☍ Six

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"Was machst du da?", verwundert legte der Schwarzhaarige seinen Kopf schief, während er dem Kleineren so dabei zusah, wie er sich in dem feuchten Moos unter der dicken Eiche niederließ. Die beiden befanden sich inzwischen am Rand des Waldes und Zayn kannte nicht einen Zentimeter seiner Umgebung.

"Ich lese.", der Blonde kramte ein Buch aus seinem Rucksack und öffnete es an der Stelle, wo das zerknickte Lesezeichen steckte. Verständnislos sah der Ältere zu ihm.

"Meinst du das jetzt ernst?", keine Antwort.

Mit einem leichten Seufzer ließ auch Zayn sich nun nieder. Er murmelte ein leises "Wie du willst" und holte ebenfalls ein Buch aus seinem alten Rucksack. Seinen Rücken lehnte er gegen das zähe Holz der Eiche und der breite Stamm hielt sein Gewicht. Einen Moment war es still, bevor Niall verblüfft zu dem Größeren neben sich sah. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen betrachtete er das abgenutzte Buch in den Händen des Anderen, doch dieser ließ sich dadurch keineswegs einschüchtern.

"Woah, woah, woah. Du liest?", ungläubig starrte Niall ihn an, doch die einzige Antwort, die er bekam, war ein abwesendes "Yep", das Zayns volle Lippen leicht und locker verließ.

"Ich dachte, du würdest deine Zeit mit cooleren Dingen verbringen.", nun vollkommen abgelenkt, klemmte der Blonde seinen Zeigefinger an die Stelle, die er gerade las und klappte das Buch so zu. Seine vollkommene Aufmerksamkeit gebührte nur Zayn, welcher jedoch immer noch abwesend las.

"Zum Beispiel?", er sah nicht auf, sondern las weiter, während Niall überlegte und dabei in den Himmel starrte.

"Keine Ahnung. Weiber aufreißen, saufen, Party machen?", der Jüngere beobachtete nachdenklich die weißen Wolken, welche wie weiße Watte durch blaue Farbe zu schwimmen schienen, und lehnte dabei seinen Hinterkopf gegen den dicken Stamm der Eiche, sodass er gar nicht bemerkte, wie Zayn aufhörte zu lesen und stattdessen dem Jüngeren einen entsetzten Blick zuwarf.

"Das nennst du cool? Bungeejumping ist cool. Oder Horrorfilme-gucken! Aber das? Das ist-"

"Unsere Generation. Die Generation, in der 14-jährige ihr erstes Mal haben, saufen und kiffen und die Typen jede Zweite flachlegen, die auch nur ansatzweise hübsch ist.", sprachlos sah der Schwarzhaarige zu dem Jungen neben sich.

"Unsere Generation ist die, die wortwörtlich den Bach hinunter geht. Der Großteil hat mit Depressionen zu kämpfen, während der Rest diese nur noch verschlimmert. Mädchen denken, sie sind schöner, wenn man ihre Knochen wirklich erkennen kann, und -sein wir mal ehrlich- die Jungen bestätigen diese Gedanken nur.", Niall sah noch immer nicht zu dem Schwarzhaarigen, sondern versuchte nun, Bilder und Formen in den Wolken zu erkennen.

Es war kurz still, bevor der Ältere sich ebenfalls wieder zurücklehnte, sein Buch schloss und wie Niall in den Himmel sah.

"Wünscht du dir manchmal, in einer anderen Zeit geboren zu sein?", Zayn starrte in das volle Blau.

"Ja,", Niall sah zu ihm und fragte: "du auch?"

"Ich weiß nicht. Wäre sicher ein Reiz in den 80er Jahren gelebt zu haben - ich meine, da konnte jeder tragen, was er wollte und es war tatsächlich cool.", Zayn dachte an den schrägen Modestil des Zeitalters, bevor er zu dem Blonden neben sich sah und kurz lächelte. "Obwohl, ich denke die jetzige Generation steht dir besser."

"Wirklich? Wie kommt's?", neugierig ließ der Jüngere nun seinen Blick zu dem Schwarzhaarigen gleiten, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.

"Eigentlich denke ich, dir würde alles stehen, doch wenn du in den 80er Jahren gelebt hättest, wären wir uns wahrscheinlich nie begegnet und -um ehrlich zu sein- das wäre schon ein ziemlicher Verlust.", ein schiefes Grinsen zeichnete sich auf den vollen Lippen des Dunkelhaarigen ab und seine Worte ließen Niall leicht auflachen.

"Wenn ich es mir recht überlege, mag ich diese Generation doch ganz gern. Jetzt mal abgesehen von dieser Musik, die nur am Computer bearbeitet wird und den Menschen, die diese Welt nur belasten, ist es gar nicht mal so übel.", mit einem Grinsen auf den Lippen, sah Niall wieder zurück in den Himmel. Es schien, als wäre eine Ewigkeit vergangen, seitdem er so entspannt und gelassen gewirkt hatte, doch Zayn liebte es, ihn so zu sehen.

"Denk' an die coolen Horrorfilme, die es gibt und an die Musik -und die Bücher! Die machen das Leben doch lebenswert.", total begeistert sah der Ältere zu dem Jungen neben sich, welcher nun leise lachte.

"Ist das alles, was du zum Leben benötigst?", der Blonde verschränkte beider seiner Arme im Nacken und sah einem Spatz dabei zu, wie er eine Runde nach der anderen in der kühlen Luft drehte.

"Naja, irgendwie schon. Ohne meine Freunde und meine Familie, wäre ich wahrscheinlich aufgeschmissen, aber sonst benötige ich nicht mehr.", gleichgültig zuckte Zayn nun mit seinen Schultern, doch Niall dachte nach.

"Deine Freunde sind toll, was?", ein weiteres Schulterzucken kam aus der Richtung des Älteren und er murmelte ein leises "Denke schon", bevor es wieder still wurde.

"Hast du denn Freunde?", diese Frage sollte keineswegs harsch klingen. Der Schwarzhaarige war regelrecht interessiert am Leben des Anderen.

"Ich bin nicht gut mit Menschen.", und Zayn verstand.

"Was ist mit deiner Familie?"

"Mein Vater ist Alkoholiker und meine Mutter zu feige zum Rennen.", und Zayn schwieg.

"Aber weißt du was?", immer noch sah Niall zum Himmel hinauf und der Dunkelhaarige drehte sein Gesicht zu ihm, um ihm zu signalisieren, dass er fortfahren solle.

"Ich lebe ein Leben wie aus Romanen. Die Menschen sind so gelangweilt von ihrem Leben, dass sie sich meinem widmen. Doch anstatt es sich wie ein Buch durchzulesen, schreiben sie zwischen die Zeilen. Sie beschmutzen mein Leben und machen meinen Roman kaputt. Und am Ende sagen sie, sie verstehen die Moral nicht.", mit leicht geöffnetem Mund musterte der Ältere den blonden Jungen und er schien ihn so zu faszinieren wie noch nie zuvor.

"Hoffentlich wurde dein Roman nicht von John Green geschrieben.", mit abwesenden Blick murmelte Zayn nun diese Wörter und Nialls Blick wanderte zu ihm.

"Warum?", verwirrt beobachtete er den Schwarzhaarigen, der ihm jetzt warm zulächelte.

"Nunja, John hat diese blöde Angewohnheit, die tollen Charaktere draufgehen zu lassen.", und nun lachte Niall. Es klang wie die schönste Melodie in den Ohren des Anderen und auch er stimmte nun mit ein.

Und vielleicht hatte das Niall gefehlt. Dieser kleine Strahl an Sonne in seinem dunklen Leben. Vielleicht hatte er über all die Zeit nur jemanden gebraucht, der ihn verstand. Jemanden, der nicht in der Vergangenheit wühlte, sondern versuchte, die Zukunft zu gestalten. Jemanden, mit dem er sich über Bücher und Filme unterhalten konnte und es genoss.

Vielleicht hatte Niall einfach Zayn gefehlt.


numb  › ziallМесто, где живут истории. Откройте их для себя