Vorkommnisse

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Jemand rüttelte sanft an meinen Schultern. Als ich die Augen aufschlug, sah ich Newts Gesicht über mir.
„Was ist los? Ist irgendetwas passiert?", fragte ich schlaftrunken und setzte mich auf.
Newt schüttelte grinsend den Kopf. „Ich dachte nur du könntest so langsam mal wach werden."
Ich sah mich um. Alle Hängematten um mich herum waren schon leer. Über mir durch die dichten Blätter konnte ich den blauen Himmel sehen. Leise hörte ich die Stimmen und Schritte der anderen Jungen.
„Wie lange habe ich denn geschlafen?", fragte ich erschrocken und zog die Jacke aus, die ich gestern Abend angezogen hatte bevor ich mich hingelegt hatte. Es war sogar hier, im Schatten der Bäume, unglaublich heiß. Ich krempelte die Beine meiner Cargohose ein Stück nach oben.
„Du kannst froh sein, wenn Bratpfanne noch Frühstück hat."
„Oh Gott.", murmelte ich und stützte den Kopf in die Hände. „Tut mir leid. Du hättest mich früher wecken sollen."
„Ach. Du hast so friedlich geschlafen, ich konnte das Bild einfach nicht zerstören." Er sah mich prüfend an. „Gehts dir gut? Du bist gestern Abend einfach so verschwunden."
Ich nickte und stand auf. „Ich gehe mir schnell Frühstück holen und komme dann helfen."
„Gut. Wir haben heute sogar eine extra Hilfe."
Also würde Thomas bei den Gärtnern anfangen. Die Frischlinge durchliefen in den ersten Tagen alle Jobs der Lichtung einmal und konnten sich dann am Ende für einen entscheiden, wenn der Hüter damit einverstanden war.
„Mal schauen, wie er sich anstellt."
Um ehrlich zu sein, war Thomas keine große Hilfe. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er gar keine Hilfe war. Statt seine Arbeit zu erledigen, stellte er alle möglichen Fragen und je mehr er stellte, desto absurder wurde es.
„Was ist denn mit dem Efeu? Könnte man nicht theoretisch daran hinauf klettern?
„Haben wir versucht.", antwortete Newt sofort. „Der Efeu wird oben immer dünner. Er würde einfach reißen, wenn wir uns daran hängen würden. Aus der Höhe in die Tiefe zu stürzen ist schmerzhaft."
Thomas dachte kurz nach und meinte dann: „Was ist mit der Box?"
„Geht nicht.", sagten Zart und ich, wie aus einem Munde. Ich lächelte ihn kurz an und sah dann wieder zu Thomas. „Sobald jemand drin sitzt, fährt sie nicht mehr runter."
„Aber was wäre wenn..."
Er wurde von Newt unterbrochen. „Egal, was du uns vorschlägst, wir haben's versucht. Vermutlich sogar mehrmals." Er klang ernsthaft genervt.
Thomas setzte an etwas zu sagen, doch dieses Mal unterbrach ich ihn. „Vergiss es Frischling. Wir hatten hier viel Zeit zum experimentieren. Glaub mir, wir haben alles versucht. Der einzige Weg hier raus..." Ich zeigte zu einem der Tore. „...führt dort lang. Deswegen haben wir die Läufer. Lass sie ihren Job machen und fang du an deinen zu machen."
Newt schmiss Thomas einen Eimer zu. „Du könntest damit beginnen uns noch Dünger holen zu gehen."
Thomas sah so aus, als würde er Newt den Eimer am liebsten an den Kopf schmeißen. Doch er ging ohne Widerrede in Richtung des Waldes davon.
Ich sah zu Zart, der nur lächelnd den Kopf schüttelte und sich dann wieder seiner Arbeit zuwand.
„Reizende Aufgabe.", sagte ich zu Newt.
Er zuckte mit den Schultern. „Hörst du ihn noch Fragen stellen? Also ich nicht."
Ich lachte, doch dann fiel mir etwas ein. „Weiß er überhaupt wo der Dünger ist?"
Newt überlegte kurz. „Er wird ihn schon finden."
„Ich kann ohne Dünger nicht weiterarbeiten.", merkte ich an. „Ich zeige es ihm, dann kann er nächstes Mal alleine gehen." Schnell stand ich auf und ging Thomas hinterher.
Er war im Wald verschwunden und ich brauchte kurz, um ihn zu finden.
„Hey Frischling.", rief ich, doch Thomas reagierte nicht. Er starrte auf die Kreuze mit den eingeritzten Namen, die sich im Boden befanden. Natürlich musste er gerade das Schädelfeld im Wald finden.
„Was ist hier passiert?", fragte er leise, als ich mich neben ihn stellte.
„Ich weiß es nicht genau. Das war vor meiner Zeit. Es muss furchtbar gewesen sein. Keiner möchte wirklich darüber reden." Ich griff nach seinem Unterarm und begann ihn von dem Platz wegzuziehen. „Komm ich zeig dir, wo du Dünger finden kannst."
Zu meiner Überraschung kam er mit ohne sich zu beschweren. Vermutlich war er von dem Anblick noch zu geschockt.
Doch als wir uns umdrehten, stand jemand vor uns und versperrte uns den Weg. Ich sprang erschrocken einen Schritt zurück und auch Thomas zuckte zusammen. Es war Ben.
„Oh man hast du mich erschreckt.", rief ich lachend, die Hand auf mein pochendes Herz gepresst. Doch als ich den blonden Jungen ansah, merkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Mal ganz abgesehen davon, dass er längst mit Minho im Labyrinth sein sollte, sah er ungesund aus. Blaue Venen zogen sich über seine nackten Arme und sein Gesicht. Er atmete heftig, schnaubte beinahe schon. Seine sonst so freundlichen und offenen Augen waren milchig und schienen sich auf nichts richtig zu fokussieren. Ich hatte es noch nie in echt gesehen, doch Alby hatte es mir beschrieben.
Ben war gestochen worden.

Lauf, solange du noch kannst [Maze Runner Fanfiction]Where stories live. Discover now