☍ Four

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"Wir sehen uns dann morgen.", mit diesen Worten stieg Louis aus dem Bus und winkte den beiden zurückgelassenen Jungen von draußen noch zu. Man hätte meinen können, er wäre letzten Sonntag stolze zehn Jahre alt geworden, so wie er glücklich grinsend mit seinen kleinen Händen wedelte, um sich noch einmal von seinen zwei Freunden zu verabschieden, aber der junge Mann hatte im Dezember letzten Jahres auf seinen 18. Geburtstag mit einem Bier angestoßen.

"So ein Spinner.", lachend verschränkte Harry beider seiner Arme vor der Brust und der Bus setzte sich wieder in Bewegung. Die großen Scheiben des Wagens waren beschlagen und draußen fing es an zu regnen -typisch Herbst eben. Die kahlen Bäume und farblosen Gebäude zogen in Eile an Zayns Augen vorbei und erschöpft lehnte er seinen Kopf gegen das kühle Glas. Immer mehr Menschen verließen den Bus und allmählich kam auch die Haltestelle des Schwarzhaarigen näher.

"Bis morgen, Alter.", auch Harry erhob sich nun von dem verstaubten Stoff seines Sitzes und klopfte seinem Kumpel freundschaftlich gegen die Schulter, bevor er geradewegs in den Regen stolperte. Seine braunen Locken wirbelten wild im peitschenden Wind umher und mit diesem typischen, charmanten Grinsen auf seinen pinken Lippen drehte er sich noch einmal zu seinem schwarzhaarigen Freund, welcher sich ein Lächeln nun auch nicht verkneifen konnte. Zum Abschied hob der Lockenkopf seine rechte Hand, bevor er seine Nase tief in seinem dicken Schal verbarg, um dann gleich darauf mit gesenktem Blick den nassen Asphalt entlang zu gehen - geradewegs nach Hause.

Und so saß Zayn nun allein im Bus. Es war wie jeder andere Tag auch. Die einzigen, die sonst mit ihm in einem Bus saßen, waren zwei blonde Mädchen, welche sich zu jeder Zeit angeregt unterhielten und einfach immer guter Laune waren, wann immer ihre Freundin bei ihnen war, Dylan -ein ziemlich ruhiger, aber freundlicher Junge aus Zayn's Chemie Kurs-, Darleen -das wohl selbstbewussteste Wesen, welches Zayn je untergekommen war- und zu guter Letzt noch Niall. Der Blondschopf saß immer ganz vorn und fiel nicht ein einziges Mal auf. Die Kopfhörer steckten ihm stets in den Ohren und auch sonst kam man nicht an ihn heran.

Der Schwarzhaarige merkte gar nicht, wie er in seinen eigenen Gedanken versank, als der Bus ein weiteres Mal mit einem dumpfen Zischen an einer anderen Haltestellte ansetzte. Ein Blick aus dem zerkratzten Fenster genügte und Zayn sprang auf, doch vor der Tür blieb er stehen. Sein Blick glitt ungewollt zu dem blonden Hinterkopf ganz vorn und sein Neugierde kämpfte gegen seine Vernunft. Er würde so gern mal sehen, wohin es den Blonden brachte. Er würde gern mehr von ihm wissen. Und so überlegte er, doch das hielt nicht lang, denn schon im nächsten Moment schlossen sich die beiden Türen direkt vor seiner Nase und so wurde er regelrecht zu seiner Entscheidung gezwungen. Stumm nahm er auf einem anderen Sitz Platz und ließ dabei seinen Blick starr auf dem Blonden im vorderen Bereich des Busses verweilen.

Und die nächste Haltestelle zog an ihnen vorbei. Die Innenstadt ließen sie hinter sich und auch die Menschen wurden weniger. Lachend verschwanden auch die beiden Freundinnen und jeglicher Laut war wie davon geweht. Mit ihnen ging der Rest Leben und in behaglicher Stille saßen nur noch Niall und Zayn im Bus. Der Blonde ganz vorn mit Musik in den Ohren und Gedanken ganz woanders und dann war da noch der Schwarzhaarige, welcher nicht ein einziges Mal seinen Blick von dem Hinterkopf des anderen weichen ließ und nur die Geräusche der Autos um sich herum wahrnahm.

Seine Gedanken flogen wild umher, ob es eine schlechte oder doch gar keine so üble Idee war, dem Blonden zu folgen. Ob er es bemerken würde oder ob er ihn nicht einfach ansprechen könnte. Ob er auf der Stelle doch lieber umkehren sollte oder ob er es nicht einfach durchziehen sollte. Ganz begeistert war Zayn von sich selbst in diesem Moment zwar nicht, aber weiter nachdenken konnte er wiederum auch nicht, denn der Bus hielt und der Blondschopf verschwand. Mit seiner schweren Tasche über der linken Schulter verließ nun auch der Schwarzhaarige den Bus und hielt Ausschau nach dem bekannten, blonden Hinterkopf, auf welchen er sich die letzten Minuten fixiert hatte.

Und da war er. Mit dem Rucksack auf dem Rücken schlurfte er den nassen Asphalt entlang und zog sich die Kapuze seiner grauen Strickjacke zur Hälfte über den Kopf. Die freien, bleichen Strähnen, welche Wind und Wetter ausgesetzt waren, waren schneller feucht als erwartet und einige Haare klebten ihm matt an der Stirn. Zayn tat es ihm gleich, zog sich seine schwarze Kapuze über den Kopf und folgte dem Anderen unauffällig. Louis und Harry hätten ihn für verrückt erklärt. Der Junge aus Doncaster hätte sich doch schlapp gelacht, hätte er der Schwarzhaarigen jetzt gesehen. Harry hätte mit dem Kopf geschüttelt und ihm immer und immer wieder gesagt, wie gruselig und abwegig das doch ist. Aber Zayn war interessiert an Nialls Leben und seine Neugierde hatte seine Vernunft schon um längen geschlagen.

Und so fand er sich in einem Teil Londons wieder, welches er zuvor noch nie zu Gesicht bekommen hatte, dem blonden Jungen vor sich dicht auf den Fersen.

Ihr Weg führte durch einen kleinen Park und der harte Asphalt wurde ersetzt durch einen sandigen Pfad und feuchtes Gestrüpp, welches bei jedem Schritt unter den Sohlen des Schwarzhaarigen knackte. Währenddessen hatte der Blonde die Musik ausgeschaltet und veranlasste somit, dass Zayn sich regelrecht verbog nur um nicht bemerkt zu werden.

Die Straßen wurden unbekannter und die Häuser kleiner. Zayn kannte sich ganz offensichtlich nicht aus, denn er hing an dem Blonden wie ein Kaugummi unter der Schuhsohle.

"Kannst du bitte damit aufhören?", Zayn erstarrte. Einen Moment war es still und der Blonde drehte sich zu dem Anderen um. Mit einem genervten Blick musterte er den Schwarzhaarigen von oben bis unten und die Worte schienen eben-diesem im Halse stecken geblieben zu sein.

"Du solltest lernen, leiser zu sein.", und mit diesen Worten kehrte er dem anderen Jungen den Rücken wieder zu, um gelassen weiterzugehen. Einen Moment sah Zayn ihm noch sprachlos hinterher, bevor er ihn schnell einholte.

"Wie heißt das Viertel hier?", neugierig beobachteten die braunen Augen des Schwarzhaarigen die Gegend um sich herum und schweiften von einem Haus zum Anderen. Die Vorgärten waren nicht von stolzer Größe, aber einige waren wirklich hübsch anzusehen mit ihren bunten Blumen oder weißen Gänseblümchen. Doch als Zayn keine Antwort auf seine Frage bekam, sah er wieder zurück zu dem Blonden neben sich, welchen er um etwa einen Kopf überragte.

"Ich bin übrigens Zayn.", dieses Mal lag ein warmes Lächeln auf den vollen Lippen des Älteren und doch entlockte er dem Blondschopf nicht die geringste Emotion.

"Ich weiß.", mehr sagte er nicht. Mehr als ein kaltes 'Ich weiß' verließ seine schmalen Lippen nicht.

"Woher?", Zayn wollte nicht zu neugierig klingen, doch es schien nicht ganz sein Tag gewesen zu sein.

"Woher? Dich kennt beinahe jeder an der Schule.", Niall sagte es so, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Als gäbe es nichts Einfacheres.

Zayn blieb still.

"Das muss toll sein, nicht?", Niall sah geradeaus und ein paar Sonnenstrahlen kitzelten seine Nase. Der sanft wehende Wind zerrte leicht an dem weichen Stoff seiner Strickjacke und er zog sich die Kapuze vom Kopf, als er sich sicher war, es würde kein weiterer Tropfen mehr vom Himmel fallen.

"Was meinst du?", verwirrt sah der Schwarzhaarige zu dem blonden Jungen und bekam wie so viele Male zuvor mit, wie schön er doch eigentlich war. Noch nie war Zayn ihm so nah gewesen. Noch nie war er ihm so vertraut gewesen.

"Von jedem geliebt zu werden."


numb  › ziallTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang