Frohes neues Jahr

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»Ey, Darian«, brüllte ich, doch obwohl sich meine Stimme bereits überschlug, kam ich nicht gegen die laute Punkmusik an. Ich schob mich an ein paar Leuten vorbei, von denen ich ein paar grob zurückschieben musste, weil sie mich nicht bemerkten. Genauso wie Darian, der von meinen Rufen nichts mitbekommen hatte.

Auf der Bühne stand eine Punkband, deren Sänger besoffen über die Bühne stolperte und es gerade zum zweiten Mal während des Konzerts schaffte, über eines der Kabel zu stolpern. Mit einem Rumpeln legte er sich auf die Fresse. Erntete Gelächter, während kurz nur noch die Schlagzeugerin spielte und der Bassist vortrat, um den Sänger wieder aufzurichten.

»Sorry, Leute«, grinste der, als er wieder stand und fuhr sich durch den zerstörten Iro. Er bückte sich nach seiner Bierflasche. »Ich brauch ne Stärkung.«

Ich grinste und schob mich weiter meinem Ziel entgegen. Darian stand gegen die Wand gelehnt da, die über und über mit Tags besudelt war. Eben setzte er seine Kolaflasche an die Lippen, ehe er mich entdeckte. Auf seinem Gesicht tauchte ein Grinsen auf. »Hey«, begrüßte er mich, als er die Flasche abgesetzt hatte und stieß sie gegen das Bier in meiner Hand.

»Hast du Sino gesehen?«, rief ich ihm zu. Jemand stieß gegen mich und kurz geriet ich ins Schwanken, glaubte, gleich den Halt zu verlieren. Fuck. Konnte garantiert nicht am Alkohol liegen.

Dann stand ich auf einmal wieder sicher. Spürte eine Hand an meinem Arm, die ich einen Moment später Darian zuordnete. Ich warf ihm ein dankbares Grinsen zu.

»Absolut keine Ahnung, wo Sino steckt«, antwortete er auf meine Frage. »So wie ich den kenn, weiß er das nicht mal selbst«, lachte er und ich grinste, ehe ich zustimmend nickte.

»Die sind verdammt geil, oder?«, meinte ich dann mit einem Nicken in Richtung der provisorisch aufgebauten Bühne. Davor tobten die meisten in einem wilden Moshpit, immer wieder gingen manche zu Boden. Wir befanden uns in einem winzigen Keller, der nur so vor Menschen überquoll. Ich hatte das Gefühl, heute war hier die Punkszene aus der gesamten Gegend zusammengekommen. Und Darian halt.

»Sie sind hauptsächlich verdammt schlecht«, lachte der gerade.

»Ja, verdammt geil, sag ich ja.« Grinsend nahm ich einen Schluck aus meinem Bier, das sich auch schon wieder dem Ende neigte. Es war ein guter Abend. Ein paar Leute aus meinem Bekanntenkreis waren auf die Idee gekommen, in einem abbruchreifen Haus am Stadtrand zu feiern. Bisher war auch von den Cops weit und breit nichts zu sehen gewesen.

»Ich such mal weiter nach Sino«, erklärte ich und leerte mein Bier in einem Schluck, ehe ich es in der Innentasche meiner Lederjacke verstaute. Wurde Zeit für ein neues.

»Viel Erfolg«, wünschte Darian mir. »Vielleicht ist er längst bei irgendwelchen Menschen in 'ner anderen Stadt gelandet.«

»Dann wär ich echt enttäuscht«, grinste ich. »Weißte, letztes Jahr hat er sogar vercheckt, dass Silvester is'. Wir haben da mit paar Leuten bei mir gechillt und er wollte auch kommen. Is er halt nie.« Ich nahm meinen Tabak raus und begann zu drehen, während ich fortfuhr. »Irgendwann bin ich mit nem Kumpel los, weil wir eh kein Alk mehr hatten, und wir sind dann bei Sino vorbei, der einfach auf der Couch gelegen ist und gelesen hat. Hatte sich wohl auch nicht gewundert, was das Feuerwerk sollte.«

Während meiner Erzählung tauchte ein breites Grinsen auf Darians Lippen auf. »Typisch Sino«, seufzte er mit einem Lachen. »Ich glaub, er ist gar nicht in der Lage sich zu wundern, weil er immer nimmt, was kommt.«

»Du kanns ruhig sagn, wie süß du das findest«, ärgerte ich ihn und zündete meine Zigarette an. Inhalierte tief, während ich meinen Blick auf Darian ruhen ließ. Trotz des schlechten Lichts hier unten konnte ich erkennen, wie er ein wenig um die Wangen herum rot wurde. »Seh ich dir nämlich an.«

Von Helden und VerlierernWhere stories live. Discover now