Windherz' Sternenpfoten || Überarbeitet

Die Schülerzeremonie

Als sie wieder im Lager waren, verschwand Froschsprung sofort mit Rose im Schlepptau in Liliensterns Bau.
Etwas beunruhigt war Windjunges ja schon. Auch wenn sie das kleine Hauskätzchen noch nicht lange kannte, hatte sie eine Zuneigung zu ihm entwickelt und Rose schätzen gelernt. Sie bewunderte den Mut der Kätzin und die Entschlossenheit und Offenheit mit der sie den Katzen begegnete, die sie erst seit sehr kurzer Zeit kannte. Und auch wenn sie sich noch nicht sicher war, ob ein Hauskätzchen sich an ein Leben in der Wildnis gewöhnen konnte, hoffte sie doch, dass Lilienstern Rose bleiben ließ. Immerhin kämpft sie fast so gut wie Flusspfote und ist genauso mutig wie Nachtherz!
Sie und Vogeljunges hatten kein Wort darüber verloren, doch das mussten sie auch nicht. Windjunges kannte ihre Schwester so gut, dass sie wusste, dass diese das Gleiche dachte.
Die Unwissenheit darüber, was gerade in Liliensterns Bau vor sich ging, machte beide nervös und unruhig strichen sie unter dem Versammlungsast hin und her. Schweigend ignorierten sie so gut es ging Mondjunges, Aschenjunges, Hageljunges und Flammenjunges, die natürlich alles wissen wollten, obwohl die Schwestern es schon fünfmal erzählt hatten, doch Rose und Froschsprung tauchten lange nicht auf.

Als sie es schließlich aus Liliensterns Bau rascheln hörte, lag Windjunges mit Vogeljunges unter dem Versammlungsast in der Sonne und sah amüsiert zu, wie Mondjunges sich mit Flammenjunges balgte während Hageljunges vergeblich an Aschenjunges herumzerrte, der daneben saß und eifersüchtig zu seiner Schwester herüber starrte.
Die vier hatten es schließlich aufgegeben, die Schwestern mit Fragen zu nerven und diese waren darüber sehr dankbar gewesen. Ein bisschen Zeit zu zweit, das war es, was sie jetzt brauchten.
Windjunges blickte zur Öffnung des Baus und sah Froschsprung, Lilienstern und Rose heraus treten.
Die kleine Kätzin tappte mit steil aufgerichtetem Schwanz hinter den Anführern her, ihre Augen leuchteten stolz und ihr Nackenfell hatte sie aufgeregt gebauscht. Als sie Vogeljunges und Windjunges bemerkte, rannte sie sofort auf die Schwestern zu, die schnell auf die Pfoten kamen.
„Ich glaub' s nicht!" rief Rose schon von weitem. „Ich werde in den Clan aufgenommen! Froschsprung hat Lilienstern erzählt, dass ich euer Territorium verteidigt habe! Er hat mich mutig und stark genannt und eine Bereicherung für den Clan!" Überglücklich sprang sie um Vogeljunges herum, die ebenfalls zu hüpfen begann.
„Ich wusste es doch!" rief sie und leckte ihrer neuen Freundin übers Ohr.
„Glückwunsch!" Windjunges tat es ihrer Schwester gleich. Alle ihre Zweifel waren ausgelöscht. Wenn Froschsprung und Lilienstern beide von dem kleinen Hauskätzchen überzeugt waren, konnte sie gar nicht nicht zum Clan gehören.
Rose konnte gar nicht aufhören zu schnurren. „Sie werden mich jetzt offiziell in den Clan aufnehmen!" rief sie begeistert und hielt dann inne, als Froschsprung sie mit dem Schwanz zu sich winkte. „Oh, ich muss gehen." Sie schleckte Windjunges und Vogeljunges schnell übers Ohr, dann sprang sie mit großen Sätzen zu dem Zweiten Anführer hinüber.
Windjunges sah Vogeljunges glücklich an. „Sie hat es geschafft!" Die Schwestern bebten, so sehr schnurrten sie.
In diesem Moment sprang Lilienstern über ihnen auf den Versammlungsast. „Alle Katzen, die alt genug sind ihre Beute selbst zu erlegen, fordere ich auf, sich hier unter dem Versammlungsast zu versammeln", rief sie.
Windjunges und Vogeljunges sahen sich an und suchten sich freudig juchzend einen guten Platz zwischen ihren Clangefährten, die nun von allen Seiten auf die Lichtung strömten.
Windjunges fand sich neben Aschenjunges in einer der vorderen Reihen wieder, wo sie einen guten Blick auf das Geschehen hatte. Schnell hielt sie Ausschau nach ihrer Schwester und sah, dass Vogeljunges ein paar Katzen weiter bei Mondjunges saß, die einen Platz neben ihrem Vater ergattert hatte, wo auch Rose hockte und mit nervös zuckenden Schnurrhaaren die Krieger musterte, die um sie herum standen.
Aschenjunges folgte ihrem Blick. „Ist das die Neue?" fragte er.
Windjunges nickte. Ihr war bewusst, dass sie nicht die Einzigen waren, die die kleine Kätzin beobachteten.
„Ist sie nett?" fragte Aschenjunges weiter.
„Ja, sehr."
„Und sie hat sich wirklich mit Finsterkralle angelegt?"
„Ja, hab ich dir doch schon fünfmal gesagt!"
„Sie sieht gut aus."
Windjunges unterdrückte ein belustigtes Schnurren. „Ja, tut sie. Und sie sieht zu dir rüber."
Neben ihr zuckte Aschenjunges zusammen und leckte sich verlegen das Brustfell. Rose hatte tatsächlich zu ihm herüber gesehen. Als sie nun seine Blicke bemerkte, sah sie ebenfalls verlegen zu Boden.
Windjunges schnurrte belustigt und auch Mondjunges und Vogeljunges stupsten einander neckisch an.
„Ich bin nur neugierig..." murmelte Aschenjunges.
Windjunges kicherte. „Hat auch niemand was anderes behauptet."
Endlich begann Lilienstern zu sprechen und beanspruchte damit alle unnötige Aufmerksamkeit Roses für sich.
„Katzen des Clans", begann sie und erhob ihre Stimme klar über das Gemurmel der LichtClan Katzen, die langsam verstummten. „Wir haben uns hier versammelt, um ein neues Clan Mitglied willkommen zu heißen und endlich auch die Schülerzeremonie zu Ende zu führen, die heute Morgen so unhöflich von einer Bande SturmClan-Streuner unterbrochen wurde."
Ein Raunen wanderte durch die Katzen.
Windjunges Fell prickelte und neben ihr begannen Aschenjunges Schnurrhaare zu zittern. Ich werde Schülerin! Rose wird Schülerin! Wir alle werden Schüler!
Lilienstern ging nicht auf die misstrauischen Blicke oder das nervöse Getuschel ein, das ihrer Ankündigung, Rose in den Clan aufzunehmen folgte. In aller Seelenruhe erzählte sie, was auf der Patrouille passiert war.
Windjunges sah, wie ihre Clangefährten Rose erstaunte und bewundernde Blicke zuwarfen. Zu ihrer Überraschung schienen sie die kleine Kätzin willkommen zu heißen. Und auf Liliensterns Frage, ob irgendwer Einwände gegen Rose Aufnahme in den Clan habe, gab es nur stummes Kopfschütteln.
Zwar war Windjunges klar, dass sie der Kätzin nicht sofort vollkommen vertrauen würden, doch sie wusste, dass sie Liliensterns Urteil vertrauten. Nun, da ihr diese bedingungslose Loyalität des Clans ihrer Anführerin gegenüber bewusst wurde, begann sie, Lilienstern noch mehr zu schätzen. Dieser Kätzin würden wir überall hin folgen. Und wenn sie sagt, dass Rose es verdient hat, in den Clan aufgenommen zu werden, dann werden wir dieses Urteil bis aufs Blut verteidigen und dahinter stehen. Jetzt muss Rose nur noch beweisen, dass sie dieses Vertrauen verdient. Und ich bin mir sicher, das wird sie.
„Rose tritt vor." Lilienstern begann wieder zu sprechen. Totenstille folgte ihren Worten. Gebannt beobachteten die Katzen, wie Rose gemessenen Schrittes auf die Anführerin zuging. Nur das leichte Zittern ihrer Pfoten verriet ihre Aufregung.
„Ich werde dich nun zu einer LichtClan Schülerin ernennen", miaute Lilienstern klar und deutlich. „Von diesem Tag an, bis du dir deinen Kriegernamen verdient hast, wirst du Adlerpfote heißen." Ihre Augen glitten grün die Reihen der Krieger entlang, bis sie den gefunden hatte, den sie suchte.
„Goldauge, du bist ein tapferer und loyaler Krieger. Ich bin sicher, dass du Adlerpfote zu einer würdigen und loyalen LichtClan Kriegerin ausbilden und all dein Wissen an sie weitergeben wirst."
Windjunges sah, wie Adlerpfotes Augen leuchteten, als sie sich suchend nach dem dunkelgrauen Kater umdrehte, der vorgetreten war um sie Nase an Nase zu berühren. Es war dieselbe Geste, wie sie allen vollwertigen LichtClan Schülern zuteil wurde, und die Kätzin wusste, wie viel diese Tradition bedeutete. Adlerpfote war nun ein akzeptiertes Mitglied des Clans.
Sie und Goldauge stellten sich nebeneinander unter den Versammlungsast und warteten auf Liliensterns weitere Anweisungen. Die schnurrte zufrieden und wandte sich nun wieder dem Clan zu.
„Und nun zu den LichtClan Jungen", begann sie. „Vogeljunges, Windjunges, Mondjunges und Aschenjunges, tretet vor!"
Zitternd tat Windjunges, wie ihr geheißen. Sie traute sich nicht, irgendeiner Katze in die Augen zu schauen. Dies war der Moment, auf den sie sechs Monde lang gewartet, und den sie gleichzeitig so gefürchtet hatte.
„Mondjunges", fuhr Lilienstern fort. „Von diesem Tag an wirst du Mondpfote heißen. Bis du dir deinen Kriegernamen verdienst wird Sternenglanz deine Mentorin sein."
Mondpfote drehte sich zu der gestreiften Kriegerin um. Sternenglanz' Augen leuchteten, als sie die gefleckte Schülerin mit der Nase berührte.
„Aschenjunges" Lilienstern lächelte ihn an. „Du wirst ab jetzt Aschenpfote heißen. Eichenkralle wird dein Mentor sein."
Aschenpfote und Eichenkralle berührten sich. Beide schnurrten sie und Aschenpfotes Augen leuchteten. Windjunges wusste, dass Eichenkralle sein großes Vorbild war.
„Und nun zu Vogeljunges."
Gebannt folgte Windjunges Liliensterns Worten. Ihre Schwester zitterte vor Aufregung. Sacht berührte sie sie mit der Schwanzspitze.
„Du wirst jetzt Vogelpfote genannt werden. Dein Mentor wird Sonnenpelz sein."
Stolz sah Windjunges ihrer Schwester nach, die zu Sonnenpelz hüpfte, um die rituelle Berührung zu vollziehen. Einen Moment lang schwebte sie in Vogelpfotes Glück, dann wurde ihr klar, dass sie nun an der Reihe war.
„Windjunges."
Sie stolperte zwei Schritte nach vorne. Abwechselnd wurde ihr heiß und kalt.
„Du hast dich entschlossen, den Weg einer Heilerin zu gehen." Weil ich keine Wahl hatte!
„Du wirst Minzblatts Schülerin und von nun an Windpfote genannt werden."
Jetzt gab es kein Zurück mehr. Lilienstern hatte die Worte gesprochen, die ihr Leben in die Richtung gelenkt hatten, die sie immer verachtet hatte. In Richtung des Heilerbaus.
Aber trotz ihres Frusts, wegen ihrer späteren Laufbahn, war Windpfote doch froh, endlich Schülerin zu sein. Mit hoch erhobenem Kopf tappte sie zu Minzblatt und presste ihre Nase an die der Heilerin. Aus dem Augenwinkel sah sie die glücklichen Blicke ihrer Eltern, dann verschwamm das Bild und sie blinzelte hektisch die Tränen weg, die sich vor ihren Augen gesammelt hatten.
„Ich bin froh, dass du dich so entschieden hast", flüsterte Minzblatt.
Unmerklich zuckte Windpfote zusammen. Nun ist es vorbei, mit meinem Traum eine Kriegerin zu werden...