Die Bergwerkleute

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Nachdem durch die Taucher die Gefahr einer Wärmeexplosion verhindert worden war, standen die Wissen-schaftler schon vor einem neuen Problem. Wenn die Lava die Tanks erreichen würde, dann bestünde die Gefahr, dass sie bis ins Grundwasser hinab sickern würde. Das hätte be-deutet, dass die gesamte Hauptgrund-wasserversorgung der ganzen Ukraine verseucht worden wäre. Deswegen entwarf man einen Plan für einen Wärmetauscher, indem man eine Kammer unter der Betonplatte grub, um diese dann mit Stickstoff zu füllen, dies würde der Lavamasse entgegen zu wirken. Und um diesen Plan umsetzen zu können, brachte man mehr als 400 Bergwerkarbeiter aus einem Bergwerk im russischen Tula, nach Tschernobyl. Zuerst mussten sie, in 12 Meter Tiefe, einen 136 Meter langen Tunnel graben, bis zur betroffenen Betonplatte. Dann einen Hohlraum ausheben mit einem Rauminhalt von rund 4'500 Kubikmetern. Danach füllte man die ausgehobene Kammer mit flüssigem Stickstoff.

Die Bedingungen, unter denen die Bergleute arbeiten mussten, waren schrecklich. Wegen der Gefahr, den Boden, auf dem der 4. Reaktorblock stand, noch mehr aufzubrechen, durften man nicht mit schweren Geräten arbeiten, sondern nur mit Spitzhacken und Schaufeln. Dazu die enorme Hitze, die teils bis 50 Grad Celsius betrug und der Umstand, dass sie keine Kühlung mithilfe von Ventilatoren erzeugen konnten, da dies nur mehr des schon vorhandenen radioaktiven Staubs aufgewirbelt hätte. Die Bergleute waren im Tunnel immerhin einigermassen vor der Strahlung geschützt, da er 12 Meter in der Tiefe lag. Innerhalb von wenigen Wochen, waren sie mit dem Bau fertig geworden. Dieser Wärmetauscher musste zum Glück jedoch nie in „Betrieb" genommen werden, da die Lavamasse nicht bis zur dieser Betonplatte hinab geschmolzen war, sondern von selbst abgekühlte. Bis heute starben schon viele Bergleute von damals an den Spätfolgen der Strahlung. Sie waren zwar im Tunnel relativ sicher vor der Strahlung, aber sie gingen oft raus, um zu rauchen oder um wieder Kraft zu tanken. Einige von ihnen leben noch heute. Viele sehen diese Aktion heute als ein Himmelfahrtskommando an, doch die Bergleute sind noch immer Stolz, auf das was sie damals geleistet haben. Ein ehemaliger Bergarbeiter, der dort in Tschernobyl bei dem Bau des Tunnels und der Kammer mitgeholfen hatte, Vladimir Naumov, sagte letztes Jahr folgendes dazu:

Wer ausser uns Bergleuten hätte gehen sollen? Ich und meine Kollegen wurden so erzogen. Nicht, dass wir zum Sterben dorthin gegangen wären, wir sind dorthin gegangen, um Leben zu retten!"

Die Helden von TschernobylWhere stories live. Discover now