11. das Geburtstagsgeschenk

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e l f

Die letzte Woche sowie das anschließende Wochenende war unglaublich schwer vorbeigegangen. Der alkoholreiche Dienstagabend bei Trisha hatte mir die gesamte restliche Woche einschließlich dem Wochenende über in den Knochen gesteckt und mir meine Arbeit ungemein erschwert. Leider konnte ich selbst die eigentlich freien Tage nicht wie gewollt entspannt zuhause verbringen.
Nein, ich stand bereits Samstag Vormittag völlig fertig in meinem Büro und hatte versucht die liegengebliebene Arbeit aufzuholen.
Das war mir jedoch eher schlecht als recht gelungen.

An diesem Dienstagmorgen, eine Woche nach dem Abend bei Trisha, betrat ich die Firma endlich wieder etwas fitter.

Mittlerweile merkte ich einfach, dass ich keine Zwanzig mehr war und langsam aber sicher auf die Vierzig zu steuerte und exzessive Trinkgelage, wenn auch nur mit einer Freundin zuhause, mich auch Tage später noch mitnahmen. Vor allem dann, wenn sie unter der Woche waren und ich am nächsten Morgen wieder nach wenigen Stunden Schlaf in der Arbeit stehen musste.
Was einerseits wohl an meinem fortschreitenden Alter als auch an der Tatsache, dass ich kein geübter Alkoholtrinker war, lag. Auch, wenn ich gerne und mit der Zeit immer öfter meine Whiskybar besuchte, würde ich mich nicht als geübten Trinker bezeichnen.

Unweigerlich musste ich wieder an den Grund meines Alkoholkonsums denken.

Charles hatte ich die letzten Tage, Gott sei Dank, kaum gesehen. Meist nur flüchtig auf dem Gang, während er offensichtlich gestresst von einem Termin zum nächsten eilte. Dennoch musste ich feststellen, dass mir seine Nähe fehlte und, so blöd es auch klingen mag, fehlten mir sogar seine unangekündigten und vor allem sinnlosen Besuche in meinem Büro, die mir zwar extrem auf die Nerven gingen, insgeheim jedoch mein Herz jedes Mal höher schlagen ließen.

Dieser Mann hatte eine Wirkung auf mich, die dato noch kein Mann vorher hatte.

Nicht einmal John.

Immer wieder drifteten meine Gedanken zu Charles ab. Sein intensiver Blick, der mir jedes Mal eine Gänsehaut bescherte. Seine Finger, die zart über meine nackte Haut gestrichen hatten. Seine vollen Lippen, die sich so gut auf meinem angefühlt hatten.
Alles in mir verzehrte sich nach ihm und je mehr ich es verdrängen wollte, desto stärker wurde das Verlangen.

Ich hasste mich selber für diese Gedanken. Diese Gefühle waren falsch und ich wollte sie nicht zu lassen.
Ich durfte sie nicht zulassen.

Heute war ein zugegebenermaßen guter Tag.
Ich fühlte mich gut, was vor allem daran lag, dass ich heute Nacht traumlos durchgeschlafen hatte und heute morgen nicht wie sonst grausam von meinem Wecker geweckt wurde, sondern mein Körper selbstständig vor dem Wecker wachgeworden war, was mir die morgentliche geräuschvolle Tortur ersparte und mich somit schon positiv in den Tag starten ließ.
Unterbewusst hatte ich mich heute ein zweites Mal für den dunkelblauen Anzug entschieden, was ich jedoch erst realisierte als Klara mir diesbezüglich ein herzliches Kompliment machte.

"Sie sehen heute sehr gut aus.", fügte auch Thomes hinzu, der neben Klara gerade genüsslich seinen Kaffee trank. "Haben Sie sich für etwas Besonderes schick gemacht?", fragte Thomes lächelnd nach.
Der junge Mann trug wie eigentlich jeden Tag eine einfache schwarze Anzughose und dazu ein weißes Hemd. Manchmal variierte die Hemdfarbe, aber die schwarze Hose blieb, genauso wie die immer hellblaue Krawatte. Tatsächlich hatte ich Thomes noch nie in einem Jackett gesehen.

"Nein. Heute ist nur einfach ein guter Tag.", antwortete ich meinem Angestellten lächelnd und setzte meinen Weg ins Büro fort. Trotz meinem großen Arbeitspensum der letzten Tage, hatte ich noch einiges unbearbeitet auf meinem Schreibtisch liegen, was ich bis Ende der Woche erledigt haben wollte um wenigstens mal wieder ein freies Wochenende haben zu können.

unmoralisch ✓Where stories live. Discover now