XVI

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Es vergingen einige Minuten, in denen niemand einen Ton von sich gab. Wir hielten uns in den Büschen versteckt und warteten angespannt – zumindest ich war gespannt – auf den Lärm, den die Raben verursachen sollten. Als ich bereits spürte, dass auch die Lehrer ein wenig unruhig wurden, ertönte schließlich ein lautes Krächzen aus den Bäumen ein Stück nach links.

Ich schreckte auf und zuckte heftig zusammen, erschrocken von diesem lauten Geräusch nach einer Weile völliger Stille. Die Raben schienen ihr Bestes zu geben und ihr Gekrächze erfüllte den Wald mit gehörigem Lärm, doch im Haus tat sich nichts.

Nervös warteten wir darauf, dass ein Licht anging, ein Fenster geöffnet wurde oder jemand aus der Haustür kam, doch nichts geschah. Als nach einigen Minuten der Lärm der Raben wieder abebbte, war noch immer nichts geschehen und ich wurde erneut nervös. Wir warteten noch zwei weitere Minuten, dann erhob M. Aprice sich von seinem Platz in den Büschen und bedeutete uns mit einem Handzeichen, dass er nun gehen und im Wald Lärm verursachen würde.

Mrs. Walsh nickte dem Lehrer zu, der daraufhin geräuschlos zwischen den Bäumen verschwand und bereits nach wenigen Sekunden von den Schatten verschluckt wurde. Für einige Minuten herrschte wieder Stille, nur durchbrochen von den Flügelschlägen der Raben, die über uns hinwegzogen und hinter dem Haus verschwanden. Ich konnte den angespannten Atem der anderen hören und meinen Herzschlag in meinen Ohren, während ich mit großen Augen in die Dunkelheit sah. Etwas knackte unter Mrs. Walsh' Füßen, als sie ihr Gewicht verlagerte und das Blatt eines Busches streifte meine Hand, woraufhin ich heftig zusammenzuckte.

Endlich ertönte ein lautes Rascheln im Wald zu unserer linken, schwere Schritte kämpften sich durch das Geäst.

„Verdammter Mist!", fluchte M. Aprice lautstark und mit verstellter Stimme, „Wo sind wir denn jetzt gelandet? Rex, Beifuß!"

Der Lehrer stapfte weiterhin durch das Unterholz, ohne sich uns zu nähern und redete mit seinem ‚Hund', wir anderen verharrten eingefroren in unseren Positionen und starrten gebannt auf die Eingangstür des Hauses, die sich jedoch nicht öffnen wollte. 

„Rex, verdammt nochmal!", das Knacken eines Astes ertönte, „jetzt komm doch und lass die Vogelscheiße in Ruhe, das ist pfui! Wir wollen sehen, ob hier irgendwo ein Weg oder so ist."

Noch immer kam aus dem Haus keine Reaktion.

„Was machen wir denn, wenn es nicht klappt?", wisperte ich kaum hörbar und sah besorgt zu Mrs. Walsh.

„Erst einmal warten wir noch", flüsterte die Direktorin zurück und ich nickte, obwohl sich in meinem Kopf tausende von Szenarien abspielten. Würden wir in das Haus einfallen? Oder anklopfen? Oder – und daran wollte ich gar nicht denken – unverrichteter Dinge wieder abfahren und Maddy weiterhin in den Fängen von Noah lassen?

Erneut schreckte ich auf, als ein Schatten sich neben dem Haus löste und auf uns zugeschossen kam, doch es war nur ein Vogel, genauer gesagt ein Rabe. Der schwarze, in der Dunkelheit kaum auszumachende Vogel flatterte zu uns und setzte sich auf einen Ast ein Stück über unseren Köpfen, von wo aus er einige krächzende Laute ausstieß. Während die meisten von uns weiterhin das Haus im Auge behielten, wurde Mrs. Jones ebenso wie ich auf den Vogel aufmerksam und sah überrascht zu ihm, als hätte der Rabe soeben gesprochen.

Gut, das hatte er vielleicht auch, nur war ich leider nicht in der Lage, ihn zu verstehen.

„Es kann sein, dass ich mich verhört habe", begann Mrs. Jones leise und sofort lagen aller Augen auf ihr, „aber was der Vogel gesagt hat, klang wie ‚Raus Haus hinten'. Vielleicht möchte er uns auf eine Hintertür aufmerksam machen."

Mrs. Walsh sah kurz zu dem Vogel auf, dann nickte sie.

„Okay, Planänderung", verkündete sie, „Faye, du gehst jetzt mit Dr. Yun und Mr. Graves in das Haus. Mrs. Pearson und ich werden hinter das Haus gehen. Eloise, du bleibst hier und wartest auf Jean, dann bezieht ihr hier vor dem Haus Stellung. Los geht's."

FeuertodWhere stories live. Discover now