Kapitel 12

269 38 39
                                    

6. Tag

Aus dem Esszimmer kommt ein unglaublich leckerer Geruch, welcher dafür sorgt, dass sich mein Magen vor lauter Hunger zusammenzieht und ich mir genießerisch über die Lippen lecke. Der Tisch ist voll gedeckt mit köstlich duftenden Speisen, für jeden ist etwas dabei, egal ob Fleisch, Fisch oder einfach nur Gemüse. Das Meat Pie erkenne ich schon von weitem und sofort erinnert es mich an unseren ersten Tag hier. Noah hat darauf bestanden, dass ich diese Blätterteigtasche mit der Hackfleischfüllung probiere und tatsächlich hat es mir auch geschmeckt. Trotzdem bleibe ich dann doch lieber ein Fan von den Meeresfrüchten. Mason, Noah und Jane haben sich allerdings nicht nur bei dem Essen selbst übertroffen, sondern auch bei der Deko und der Musik. Überall hängen kleine Girlanden und Leuchtkugeln herum, tauchen das gesamte Haus in eine angenehme Atmosphäre und die sanft klingende Musik schwebt nur so förmlich durch die Luft, sorgt dafür, dass man sich auf Anhieb wohlfühlt. Das ist einer der Momente, wo man für immer bleiben will und nie wieder weggehen möchte. Doch irgendwann hat alles ein Ende, genauso wie dieses unglaubliche Abenteuer hier. Kaum zu glauben, aber wir haben nur noch morgen einen Tag, denn am Sonntag geht es schon für uns alle weiter. Auf der einen Seite freue ich mich auch andere schöne Orte entdecken zu können, mit neuen Leuten meine Gedanken auszutauschen und über mich hinauszuwachsen, aber dieser Ort, oder wohl besser so manche Personen hier, haben mich in ihren Bann gezogen und deshalb fällt es mir schwer mich mit dem Gedanken, hier bald weg gehen zu müssen, anzufreunden. Doch darüber möchte ich mir jetzt nicht den Kopf zerbrechen.

Langsam füllt sich der Raum mit den anderen Leuten aus unserem Kurs und wenig später ist hier eine super Stimmung. Wir essen alle zusammen, es schmeckt köstlich und das Wasser läuft mir beinahe im Mund zusammen, sodass ich gar nicht anders kann als genüsslich aufzustöhnen. Das reicht aus, um Noah dazu zu bringen in meine Richtung zu schauen – und meine Güte – dieser Blick mit dem er mich betrachtet ist viel mehr wert als alles andere. Und so geht das auch den gesamten Abend über hinweg. Wir tauschen heimliche Blicke aus, ich trinke Alkohol, unterhalte mich mit den anderen und tanze ab und zu. Und immer wieder ist da diese Elektrizität zwischen Noah und mir. Es ist nicht zum Aushalten und nachdem wir unser Teilnahmezertifikat von Mason erhalten haben und alle drei uns gemeinsam beglückwünscht haben entfliehe ich dem Ganzen.

Meine Füße machen sich selbstständig, laufen aus dem Haus heraus und herunter in Richtung Strand. Das sanfte Meeresrauschen beruhigt mich sofort und ich bin glücklich mal für einen kurzen Moment für mich alleine zu sein und die Stille zu genießen. Es vergehen Sekunden, Minuten und ich stehe noch immer hier, genieße den Sonnenuntergang und den frischen Duft von Salzwasser in der Nase, während ich meinem eigenen Atem lausche. „Wieso bist du hier draußen?" Erschrocken drehe ich mich herum, blicke direkt in Noahs meeresblaue Augen, welche mich wie immer anfunkeln und eine angenehme Wärme breitet sich in meinem Inneren aus. Er hat die Hände in seiner schwarzen Jeans vergraben. Der leichte Wind fegt durch seine blonden Haare und ich würde jetzt alles dafür tun, um sie ihm aus der Stirn streichen zu können. Schnell schüttele ich den Kopf, um von diesen Gedanken los zu kommen. Wahrscheinlich habe ich heute doch ein Gläschen Sekt zu viel getrunken, nach dem vierten Glas Sekt habe ich nicht mehr mitgezählt. Doch das ist mir in diesem Moment egal. Völlig egal. Denn heute ist mir alles egal.

Um Noah eine Antwort zu geben zucke ich kurz mit den Schultern und drehe mich wieder zum Sonnenuntergang zurück. „Dasselbe könnte ich dich auch fragen." Noah lacht leise, dann atmet er tief ein, ehe Schritte zu hören sind. Und sie kommen genau in meine Richtung. Augenblicklich fängt mein Herz an schneller zu schlagen, doch äußerlich versuche ich ganz ruhig zu bleiben. Zwanghaft halte ich meinen Blick weiterhin auf den Sonnenuntergang gerichtet. Bald ist die Sonne komplett verschwunden und die Dämmerung setzt ein. Das Farbenspiel vor uns ist gigantisch, ich könnte mir diesen Moment für immer festhalten und Stunden hier verbringen. „Du betrachtest diesen Sonnenuntergang als wäre er das schönste auf der ganzen Welt..." Noah murmelt diese Worte leise, fast schon zu leise, doch ich habe ihn trotzdem verstanden, genauso wie seine letzten Worte. „...dabei stimmt das ja gar nicht..." Langsam drehe ich den Kopf in seine Richtung. Ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen und Noah erwidert es, als er meinen Blick erwidert. „Der Sonnenuntergang ist ja auch der schönste Moment im Tag. Die meisten Leute haben Feierabend, man kann mit der Familie zusammen sein und sich entspannen. Man muss nichts mehr tun außer schlafen. Das ist doch wunderschön, wenn du mich fragst."

Salzwasserküsse Where stories live. Discover now