XXII

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Ich war gerade aufgestanden und stand noch immer an der gleichen Stelle, den Blick dorthin gerichtet, wo das Auto verschwunden war, als hinter mir hektische Schritte auf dem Kies knirschten. Augenblicklich drehte ich mich um und entdeckte Mrs. Walsh, die auf mich zugeeilt kam. Die Schulleiterin trug eine bequeme Hose und Schlappen, hatte also für diesen Tag offensichtlich schon Feierabend gemacht.

„Faye, was ist passiert?", fragte sie noch im Näherkommen und sah dann mein zerschrammtes Gesicht, „oh nein, du bist ja verletzt."

„Cole ist entkommen", fiel ich mit der Tür ins Haus, „ein Wagen hat auf ihn gewartet. Was ist mit Will?"

Die Schulleiterin musste gar nicht mehr antworten. Der Ausdruck in ihren Augen, als ich meine Frage aussprach, sagte mehr als tausend Worte.

„Was hat Cole ihm angetan?", hakte ich mit belegter Stimme nach, obwohl ich es eigentlich gar nicht wissen wollte.

„Er hat ihm eine Steinspitze in den Rücken getrieben, die er mit seinem Element erzeugt hat. Sie ist von hinten durch die Rippen in das Herz eingedrungen. Will war sehr schnell tot."

Ich nickte mit zusammengepressten Lippen, darauf fokussiert, mich nicht jeden Moment über Mrs. Walshs Schuhe zu übergeben. Erneut war jemand gestorben und ich hatte es nicht verhindern können. Ja, vielleicht bürdete ich mir zu viel Verantwortung auf, aber immerhin war es meine Schuld, dass Will überhaupt in Gefahr geraten war. Wäre ich nie auf Arcalia gekommen, würden er, Sam und Mila noch leben.

Bei dem Gedanken an meine beiden Freundinnen drehte sich mir endgültig der Magen um, ich wandte mich ab und erbrach mich direkt auf die Grasnarbe am Rand des Kiesweges. Die Direktorin legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter und reichte mir von irgendwo ein sauberes Taschentuch, mit dem ich mir den Mund abwischen konnte.

„Lass uns nach drinnen gehen", forderte sie mich sanft auf, als ich fertig war, „damit Anne sich deine Hände und dein Kinn angucken kann."

Ich nickte und trottete hinter Mrs. Walsh zurück ins Innere der Schule, noch immer mit einem bitteren Geschmack im Mund. Die stellen, mit denen ich über den Kies geschrammt war, brannten schmerzhaft und ein Blick auf meine Hände verriet mir, dass die Handflächen an den Ballen aufgeschürft waren – vermutlich sahen meine Knie und mein Kinn ähnlich aus. Bei Anne im Krankenzimmer spülte ich mir zuerst unter fließendem Wasser am Waschbecken den Mund aus und trank einen kleinen Schluck, bevor ich auch meine Hände unter den kühlen Strahl hielt. 

Es brannte beinahe sofort in den Wunden und ich zuckte zusammen, hielt jedoch still und ließ alles über mich ergehen. Im Anschluss bat Anne mich, auf einem Stuhl Platz zu nehmen und reinigte dann auch die Wunde an meinem Kinn, bevor sie sich meine Knie ansah. Ich hatte jedoch Glück gehabt, meine Knie waren aufgrund der schützenden Hose nicht sichtbar verletzt. Die Krankenschwester desinfizierte alle Wunden – erneutes Brennen – und versorgte mich dann mit Pflastern und Verbänden.

Bereits nach einer halben Stunde war ich versorgt und wurde von Mrs. Walsh zu meinem Zimmer geleitet. Mir war noch immer leicht koddrig zumute, aber es ging wieder und ich wollte trotz der frühen Uhrzeit einfach nur noch ins Bett und diesen Tag hoffentlich vergessen.

Mein Raum war verlassen, als ich ihn betrat und mich schließlich von Mrs. Walsh verabschiedete, doch als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, ging im Bad die Toilettenspülung. Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich zum Badezimmer, doch statt Leela kam – sehr zu meiner Überraschung – Jay aus dem Nebenraum. Nur einen Augenblick später lagen wir uns in den Armen und ich vergrub mein Gesicht an der Schulter des blonden Erdbändigers.

„Wo ist Leela?", fragte ich besorgt.

„Nebenan, bei Amy und Trish", entgegnete Jay, „sie wollte nicht alleine sein und ist deswegen rüber gegangen, aber ich wollte auf dich warten. Was ist passiert?"

FeuertodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt