22 | Nicht den gleichen Fehler

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A./N.: Als allererstes möchte ich euch für eure super lieben Kommentare zum letzten Kapitel danken. Die haben mich wirklich, wirklich gefreut. Vielen Dank ❤

2.285 Worte

Nachdem Sammy ohne ein Wort an mir vorbeigegangen ist, verschwindet der restliche Schultag im Nebel. Ich rutsche irgendwie durch die Stunden ohne zu bemerken, wie viel Zeit vergeht.

Das Zerwürfnis mit Sammy überschattet alles, sogar meine Angst vor dem Sportunterricht, den ich ebenso unbehelligt wie letzte Woche überstehe. Ginger scheint auf Wolke 7 zurückgefunden zu haben. Wahrscheinlich hat Reece ihr wieder seine Aufmerksamkeit geschenkt, nachdem das letzte Woche kurz ausgeblieben ist.

Zu Hause erledige ich meine Hausaufgaben und schleppe mich irgendwie bis zum Abend. Eine Stunde früher als sonst mache ich mich auf den Weg zur Schwimmhalle, weil Schwimmen das einzige ist, was mich jetzt noch ablenkt.

Am Eingang überlege ich, ob ich nur eine Stunde bleibe und danach gehe – dann würde ich Reece allerdings nicht treffen – oder ob ich noch für eine zweite Stunde bezahlen soll. Ich entschließe mich, heute zur Abwechslung zwei Stunden zu bleiben und steige wenig später umgezogen ins Wasser.

Einige Minuten halte ich mich einfach nur am Beckenrand fest, schließe die Augen und lege den Kopf in den Nacken, sodass mein Pferdeschwanz im Wasser treibt. Ich lasse alles von mir abfallen – Sammy, Reece, Addison, Ginger, meine Sorgen um mein Gewicht – und konzentriere mich nur auf das warme Wasser um mich herum.

Als ich das Gefühl habe, dass alle Probleme jetzt ganz weit weg sind, öffne ich die Augen und fange an, meine erste Bahn zu schwimmen. Die erste Stunde vergeht wie im Flug. Es gibt nur mich, das Wasser und meine Schwimmzüge. Ich bin so in meinen Rhythmus versunken, dass ich gar nicht bemerke, wie Reece irgendwann mit einem eleganten Kopfsprung neben mir ins Wasser springt. Erst als er mich von der Seite anspricht, falle ich ruckartig ins Hier und Jetzt zurück.

»Bist du schon länger hier?«

Ich zucke zusammen und halte in meiner Schwimmbewegung inne. Irritiert schaue ich ihn an. »Bist du nicht noch sauer auf mich, weil ich dich doch angeblich verurteile?«

Er senkt den Blick auf die Wasseroberfläche zwischen uns. »Theoretisch schon, aber ... « Er stoppt. » ... aber ich habe gesehen, dass es dir schlecht geht. Also heute in der Schule. Deswegen wollte ich nachfragen.«

Zum ersten Mal an diesem Tag macht mein Herz einen Satz vor Freude. Reece hat mich beobachtet. Und nicht nur das, er hat sogar erkannt, dass es mir nicht gut geht.

»Und wenn du mich jetzt so fragst, glaube ich vielleicht, dass ich deine Reaktion missverstanden haben könnte. Ich schätze, ich schulde dir schon wieder eine Entschuldigung.«

Ein zartes Lächeln, das sogar meine Augen erreicht, wandert über meine Lippen. »Nein, schon okay. Ich habe dich so lange wegen der Mailbox Nachricht verurteilt. Ich denke, jetzt sind wir quitt.«

Er nickt und lächelt, dann macht er mit seinem Kopf eine Bewegung zum oberen Ende der Bahn. »Komm, lass uns zum Beckenrand schwimmen. Da kann man sich leichter unterhalten.« Ohne auf eine Antwort zu warten zieht er sich seine Taucherbrille ins Gesicht und anstatt wie sonst vorweg zu schwimmen, schwimmt langsam neben mir her. So dicht, dass sich unsere Hände einmal kurz streifen. Sofort entschuldigt er sich, doch ich stelle fest, dass es mir gar nichts ausmacht.

Aber das behalte ich für mich.

Am Rand angelangt halte ich mich mit den Fingern fest. Reece legt einen Arm nach draußen und schiebt mit der anderen Hand die Taucherbrille nach oben in die Haare. Aufrichtig interessiert schaut er mich aus seinen klaren, intensiv blauen Augen an. Ich weiß nicht, was er von mir erwartet, deshalb schweige ich und weiche seinem durchdringenden Blick aus, der irgendetwas ganz tief in mir drin erwärmt.

More than meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt