XVIII

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Wie ich es bereits erwartet hatte, musste ich mich am nächsten Morgen erst einmal vor Leela und beim Frühstück auch vor Amy, Trish und Cole rechtfertigen, die sich allesamt Sorgen um mich gemacht hatten. Jay hielt sich zurück, immerhin wusste er ja, wo ich gewesen war, doch die anderen hatten sich wohl große Sorgen gemacht und quetschten mich regelrecht aus. Da wir nicht alleine waren, sondern in der gut gefüllten Kantine, blieb ich wortkarg und vertröstete ich meine Freunde auf später, vor allem, da ich von der Nacht noch völlig gerädert war.

Ich sollte mich nach dem Frühstück bei Mrs. Walsh einfinden, um alles weitere abzuklären, weswegen ich vom Unterricht befreit worden war – ich wäre heute aber vermutlich sowieso keine gute Schülerin gewesen, denn der Schlafmangel machte sich bemerkbar.

Um kurz vor acht klopfte ich schließlich bei Mrs. Walsh an die Bürotür und die Schulleiterin öffnete mir beinahe sofort. Anders als bei mir sah man ihr die Strapazen der Nacht kein bisschen an, sie hatte nicht einmal Augenringe.

„Schön, dass du da bist", die Direktorin schob sich an mir vorbei und schloss die Tür zu ihrem Büro hinter sich, „wir werden jetzt erst einmal zu Madison gehen und alles weitere mit ihr abklären, danach kann ich dich zu Noah bringen, wenn du das gerne möchtest."

Ich nickte und folgte Mrs. Walsh zu Maddys Zimmer.

„Wie genau haben sie Noah gestern eigentlich fangen können?", fragte ich neugierig und sah gespannt zu der Direktorin.

„Nun, als Mrs. Pearson und ich hinter das Haus gingen, war Noah bereits da", erzählte Mrs. Walsh, „der Rabe, meinte offenbar nämlich keine Hintertür, sondern dass jemand das Haus auf der Rückseite verlassen hatte. Noah war gerade dabei, sich in den Wald davonzuschleichen, aber Mrs. Pearson ist es gelungen, ihn aufzuhalten. Wir haben ihn fangen können und sind dann gemeinsam mit M. Aprice hier zur Schule gefahren."

„Und wo ist er jetzt?"

„Das wirst du noch sehen", versprach die Direktorin mir, „jetzt sollten wir uns erst einmal auf Madison konzentrieren."

Meine ehemalige beste Freundin war bereits wach, als wir an ihrer Tür klopften und öffnete und sogleich die Tür. Maddy sah viel besser als gestern aus. Sie schien geduscht zu haben, denn ihre Locken waren noch etwas feucht und nicht mehr so zerzaust wie noch gestern Nacht und sie trug neue, saubere Klamotten. Zwar hatte auch sie Ringe unter den Augen und wirkte ein wenig mitgenommen, doch sie konnte bereits wieder lächeln.

„Danke noch einmal", meinte Maddy verlegen, als Mrs. Walsh verkündete, dass sie jetzt gerne das weitere Vorgehen besprechen würde, „dafür, dass Sie mich gerettet haben. Wer weiß, wie lange es sonst gedauert hätte, bis mich jemand gefunden hätte."

„Wir haben das gerne gemacht", versicherte Mrs. Walsh ihr, „und wir sind sehr froh, dass du nun in Sicherheit bist. Vielleicht könntest du uns erzählen, wie genau die Entführung abgelaufen ist."

„Es ging alles ziemlich schnell", Maddy ließ sich auf das Bett sinken, in dem sie die letzte Nacht geschlafen hatte und sah für einige Sekunden ins Leere, bevor sie weitersprach, „ich wollte zu einer Freundin gehen und kam aus dem Haus, habe dann kurz den Hund der Nachbarn gestreichelt. Dann kam ein Junge auf mich zu – das war dann wohl Noah – der sich mir aber als Gabe vorgestellt hat. Er meinte, seine Familie und er würden in die Nachbarschaft ziehen und er würde ein paar Kontakte suchen. Er hat mich gefragt, wo ich zur Schule gehe und wir sind ein paar Schritte gegangen und haben uns unterhalten, er war sehr freundlich. Dann kam ein Wagen und er meinte ‚oh, das sind meine Eltern' oder so etwas. Der Wagen hielt und er hat die Tür geöffnet, doch anstatt einzusteigen, hat er mich in den Wagen geschubst und die Tür zugeknallt. Wer vorne saß, konnte ich nicht erkennen, die vordere Reihe war von der hinteren abgetrennt. Er selbst ist dann hinter mir eingestiegen und schon hatte ich eine Klinge am Hals. Er sagte zu mir, sobald ich mich bewege, sei ich tot."

FeuertodWhere stories live. Discover now