund sein? Wie schaffte es Remus so scheinbar mühelos, diese beiden Aspekte zu verbinden? Er wusste, dass das Goldene Trio den Werwolf verehrte und respektierte, und dass Lupin ihre Gefühle erwiderte und trotzdem eine gewisse Distanz als Lehrer einhalten konnte.

Er rieb sich das Kinn. Zumindest was diese junge Frau anging, war er sich nicht sicher, inwieweit er noch Distanz halten konnte. Er genoss die Abende, seit sie ihn regelmäßig besuchte, er liebte es, mit ihr zu reden oder Antworten auf Fragen zu suchen, die sich vor ihnen noch nie jemand gestellt hatte.

Ihr Gehirn arbeitete mindestens so schnell und geradlinig wie seines, und er konnte sich darauf verlassen, dass sie seinen Anweisungen beim Brauen prompt und präzise nachkam. Er konnte sich in ihrer Anwesenheit entspannen; und sie war die einzige, mit der er Billard spielte. Lautlos erhob sich Severus wieder und verschwand im Nebenraum.

Nur Minuten später erwachte Hermione von einem köstlichen Duft. Sie schlug die Augen auf. Severus saß in dem anderen Sessel und beobachtete sie, während er gedankenverloren an einem Krug nippte. Vor ihr auf dem kleinen Tisch stand ein weiterer Krug, und sie erkannte augenblicklich das von ihm verbesserte Butterbier.

Sie richtete sich hastig auf. „Es tut mir Leid...", begann sie, doch er hob nur abwehrend die Hand und nickte dann auffordernd zu dem Krug.

„Ich habe mich verspätet, dir braucht gar nichts Leid zu tun. Wie hat Harry seine Okklumentikstunde verkraftet?"

„Erstaunlich gut, wenn er auch sehr still war." Sie trank von ihrem Butterbier und lächelte ihn dann strahlend an.

Dann überrumpelte ihn ihre Frage. „Warst du ein guter Sucher, Severus?"

Beinahe hätte er sich verschluckt. Verdammt, die Kleine war fast so hinterfotzig wie der Dunkle Lord! „Wovon redest du? Hat man dir einen Plapperfluch verpasst?"

„Harry glaubt, dass du Quidditch gespielt hast, und weißt du, was seltsam ist? Im Pokalzimmer fehlen all die relevanten Jahre, die du hier gelernt hast!"

Der Tränkemeister starrte sie mit finsterem Blick an, und dann murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen etwas von „unerträglichen, sich einmischenden, ihre schnüffelnden Nasen überall hineinsteckenden, schrecklich neugierigen Gryffindors".

Ihm gefiel auch nicht der selbstzufriedene Blick des Mädchens, als sie sagte: „Ich habe also Recht gehabt. Du warst Sucher. Und du warst verdammt gut, mindestens so gut wie James und Harry Potter."

Es reichte. Er sprang auf, packte sie und zerrte sie aus dem Sessel, warf sie sich über die Schulter und trug sie trotz ihres Protestes und Strampelns zur Tür.

„Raus!", fauchte er, über das wütende Kreischen des abrupt aus dem Schlaf gerissenen Falken hinweg. „Und komm erst wieder, wenn dir klar ist, was der Begriff „Privatsphäre" bedeutet!"

Er warf ihr die Tür vor der Nase zu und stampfte wütend in sein Schlafzimmer, wo er sich an seine Stange hängte und Klimmzüge machte, bis seine Arme brannten.

Doch die ganze Zeit über nistete die verräterische Erkenntnis in seinem Hinterkopf, dass es ein sehr angenehmes Gefühl gewesen war, den warmen Körper des Mädchens beim Tragen an seinem Körper zu spüren, und er wurde noch wütender.

A snake, with a Gryffindors heartWhere stories live. Discover now