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Es war bereits Stockdunkel als ich mich auf den Weg zurück zu meiner Wohnung machte. Ich war einige Gedankengänge durch gegangen und aufgrund der ansteigenden Kälte, welche sich langsam durch meine dünnen Klamotten bekannt machte, musste ich hoffen, dass diese ausreichen würden. Das sie ausreichen würden das zu rechtfertigen, was ich heute getan hatte.

Es war als wäre dies der Moment vor einem großen Auftritt, vielleicht auch vor einer großen Prüfung. Die Angst stieg in mir auf. Die selbe Angst, welche mich schon mein ganzes Leben lang begleitete, die ständige Angst zu versagen.

Ich hatte es geschafft mit mir ins reine zu kommen. Zumindest würde ich es schaffen, wenn San mir verzeihen konnte. Wenn es heute Abend nicht vorbei war. Denn ich war mir sicher, dann würde ich erneut in das große, schwarze Loch fallen, aus dem er mich wieder heraus gezogen hatte. Und ich glaubte nicht daran, dass ich es schaffen würde alleine dort unten zu überleben, geschweige denn hinaus zu kommen.

Bevor mich noch mehr Schuldgefühle zerfraßen, kam ich bereits an dem dunklen Gebäude an, in welchem alle Ängste bereits auf mich warteten. Doch ich konnte nicht weg laufen, dies war ich schon den ganzen Tag. Genau genommen, war ich weg gelaufen, seitdem ich den Unfall hatte. Seit diesem Tag lief ich ununterbrochen, und ich hatte es so satt auf der Flucht zu sein. 

Vor der Tür, welche meinen Freund und mich trennte, hielt ich noch einmal inne. Holte noch einmal Luft, bevor ich den Schlüssel im Schloss drehte und den Türhenkel herunter drückte. Es war wie ein Schock, denn eine unerwartete Unordnung huschte mir ins Blickfeld.

Naja, so unordentlich war das ganze gar nicht, San der seinen verstrubbelten Kopf aus der Schlafzimmertür heraus streckte ließ das ganze mehr so aussehen. Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir. Mein Freund trat jedoch nur einen Schritt vor und direkt daraufhin wieder zurück. Mit einem erheblichen Seufzen brach er die Stille wenigstens für einige Sekunden. 

Er fuhr sich mehrmals durch Gesicht, so als hätte er ebenfalls Angst vor diesem Moment gehabt und er sackte auf seinen Knien zusammen, woraufhin er sich wieder aufraffte. Eine einzelne Träne, welche er direkt wegwischte lief seine Wange herunter. Ich stand regungslos an der Tür. 

Ich versuchte meinen Mund zu öffnen, doch als ich dies tat, sog er die ganze Luft in dem Raum auf, setzte an zu reden und blickte unentschlossen zwischen mir und den Häusern der Stadt umher. ,,Das kann nicht dein ernst sein.", sagte er erschöpft. Ja, die Worte waren erschöpfter als jede anderen Worte, die ich je von ihm gehört hatte.

,,Du-", begann er und schien selbst nicht mehr zu wissen wie der stand der Dinge eigentlich aussah. ,,Jung Wooyoung, ich dachte ich muss Koffer packen, weil du nicht mehr wieder kommst! Und wer weiß, vielleicht muss ich das ja immer noch, also mach bitte endlich deinen Mund auf, ich halte es nicht länger so aus!". schrie er mich beinahe an, komplett rücksichtslos was die Nachbarn anging. 

Ich konnte ein leichtes zittern seinerseits vernehmen, sowie die Anspannung, welche sich nach seiner kleinen Ansprache langsam löste. Er seufzte, ich seufzte, einen Moment noch hielt ich inne. ,,Es tut mir leid.", verließen die Worte zuerst meinen Mund, wobei ich wusste, dass dies noch nicht einmal ansatzweise ausreichen würde. 

,,Ich hätte nicht gehen dürfen, aber ich musste. Was sollte ich dir denn sagen, schließlich wusste ich selber ja nicht einmal was das Problem war!", ich holte kurz Luft und redete weiter, sodass er nicht zu Wort kommen konnte, selbst, wenn er es wollen würde, ,,es tut mir so wahnsinnig leid, dass ich so verschlossen war, so leise, so eine Spaßbremse und ein so verdammt anstrengender Mensch! Aber ich habe verstanden, dass das vor dem ich weg lief etwas ist, welches mir komplett vorenthalten bleibt. Ich habe ständige Angst vor der Zukunft, vor der Vergangenheit, vor dem was andere über mich denken oder vor den Fehlern, welche ich in zehn Jahren vielleicht einmal begehen werde. M-mir ist aufgefallen wie dämlich das ist, doch mein Kopf ist ein zu großes Chaos und du hättest dir nur Sorgen gemacht." Die ein oder andere Träne der Verzweiflung floss mir über die Wange und ich ließ meine Hände sinken, welche mir beim Gestikulieren geholfen hatten. 

B E G I N N I N G of the E N D || WoosanWhere stories live. Discover now