Kapitel 15

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7. Tag

Es ist später Nachmittag und von Noah fehlt noch immer jegliche Spur. Seitdem er aus Masons Büro gestürmt ist hat ihn keiner mehr von uns gesehen und die Angst breitet sich wie ein Lauffeuer in meinem Inneren aus. Was, wenn ihm etwas passiert ist oder er überhaupt nicht mehr zurückkommen wird? Wenn er die Schnauze voll hat und wirklich abgehauen ist, was ich ihm tatsächlich nicht verübeln könnte, schließlich hat Mason viele Dinge gesagt die nun wahrlich nicht hätten sein müssen. Und Noah hat sich das zu Herzen genommen, er muss verdammt wütend und aufgebracht sein im Moment und ich wäre jetzt so gerne bei ihm. Ich würde ihm zeigen, dass er nicht alleine ist und dass ich für ihn da bin. Immer. Leise seufze ich auf und lasse den Kopf auf die Decke sinken, welche Judy und ich auf dem warmen Sand ausgebreitet haben. Ihr Kopf dreht sich in meine Richtung und sie nimmt die Sonnenbrille von ihren Augen, sieht mich sanft lächelnd an und scheint mich damit irgendwie beruhigen zu wollen, was allerdings nicht wirklich hilft. Eher im Gegenteil. Das Herz pumpt in einem unrhythmischen Takt gegen meinen Brustkorb und ich atme zitternd ein und aus. Eine innere Nervosität überrollt mich, bringt meine Finger dazu auf der Decke herum zu trommeln, damit ich mich wenigstens ein bisschen ablenken kann, doch das bringt auch nichts.

„Er wird schon wieder auftauchen, Fallon. Mache dir bitte jetzt keinen allzu großen Kopf darüber. Noah weiß, dass er hier gebraucht wird und er würde mit Sicherheit nicht einfach so verschwinden, so schätze ich ihn nicht ein. Vielleicht braucht er eben noch ein wenig Zeit, um das alles sacken zu lassen und darüber nachzudenken. Denn so wie du erzählt hast scheint es ja in Masons Büro richtig explodiert worden zu sein. Gib Noah Zeit, er wird wieder zurückkommen, sonst wäre er wirklich ziemlich blöd. Ich an seiner Stelle würde dich nicht so einfach gehen lassen ohne eine Verabschiedung." Judy zwinkert mir am Ende ihres Satzes zu und stupst mich mit dem Ellenbogen leicht an, grinst dabei und schafft es damit mir ebenfalls ein leichtes Lächeln auf die Lippen zu zaubern. „Na siehst du. So gefällst du mir schon viel besser." Sie nickt, setzt sich ihre Sonnenbrille zurück auf die Nase und genießt die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer bereits leicht gebräunten Haut. Eine Weile beobachte ich sie dabei und lausche dem sanften Meeresrauschen und den Gesprächen von den anderen vielen Leuten um uns herum. Es hat eine beruhigende Wirkung auf mich und lenkt mich ab. Doch das hält leider auch nicht lange an.

Irgendwann halte ich es nicht mehr aus, will mich sogar auf die Suche nach Noah begeben, obwohl ich mich nicht sonderlich gut hier in der Gegend auskenne. Doch Judy kann mich noch gerade so davon abhalten es nicht zu tun. Sie lenkt mich mit irgendwelchen Witzen auf, schaltet Ariana Grande Musik auf ihrem Handy ein und bringt mich dazu mit ihr ins tiefblaue Meer zu laufen und zu surfen. Der Nachmittag geht schneller herum als gedacht, immer mehr Leute machen sich auf Weg zurück nach Hause. Am Horizont geht bereits etwas unter, verfärbt den Himmel in einen schönen rot-orange Ton und als es langsam kühler wird, beschließt auch Judy zurück zum Haus zu gehen. Sie hat mich gefragt, ob ich nicht auch mitkommen will, doch ich wollte noch nicht zurück. Es tut mir fast schon ein wenig leid, dass Judy und mein letzter Tag hier so niedergeschlagen enden musste, doch meine Gedanken waren ständig bei Noah. Judy und ich wollten uns hier am Strand in die Sonne pflanzen und weit draußen auf dem Meer die Wellen unsicher machen. Stattdessen habe ich Trübsal geblasen und konnte den Tag nur halb so sehr genießen, wie ursprünglich geplant.

Und dann, als ich die Hoffnung schon aufgegeben habe, kommt Noah um die Ecke gelaufen. Ein ernster Gesichtsausdruck liegt auf seinen sonst so sanften und freudestrahlenden Zügen, seine Stirn ist nachdenklich zusammengezogen und wenn man ihn ansieht, weiß man nicht, was in diesem Moment gerade in ihm vorgeht. Überrascht schnappe ich nach Luft und springe von meinem Platz auf, will auf Noah zu rennen und ihn umarmen, doch ich mache keines von beidem. Stattdessen stehe ich stocksteif da und weiß nicht, ob ich nun traurig oder fröhlich sein soll. Denn das hängt jetzt ganz alleine von Noahs Entscheidung ab. Unsicher hebe ich die Hand, streiche mir damit einige Haarsträhnen hinter das Ohr und versuche so ruhig wie möglich zu wirken. Doch in meinem Inneren tobt ein riesiger Sturm, ein Tornado, welcher alles in seinem Umfeld zerstört, was ihm in die Quere zu kommen scheint. „Noah!" Meine Stimme klingt schrill und viel zu laut, ich kann meine Freude nicht verbergen und für einen kurzen Moment denke ich sogar, dass Noahs Augen bei seinen Namen gefunkelt haben. „Da bist du ja endlich wieder. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Warum bist du einfach so weggerannt? Du hast mich alleine gelassen." Noah nickt, ein dunkler Schatten legt sich über seine Augen und er atmet tief ein und aus. „Ich weiß. Es tut mir leid." Entschuldigend sieht er mir in die Augen, nimmt mich mal wieder gefangen, sodass ich in den meeresblauen Farben zu ertrinken versuche.

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