Das geplante Ende

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Bei meinen meisten Geschichten habe ich keinen Plan, wann und wo sie enden werden. Ich habe immer wieder Ideen und bin mir sehr sicher, dass die das richtige sind, aber meistens kommt es doch nochmal ganz anders. Vor allem bei "Lass uns Helden sein" war das ein riesiges Drama, weil ich tausend Variationen für ein mögliches Ende hatte. Davon, dass Kat stirbt bis hin, dass Fanta stirbt, war echt alles dabei.

Auch ein Happy End hatte ich angedacht. Das habe ich mir in etwa so vorgestellt, dass es auf einer Autobahnbrücke zu einem Showdown zwischen Kat und Jay kommt (okay, ich hab kein Plan mehr, wie genau), der sich aber irgendwann verpisst. Dann saßen alle fünf zusammen, an diesem tiefen Abgrund, während im Hintergrund die Autos vorbeirasten, und von irgendjemandem kam der Satz "Lass uns Helden sein".

Die Version, von der ich bis kurz vor Schluss dachte, dass sie es sein wird, könnt ihr unten lesen.

Ich bin unglaublich froh, dass Leonardo damit wohl ein Problem hatte und sich nicht an meine Pläne hielt, denn das jetzige Ende finde ich einfach fünf Millionen mal besser.

Wie ist das bei euch? Schreibt ihr immer auf ein Ende zu oder ändert sich das noch so oft wie bei mir?

Wie ist das bei euch? Schreibt ihr immer auf ein Ende zu oder ändert sich das noch so oft wie bei mir?

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»Hi«, murmele ich und lasse mich auf den Asphalt sinken. Leonardo antwortet mir nicht. Es ist seltsam, ihn nicht sprechen zu hören. Wie oft ich ihm doch das Gefühl gegeben habe, schlichtweg ein nerviger Idiot zu sein – doch jetzt, wo er nur da sitzt und mich anschweigt, vermisse ich mit einem Mal seine ganzen Geschichten, seine ganzen Sprüche.

"Wie geht's dir?", meine ich leise. Mit einem Mal verspüre ich den dringenden Wunsch, mich mit ihm zu unterhalten.

Leonardo zuckt mit den Schultern und hat den Blick auf den Asphaltboden gesenkt, sodass ihm die dunklen Haare tief ins Gesicht fallen.

Ich werfe den anderen einen Blick zu. Vincent hat sich mit dem Rücken ans Auto gelehnt und in der Dämmerung ist das Aufleuchten seiner Zigarette zu erkennen, als er daran zieht. Beim Gedanken an ihn wird mir für einen kurzen Moment ganz warm ums Herz.

Dann sehe ich wieder Leonardo an.

"Ich wollte dir nur noch einmal sagen, dass es mir leidtut. Wie scheiße ich die ganze Zeit zu dir war ... aber vor allem, dass ich nicht verstehen konnte, womit du wirklich zu kämpfen hast."

Ich weiß selbst, dass das nicht die richtigen Worte sind, um dafür zu sorgen, dass es Leonardo besser geht. Dass wahrscheinlich keine Worte dieser Welt das bewirken könnten, doch am allerwenigsten meine.

Ich denke daran, dass wir vielleicht Freunde sein könnten. Leonardo und ich, eines Tages halt. Ein ungewisses Vielleicht, eine Sache für die Zukunft eben.

Wir sitzen schweigend da. Ausgerechnet Leonardo und ich, die wir beide nie genug Worte verlieren konnten.

Langsam verschwindet der letzte Streifen des Sonnenuntergangs am Horizont.

Die Nacht bricht herein, doch sie verschlingt die Großstadt nicht. Manchmal scheint es so, als wäre Berlin bei Dunkelheit ein viel schönerer Ort, wenn sich vor einem ein einziges Lichtermeer auftut, das wahre Antlitz des Molochs erst jetzt greifbar wird. Doch wie so oft: Der Schein trügt und verschleiert all die kriminellen Gestalten, die sich in den zwielichtigen Bars und dunklen Gassen herumtreiben. Eine Dunkelheit, in der man sich nur allzu leicht verlieren kann. Wie wir es auch tun werden. Denn wenn wir jetzt nicht abhauen, dann sind wir definitiv gefickt.

Vielleicht werden wir Helden sein.

Vielleicht auch nur fünf Versager, die es zumindest versuchten.

Von Helden und VerlierernWhere stories live. Discover now