☍ Seven

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Manchmal stellte Niall sich sein Leben wie einen Film vor. Er lief die Straßen entlang mit Musik in den Ohren, die so laut war, dass man hätte schwören können, sie würde seinen Herzschlag kontrollieren. Seine Schritte waren unbeschwert und federleicht, jede Brise schien wie ein ermutigender Schulterklopfer. Die Sonne schien hoch oben zwischen breiten Wolken und ihre Strahlen streiften wie sanfte Fingerspitzen sein Gesicht.

Es war, als würde er mit fröhlicher Hintergrundmusik die Bildfläche in Besitz nehmen.

Sein Rucksack war schwer, doch der Optimismus schien die tragende Last von seinen Schultern zu nehmen. Und auch der sonst so öde Schulweg aus Stein wirkte so viel schöner. Er bemerkte weiße Blumen, die gestern doch noch so grau aussahen und alles schien zu blühen und zu sprießen.

Bis:

"Hey, Horan!", sein Herz rutschte ihm in die Hose. Er drehte sich nicht um. Vielleicht hatte er sich die störende Stimme auch nur eingebildet. Das passierte ihm oft, wenn er Musik hörte. Also lief er weiter, doch dieses Mal in einem etwas zügigerem Gang.

"Stehenbleiben, Schwuchtel!", der Film zerriss, die Farben schwanden und Niall rannte.

Sein Atem verlief unregelmäßig und das Herz schien ihm beinahe zu zerplatzen. Schmerzend hart pochte es ihm im Brustkorb und er hätte schwören können, es hätte jeden Moment den Stoff seines Pullovers durchbrochen. Seine Seiten schmerzten und das stechende Ziehen wurde von Schritt zu Schritt stärker. Als würden kleine Dornen seine Hüften entzweireißen.

Doch es war nicht der kleine Sprint, der ihm so zusetzte. Nein, es war die Angst und Furcht in seinen Knochen, die ihn wie ein elendes Stück Stoff zerriss.

Mit einem Dreh wurde er am Kragen seines Pullovers zurückgerissen und das Ziehen des Materials schnürte ihm die Kehle zu. Panisch schnappte er nach Luft, doch es erschien genauso zwecklos wie das Atmen Unterwasser.

Die Tasche fiel ihm von den Schultern und die Musik schwand. Zwei kalte graue Augen blickten ihm direkt in seine eigenen und der Junge vor ihm hielt ihm weiter fest am Kragen seines Pullovers.

"Wo wollen wir denn so schnell hin, Süßer?", den Kosenamen spuckte er ihm gehässig ins Gesicht und zog den Blonden dabei noch näher zu sich, was dazu führte, dass Niall nun schon bereits fast mit den Fußsohlen von dem Asphalt abhebte. Voller Furcht kniff der Kleinere seine Augen zusammen und Schlucken -geschweige denn Atmen- schien allmählig schwerer und herausfordernder zu werden.

In Situationen wie diesen wusste Niall nie, wie sich zu helfen war. Die Angst schien lähmender von Mal zu Mal und wie eine einzelne Mauer versperrte die Furcht ihm seine Gedankengänge. Er bekam dieses schrecklich eklige Gefühl in seinem Magen, als würde alles in ihm zu Kochen beginnen. Als müsste er alles herunterschlucken, um sich nicht übergeben zu müssen. Dieses unwohle Gefühl, welches sich als 'Angst' bezeichnete.

"Ich rede mit dir!", schrie er den Blonden an. Doch was sollte Niall schon tun? Es lief doch immer auf das Selbe hinaus.

"I-Ich gehe zur Schule.", beinahe verschluckte er sich an seinen Worten.

"Kannst du gleich bleiben lassen. Die hilft dir auch nicht, dein armseliges Leben auf die Reihe zu kriegen.", hämisch fing Matthew an zu grinsen und Niall sah ihn einfach nur an. Möge Matthew noch so schrecklich zu ihm sein, Niall gab ihm Recht. Sein Leben war ein einziges Häuflein Elend. Armselig, genau wie er selbst.

"Und jetzt verpiss' dich. Ich will deine lächerliche Visage heute nicht noch einmal sehen müssen.", und somit machte sein Knie Kontakt mit dem Magen des Blonden. Schmerzerfüllt stöhnte der Kleinere auf, doch wurde den Gedanken nicht los, es verdient zu haben.

numb  › ziallWhere stories live. Discover now