☍ Twenty-One

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"Sie regt mich so auf! Diese Frau kann nichts außer meckern und zicken!", Louis war gerade dabei, sich lauthals über Mrs. Walles -seine über alles geliebte Chemielehrerin- zu beschweren, während die weiteren drei Schüler bei ihm dies nur belächeln konnten.

"Warum musstest du auch anfangen zu singen? Nicht jeder steht auf Showeinlagen im Unterricht.", äußerte sich jemand neben ihm, ihr blondes Haar süß wie Honig und ihre Augen blau, ganz klar wie zwei Sterne. Ihr Name war Paula und sie saß neben dem Älteren im Chemiekurs. Dies konnte auf die Dauer wirklich anstrengend werden, vor allem wenn Louis begann über sie hinweg mit Zayn zu reden oder er anfing sie mit Witzen zu bewerfen, deren Anteil an Logik von Mal zu Mal abnahmen. Doch Paula hatte einen starken Charakter, auch ein Louis konnte sie nicht vergraulen.

"Ich habe gesummt. Das ist etwas ganz anderes.", der Braunhaarige verschränkte beide seiner Arme vor der Brust.

"Selbst ich habe es gehört - und ich sitze in der letzten Reihe, Louis.", nun meldete sich auch die Zweite im Bunde zu Wort. Amy war Paula sehr ähnlich und doch schien sie sich in absurder Größe von ihr zu unterscheiden. Ihr Haar glänzend, ja, beinahe wie Gold und ihre Augen in der Farbe eines einzelnen Sturms.

"Ihr übertreibt total! - Zayn, sag' doch auch mal was.", Louis sah zu seinem besten Freund, der über die gesamte Zeit des lauten Gefechts nicht ein Wort über die Lippen gebracht hatte. Er konnte sich nicht einmal dazu bringen, den anderen zu zuhören. Er dachte an Niall.

"Du hast defintiv recht und ich würde dich wirklich wahnsinnig gern noch weiter unterstützen, aber ich muss los!", mehr äußerte er zu diesem Thema nicht, bevor er eine andere Richtung einschlug. Louis sah ihm hinterher und auch die zwei Mädchen im Bunde ließen ihren Blick auf dem Rücken des Dunkelhaarigen verweilen. Ihnen war klar, wohin es ihn trieb.

"Recht herzlichen Dank für deine stützenden Worte, mein bester Freund.", auf die Worte von Louis drehte sich Zayn ein letztes Mal um und warf diesem ein breites Grinsen zu.

"Hab' Niall versprochen pünktlich am Treffpunkt zu erscheinen. Tut mir leid, Alter.", entschuldigend zuckte der Schwarzhaarige mit den Achseln, bevor er sich endgültig dem Weg widmete und seinen drei Freunden somit schließlich vollkommen den Rücken zukehrte.

"Ja, ja. Grüß' ihn von mir.", Louis sagte dies nun ein Stück leiser, doch trotzdem streckte Zayn seinen Daumen in die Höhe, um seinem Freund so zu zeigen, dass er seinen Wünschen nachkommen würde. Daraufhin schüttelte Louis nur lachend mit dem Kopf.

"Er ist so verknallt.", er sprach zu den beiden Blonden neben sich, doch sein Blick wich nicht einmal von dem Hinterkopf seines besten Freundes, der mittlerweile die Gänge hinunter rannte - auf dem Weg zu Niall. Der Blonde hatte ihm defintiv den Kopf verdreht.

-

"Tut mir leid. Ich wollte wirklich früher kommen, aber Mrs. Walles hatte noch-", Zayn stand an dem vereinbarten Treffpunkt, hinter dem Regal der Thriller in der kleinen Schulbibliothek, doch nichts als gähnende Leere empfing ihn.

"Niall?", verwirrt sah er sich nach dem ihm so vertrauten Blonden um, aber da war niemand. Nichts als Bücher umgaben ihn.

Völlig verwundert und enttäuscht nahm er vorerst auf dem heruntergekommenen Sitzleder eines Sofas in der Bibliothek Platz, um auf den Anderen zu warten. Er faltete seine Hände in seinem Schoß und ließ seinen Blick durch jede Ecke des Raumes gleiten. Seine Augen hefteten sich an die verschiedensten Buchtitel, an verschiedene Umschläge.

20 Minuten vergingen, doch niemand betrat die kleine Schulbibliothek.

Zayn sah aus dem anlegenden Fenster und das Wetter war ganz wüst, gar stürmisch. Die dürren Bäumchen bogen sich unter der Wucht des Windes, doch Regen fiel vorerst keiner.

Weitere 30 Minuten verstrichen und Niall ging nicht an sein Handy.

Allmählich bäumte sich in dem Älteren Wut auf. Doch neben all dieser Wut und Enttäuschung barg sich auch dieser Hauch von Angst, der ihm wie ein kühler Windhauch unter die Haut ging.

18 verschickte Nachrichten, 6 unbeantwortete Anrufe.

Zayn verließ die Bibliothek.

Er war sich nicht sicher, ob Niall ihm versuchte, aus dem Weg zu gehen, oder er tatsächlich in Schwierigkeiten steckte.

Zayn hatte schon Vieles mit seinem blonden Freund durch - genug, um zu wissen, dass er seine Sorgen und seine Angst keinesfalls ignorieren oder herunterschlucken sollte.

Seine Beine trugen ihn und mittlerweile fühlten sie sich nicht einmal mehr, wie seine eigenen an. Sie trugen ihn die vielen Straßen entlang, die er schon so oft mit Niall durchquert hatte. Sie trugen ihn über Straßenkreuzungen und Bürgersteige.

Er erreichte das Diner, in dem er schon so viele Worte mit Niall gewechselt hatte, in dem er schon so viele Erinnerungen erkannte.

Doch auch hier hielt sich der Blonde nicht auf.

Zayn begann zu rennen. Er rannte Straßen bishin zu Nialls Haus ab, er rannte über dünne Äste und knirschende Kiesel.

Die beißend kühle Luft setzte sich innerhalb seiner Lungen in Brand und wie eine einzelne Zündschnur kroch sie ihm bis in die Kehle.

Seine Knochen fühlten sich an wie Blei und doch schienen die Gedanken in seinem Kopf alles zu kontrollieren. Die Kontrolle über seinen Körper schien lang entwichen, nur sein Herz schlug noch in einem Rhythmus mit dem Sinken der Sonne.

Wind peitschte ihm ins Gesicht, ließ seine Haare wirbeln und fliegen. Sogar Regentropfen fielen bereits, brannten und pieksten auf seiner Haut.

Die Sonne lag bereits hinter dem Horizont und doch hatte Zayn keine Zeit, die vielen vereinzelten Sterne zu betrachten.

Sein Weg schien aussichtslos, Niall war nirgends zu finden.

Er drehte sich um seine eigene Achse, seine Welt begann sich vor seinen Augen zu drehen. Schneller, immer schneller. Bäume um ihn herum verschwammen, blieben als einzige Flecken zurück im Dunkel der Nacht.

Er schrie aus Leibes Kräften, er schrie Nialls Namen. Immer und immer wieder.

Ein letztes Mal trugen ihn seine Sohlen den Asphalt entlang und je weiter er lief, desto unvertrauter wurde ihm seine gesamte Umgebung.

Laute Motoren erklangen in seinen Ohren, ließen ihn denken, er wäre taub.

Der Matsch hing sich an seine Schuhe und tauchte diese in eine grässlich öde Farbe. Schmatzen unter seinen Sohlen, wie Saugnämpfe, die man von einer Glasscheibe zog.

Er stand an dem Fuße einer asphaltierten Brücke, darunter die befahrene Autobahn, welche den Boden unter seinen Füßen wie zum Erschüttern brachte. Beinahe spürte er, wie das Brummen und Schlottern sich durch seinen Körper zog, von seinen Füßen bis zu seinen Fingerspitzen hinauf.

Sein Blick erfasste die Umgebung und mit einem Mal rustchte ihm das Herz in die Hose.

Dort saß Niall, auf dem hochgelegenden steinernden Gerüst der Brücke - mehrere Meter über der stark befahrenen Autobahn.


numb  › ziallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt