17 | Gestörter Filmabend

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2.860 Worte

Während der Heimfahrt gehen mir seine Worte nicht mehr aus dem Kopf. Was hat er damit gemeint, dass er mich vielleicht verstehen kann?

War er etwa auch mal fett? Oder wurde gemobbt?

Ich schüttle den Kopf. Beides vollkommen absurde Vorstellungen. Reece war niemals übergewichtig und wurde garantiert auch nie gemobbt. Wofür denn auch? Jeder an unserer Schule himmelt ihn an. Ganz die amerikanische Highschool-Legende.

Und doch - welchen Schluss soll seine Aussage sonst zulassen?

Frustriert puste ich mir eine imaginäre Strähne aus der Stirn. Spekulationen bringen mich nicht weiter, aber nach seiner Aussage ist Reece aus dem Becken geklettert und in der Männerdusche verschwunden - ohne meine Reaktion abzuwarten.

Als ich mit dem Auto in unsere Einfahrt einbiege, bin ich immer noch zu keinem Schluss gekommen. Erschöpft von dem Gedankenkarussell in meinem Kopf lege ich meine Hände oben auf das Lenkrad und lehne meine Stirn dagegen.

Der Großteil in mir will nicht glauben, dass Wahrheit in Reece' Worten stecken könnte. Er gehört schließlich zu Gingers Clique und noch viel wichtiger - Sammy hält nicht viel von ihm. Auf der anderen Seite aber ist da der Reece, der weggeht, wenn Ginger mich bloßstellt, der sie mit der Mailboxnachricht zum Umdenken bewegen wollte und der sich selbst im Weg steht.

Welche Seite ist glaubwürdiger?

Plötzlich kommt mir eine Gedanke und ich hebe abrupt den Kopf. Sammy kann mir sagen, ob Reece früher übergewichtig war oder gemobbt wurde. Er war mit ihm befreundet, er weiß die Antwort ganz sicher.

Morgen vor der Schule werde ich ihn fragen.

🍭🍭🍭🍭🍭

»Hey, hast du Lust heute Abend zu mir zu kommen? Wir könnten einen Film schauen«, begrüßt mich mein bester Freund vor dem Schulgebäude.

»Klar, warum nicht? Ich muss mich allerdings erst noch um Shira kümmern.«

»Dabei kann ich dir helfen.«

Ich lächle dankbar und hake mich bei Sammy unter, während wir ins Gebäude schlendern. Dann beschließe ich mit der Tür ins Haus zu fallen. »Sag mal, weißt du, ob Reece jemals übergewichtig war oder fertig gemacht wurde?«

Bei der Erwähnung seines ehemaligen Freundes versteift Sammy sich ein wenig. Misstrauisch fragt er: »Wieso fragst du?«

Ich zucke mit den Schultern und versuche gleichgültig zu klingen. »Er hat gestern beim Schwimmen so was angedeutet.«

»Aha.« Sammy klingt nicht überzeugt. Ohne Vorwarnung bleibt er stehen und wendet sich mir zu. »Hör mal, Gio, Reece ist vielleicht nicht so perfekt, wie alle hier glauben, aber das heißt nicht, dass man ihm vertrauen kann. Es wäre wirklich besser, wenn du dich von ihm fernhältst.«

Das ist mir Antwort genug. Es steckt also tatsächlich Wahrheit in seinen Worten.

»Versprichst du mir das?«

Ich seufze und schaue zur Seite. Das kann ich ihm nicht versprechen. Nicht, wenn tatsächlich die Chance besteht, dass Reece mich verstehen könnte. »Sammy ... « Ich stoppe. Wie mache ich ihm bewusst, dass ich mich beim Schwimmen auch weiterhin mit Reece unterhalten werde? »Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber Menschen ändern sich. Und vielleicht hat Reece sich ja geändert.«

Er schnaubt. »Das hat er sicher nicht. Warum vertraust du mir nicht einfach?«

»Weil ich eigene Erfahrungen machen möchte. Du wolltest doch, dass ich offener werde.«

More than meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt