☍ Twenty

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Niall schien ein großer Teil der Last von den Schultern genommen und er begann die Zufriedenheit in seinem Körper zu spüren, seinen Venen und seinen Adern. Zayn machte ihn sehr glücklich.

Zuerst hatte der Blonde gedacht, der Andere würde ihn verlassen, wenn er erstmal gewusst hatte, was dieser tat. Er dachte, er würde ihm den Rücken zukehren, sobald er gesehen hatte, was die Spuren auf dessen Haut zeigten, wie sie schrien und wie sie weinten.

Doch Zayn blieb.

Zayn blieb und er hatte nicht vor zu gehen. Er hüllte den Blonden in eine Art Schutzfolie, er versuchte ihn vor dem Grauen außerhalb zu bewahren. Er würde sogar die Kugel einstecken, nur umzu verhindern, dass der Andere einen kleinsten Kratzer davon trug.

Doch Zayn sollte noch mehr erfahren.

-

Niall irrte durch die Gänge des Schulgebäudes und hielt Ausschau nach dem rotblonden Haarschopf, der ihm bereits so vertraut war. Heute wollte er Zayn endlich Kate vorstellen.

Er lief an den Reihen von Spinden vorbei, achtete besonders gründlich darauf, nach ihrem zu sehen und spähte um Ecken, die er sonst nie betrat.

"Kate?", der Name klang so weich auf seinen Lippen.

Er entdeckte sie vor einem der Chemieräume, zusammen mit ein paar anderen Schülern, doch achten tat er nicht wirklich auf den Rest.

"Kate!", ein breites Lächeln erstreckte sich über seine schmalen Lippen, doch als er merkte, dass das genannte Mädchen sichtlich zusammenzuckte bei dem Klang seiner Stimme, sackte auch in ihm etwas kümmerlich in sich zusammen.

"Niall-", sie drehte sich zu ihm, doch eine weitere Stimme unterbrach die ihre.

"Wenn das nicht Horan ist.", ein unangenehmer Schauer lief dem Blonden über den Rücken, seine Nackenhaare stellten sich spürbar auf.

Matthew.

"Was willst du, Matthew?", die Worte des Kleineren klangen harsch und er spuckte sie dem Anderen wie einen alten Kaugummi vor die Füße.

"Ach nichts. Ich freue mich nur, dich zu sehen. Ich war gerade dabei, der süßen Kate zu gratulieren.", er schlang einen seiner starken Arme um die schmale Taille des zierlichen Mädchens und Niall wäre beinahe das kalte Kotzen gekommen, wäre er nicht von all der Verwirrung überrannt worden.

"Zuerst dachte ich, du würdest niemanden an dich heranlassen, aber sie schien gerade passend, nicht wahr?", Nialls Augen verengten sich skeptisch zu Schlitzen.

"Sie schien dir zu reichen.", Matthew warf ihm ein leichtes Lächeln zu. Widerlich in Nialls Augen, nichts weiter.

"Ich muss sagen -", er lachte etwas auf, "ich dachte wirklich, du hättest dich in sie verknallt, aber dann kam mir wieder in den Sinn, dass du nichts weiter als eine kleine, erbärmliche Schwuchtel bist.", es war keineswegs wie ein Schlag ins Gesicht, nein, diese Worte waren viel schlimmer.

"Matthew, lass' ihn-", doch Kate wurde erneut unterbrochen. Diesmal war es das Lachen des Ältesten.

"Jetzt also verteidigst du ihn? Du kannst aufhören, Kate. Die Wette hast du bereits gewonnen.", Matthew drückte ihr ein paar grüne Scheine in die Hand und wandte sich wieder an Niall, welchem es von Moment zu Moment schwerer fiel, zu atmen. Sein Kopf war voller schwarzer Flecken, seine Kehle leer und eng. Der Sauerstoff schwer und erdrückend, seine Augen brennend heiß und träge seine Lider.

"Wette?", seine Stimme klang erbärmlich, klein und nichtig. Kate sah ihn mit großen, entschuldigenden grünen Augen an, ihr seichtes Haar in der Farbe eines süßen Erdbeerblonds.

"Niall, ich-"

"Ja, eine Wette. Die liebe Kate ist etwas in Geldnot geraten und da dachte ich mir, 'wieso nicht etwas nachhelfen'?", erneut zeichnete sich dieses grässliche Lächeln auf seinen Lippen ab und charmant schien es bei weitem nicht.

"Wie nett von dir.", Niall blieb stark, seine Worte sollten seine Schwäche und all die Negativität in seinem Kopf überspielen. Er würde trügen und trügen, selbst wenn ihm die Tränen in den Augen kitzelten und seine Sicht verschwommen würde.

"Fühlt es sich nicht einfach großartig an, verarscht zu werden, Niall? Würde mich nicht wundern, wenn es für Zayn auch ein paar Scheinchen regnet, nur weil er mit dir rummacht.", dieses Mal handelte Matthew verbal und er hatte definitiv erreicht, was er wollte. Niall wusste, alles was er sich aufgebaut hatte, all die Zufriedenheit und der Schauer an Glück - das war alles davon. Wie hauchzarter Wüstensand verweht vom Wind.

Er wusste, Matthew hatte es geschafft und er wusste auch, dass es keinen Weg aus alledem gab.

Die Zeit schien einen Halt gefunden zu haben.

Da stand Niall nun, sah Matthew an - wie dieser grinste und den Stolz mit jedem Blick auf Niall noch weiter durch seine Venen pumpte - und dann sah er zu Kate, wie sie eingekauert an der Seite des Anderen stand und die Schuld ihr Gesicht vernebelte - wie sie versuchte mit Blicken eine Entschuldigung zu formulieren, doch wusste, es würde nichts bringen.

Nialls Welt schien sich zu drehen. Einmal, dann ein zweites Mal und immer und immer wieder. Ihm war schlecht, ganz und gar flau im Magen und mit einem Mal waren all die schlechten Gedanken zurück. In diesem einen Moment war der Schmerz so groß und so unfassbar unerträglich, dass Niall nicht einen Gedanken an Zayn verschwendete.

"Zayn würde das nicht tun.", es schien dem Blonden, als müsse er all seine Tränen herunterschlucken und wie er so sprach, so völlig kühl und verbissen, das ließ ihn beinahe zusammenbrechen. Seine Knie weich, sie knickten beinahe unter dem Gewicht des Jungen weg.

"Was lässt dich so sicher sein, Horan?", Matthews Blick wirkte wie eine Herausforderung und bedrohlich trat er einen Schritt auf den Schmächtigen vor sich zu. Sein Lächeln nun nicht mehr zu sehen.

"Matthew, lass' gut sein.", Kate hielt ihn zurück. Einen Moment dachte Niall, Matthew würde trotzdem auf ihn losgehen -wenn nicht sogar auf sie-, doch als dieser zu lachen begann, rutschte Nialls Gemüt schlussendlich bis ganz nach unten.

"War doch nur ein Spaß.", beinahe hätte Niall gelacht.

Er machte kehrt, Niall drehte dem Rest seinen Rücken zu. Und Kaum war sein Gesicht dem endlos scheinendem Gang zugewandt, spürte er, wie die erste brennende Träne ihm die Wange entlangrollte, sachte und kaum spürbar.

Er musste hier raus.

"Na los! Geh' nur heulen, Horan!", Matthew rief ihm hinterher und fast hätte Niall sich gefragt, wo das Lachen seiner Anhänger blieb, doch dieses folgte kurz darauf bereits.

Er musste weg.

Ein letztes Mal drehte er sich um, erhob seine Hand und zeigte Matthew seinen Mittelfinger. Sollte er ihn ruhig blutig schlagen, oder gar taub! Es war ihm egal.

"Gratulation, Matthew.", mehr sagte er nicht, doch er wusste, der Angesprochene hatte ihn klar und deutlich verstanden und ebenfalls wusste er, dass er seine Tränen gesehen hatte. Doch sah er auch die Narben und Wunden, die er verursacht hatte? Sah er die tränenerstickten Schreie auf den Lippen des Jüngeren und das leise Murmeln nach Hilfe, welches nie direkt ausgesprochen wurde?

Weg von Matthew.

Niall verschwand.

Weg von all den Menschen.

Das große Schulgebäude ließ er zurück und kein Blick schien es mehr wert, hinter sich geworfen zu werden.

Weg von all den Problemen.

Und nun rannte er und rannte durch grünes Gestrüpp, durch feuchte Erde und über gepflasterten Boden - Knirschen und Knacken unter seinen Sohlen. Und seinen Lungen schienen wie in Brand gesetzt, doch er rannte und selbst seine Waden durchzuckte ein beißender Schmerz, und trotzdem rannte er.

Weg von allem.

Sie hatten es geschafft.


numb  › ziallWhere stories live. Discover now