VII

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Es passierte in der Nacht, ungefähr eine Woche nach dem Ball.

Nach einem anstrengenden Montag, an dem ich mich in der individuellen Stunde mit M. Aprice verausgabt hatte, war ich abends völlig ausgelaugt ins Bett gegangen und sehr schnell eingeschlafen. Ich konnte nicht sagen, wie lange ich geschlafen hatte, doch ich wurde mitten in der Nacht wach, weil zwei schlanke Hände an mir rüttelten.

Verschlafen räkelte ich mich und öffnete meine vom Schlaf verklebten Augen. Leela war über mich gebeugt und sah mich angsterfüllt an.

„Da ist jemand vor unserer Tür", wisperte sie mit großen Augen.

„Was?", fragte ich schlaftrunken nach, denn ich war noch viel zu zerstreut und nicht ganz da.

„Da ist jemand an unserer Tür", wiederholte Leela und sah ängstlich zu dem Eingang unseres Zimmers. Ich wurde ein wenig wacher und setzte mich hin, folgte Leelas Blick und begutachtete ebenfalls die Tür. Es war nichts zu sehen – logischerweise, die Tür war schließlich zu und auch abgeschlossen – doch ich konnte auch nichts hören.

„Wie kommst du darauf?", wollte ich wissen, „da ist keiner."

„Doch", an der Art, wie Leela immer wieder zur Tür sah und wie sie sich verhielt, wurde mir schnell klar, dass sie mich nicht auf den Arm nehmen wollte und wirklich Angst hatte, „ich war auf der Toilette und als ich zurück war und mich ins Bett gelegt habe, hat jemand die Klinke nach unten gedrückt."

„Vielleicht sind es ja Amy oder Trish", vermutete ich, achtete jedoch, möglichst leise zu sprechen. Leela setzte sich neben mich auf die Bettkante und schüttelte furchtsam den Kopf.

„Die hätten doch geklopft oder vorher eine Nachricht geschrieben – oder uns vor dem ins Bett gehen Bescheid gesagt und nicht einfach die Klinke nach unten gedrückt", wandte sie ein und ich nickte. Da hatte die jüngere Luftbändigerin durchaus recht.
„Dann hat sich vielleicht jemand in der Tür geirrt, der eine heimliche Verabredung hat?", versuchte ich es erneut. Bevor Leela antworten konnte, ertönte jedoch ein leises Geräusch an der Tür und sowohl mein, als auch Leelas Kopf schossen herum. Wir hatten es also beide gehört. Wie gebannt starrten wir zur Tür zu unserem Zimmer und tatsächlich drückte jemand von außen sehr, sehr langsam und vorsichtig die Türklinke nach unten. Ich hielt den Atem an und Leela neben mir zog ihre Knie an die Brust. Unter anderen Umständen wären wir wohl nicht so schreckhaft gewesen, doch die Vorkommnisse des letzten Jahres hatten ihre Spuren hinterlassen – nicht umsonst schlossen wir nachts immer ab.

„Wer ist das?", presste Leela panisch hervor und ich zuckte nur ratlos mit den Schultern. Die Person auf der anderen Seite der Tür ließ die Klinke langsam wieder nach oben gleiten, ohne dabei ein Geräusch zu verursachen und ich bekam den Verdacht, dass wer auch immer vor der Tür stand, davon ausging, dass wir noch schliefen und genau das wollte.

„Er glaubt, dass wir noch schlafen und will uns nicht wecken", wisperte Leela, als hätte sie meine Gedanken gelesen und ich nickte.

„Das ist ganz sicher niemand von unseren Freunden", schlussfolgerte ich, „die würden nicht so herumschleichen, nicht einmal die Jungs."

„Was ist, wenn der uns umbringen will?", wisperte Leela, „wir müssen Hilfe rufen."

„Witzbold", entgegnete ich, ebenfalls im Flüsterton, „wie willst du das anstellen? Wir können schlecht um Hilfe schreien, ohne, dass auch der da draußen uns hört."

„Wir könnten Amy und Trish schreiben", schlug Leela vor.

„Und was sollen die dann tun? Wer auch immer da ist, ist direkt neben der Tür von Amy und Trish."

FeuertodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt