Arbeit auf der Lichtung

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Ich war wieder im Labyrinth. Wieso war ich hier? Ich erinnerte mich nicht daran, durch das Tor getreten zu sein. Und doch stand ich hier. Efeu umgab mich. Der kalte Wind heulte durch die Gänge vor mir und ließ mich zittern. Ich war in einer Sackgasse. Mein Rücken klebte an einer Wand.
Vor mir befanden sich drei Gänge, drei Möglichkeiten. Der rechte Gang offenbarte eine große, schlanke Gestalt. Sie schrie etwas, doch der Wind trug die Worte davon, bevor sie mich erreichten. Die Gestalt hob die Hände vor den Körper und schloss sie um einen imaginären Hals. Ich fühlte die Finger, die sich um meine Kehle legten und mich würgten. Ich griff mir an den Hals, doch da war nichts. Trotzdem konnte ich nicht atmen.
„Ben! Hör auf!", schrie ich verzweifelt. Er legte den Kopf schief und drehte ihn dann nach links. Ich folgte seinem Blick und sobald ich in den mittleren Gang sah, bekam ich wieder Luft. Der Gang war schwarz. Es war keine natürliche Dunkelheit. Sie bewegte sich, offenbarte dabei aber nicht was sich hinter ihr verbarg. Stattdessen schien die Dunkelheit auf mich zuzukommen. Eine unnatürliche Kälte legte sich über meinen Körper. Wenn diese Dunkelheit mich verschluckt, werde ich nie wiederkehren. Ich zitterte heftig und wenn mein Rücken nicht an der Wand kleben würde, hätten meine Knie mich bereits im Stich gelassen. Die Dunkelheit erreichte meine Füße und verschluckte sie.
„Bitte, bitte nicht..." Meine Stimme war schwach, als wäre ich schon kaum noch hier.
Ein Geräusch von der linken Seite ließ mich den Blick abwenden. Die Kälte verschwand augenblicklich. Aus dem linken Gang drangen unmenschliche Schreie. Messerscharfe Zähne blitzten mir entgegen. Spikes schürften über den Boden und ein vertrautes Summen und Klicken hallte in meinem Kopf wieder. Ein Griewer. Das Biest blieb im Dunkeln, aber hob seinen Greifarm und griff zu. Es fühlte sich an, als würde mein Körper in der Mitte geteilt werden. Ich schwebte in der Luft und doch klebte ich immer noch an der Mauer hinter mir. Meine Haare peitschten mir ins Gesicht und blockierten meine Sicht und trotzdem konnte ich den Griewer vor mir deutlich erkennen. Ich schrie aus Leibeskräften. Es klang furchtbar laut und trotzdem zu leise.
„Entscheide dich.", flüsterten die Wände mir zu. „Entscheide dich."
Ruckartig wurde ich auf dem Boden, den ich nie verlassen hatte, abgesetzt.
„Entscheide dich."
Ich sah von links nach rechts. Die Spikes um meine Hüfte, die kalte Dunkelheit, die Hände um meinen Hals.
„Entscheide dich."
„Nein!", brüllte ich. „Ich will zu Newt!"
Die Wände antworteten mir nicht. Meine Zeit war abgelaufen. Etwas zog an mir und ich fiel durch den Boden in eine endlose Dunkelheit.

„Marie. Wach auf!"
Ich riss die Augen auf und sprang auf die Füße. Dabei stieß ich gegen etwas. Dieses „Etwas" stellte sich als Thomas heraus, der offenbar vor mir gekniet hatte. Jetzt lag er auf dem Rücken und hielt sich den Kopf. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, weil ich zu schnell aufgestanden war. Ich ließ mich mit dem Rücken gegen die Wand hinter mir sinken. Dabei bemerkte ich erst Minho, der besorgt zu mir hinunter sah. Hinter ihm konnte ich am Himmel erkennen, dass die Dämmerung eingesetzt hatte.
„Was macht ihr beide hier?", fragte ich und strich mir die Haare aus dem Gesicht.
„Ich wollte den Frischling hier zu seinem ersten Arbeitstag als Läufer abholen. Da hab ich gedacht, dass wir deine Zelle ja auch aufschließen könnten. Hast du geträumt?"
Ich nickte. Mein Atem begann sich zu beruhigen. „Aber es war nichts wichtiges."
„Sicher?", fragte Thomas, der sich mittlerweile aufgerappelt hatte. „Du hast geweint."
Ich fuhr mir durchs Gesicht und spürte die nassen Spuren auf meinen Wangen. Trotzdem antwortete ich: „Ja ganz sicher. Geht, ihr müsst los."
Minho streckte mir eine Hand entgegen. „Komm raus da. Du solltest dich noch ein wenig hinlegen." Er zog mich aus dem Erdloch und Thomas folgte mir.
„Bis heute Abend. Viel Glück."
Beide Jungen warfen mir noch einen prüfenden Blick zu und liefen dann in Richtung Tor davon. Ich hingegen machte mich auf den Weg zu meiner Hängematte. Mein Steißbein schmerzte, weil ich die ganze Nacht darauf gelegen hatte. Alles an mir war voller Erde. Ich klopfte mich ein wenig ab. Nicht das es helfen würde. Dann kletterte ich in meine Hängematte. In diesem Moment setzte das Rumpeln und Surren der Tore ein. Vor meinem inneren Auge, sah ich Thomas und Minho ins Labyrinth laufen. Sie würden es schaffen. Sie waren schlau und schnell. Mit diesem Mantra im Kopf, schloss ich die Augen. Doch mein Traum hatte mich zu sehr verschreckt, als dass ich einfach wieder einschlafen könnte. Stattdessen lag ich da, mit geschlossenen Augen und lauschte. Um mich herum begannen die Lichter mit der Zeit aufzuwachen und sich für den Tag bereit zu machen. Sie unterhielten sich flüsternd. Man hörte ihre Schritte auf dem Waldboden, wenn sie sich auf den Weg zum Gehöft machten, um zu frühstücken. Ich hielt die Augen geschlossen, ließ jeden glauben das ich noch, oder besser gesagt wieder, schlief.
Die meisten Jungen waren wohl schon gegangen. Ich hörte kaum noch Geflüster oder Schritte in meiner direkten Nähe. Bis auf eine Person. Sie schien direkt auf mich zuzugehen. Ihre Schritte klangen ungleichmäßig, so als wäre ein Bein stärker, als das andere.
Oh.
Ich öffnete die Augen und richtete mich auf. Newt kam auf mich zu. Die blonden Haare, wie immer, ziemlich verwuschelt. Sie waren so lang geworden, dass ich ihm bald ein Haargummi von mir leihen könnte. Er lächelte, als er sah das ich wach war.
„Morgen. Na wie war deine Nacht?", fragte er neckend und blieb vor mir stehen.
Ich schnaubte. „Ein Albtraum, wortwörtlich."
„Du wolltest es so.", erinnerte er mich.
„Und ich bleibe dabei. Es war richtig. Also, worüber wolltest du mit mir reden?"
„Wie kommst du denn darauf?"
„Intuition? Menschenkenntnis? Übernatürliche Kräfte? Such dir was aus."
Er lachte kurz. „Ich wollte fragen, ob du heute Teresa ein wenig betreuen könntest."
Stimmt ja. Über den ganzen Trubel hatte ich fast vergessen, dass es jetzt zwei Mädchen auf der Lichtung gab.
„Ich hätte eigentlich gerne Bratpfanne das ganze übernehmen lassen. Er wirkt beruhigend auf andere."
Das stimmte. Pfanne hatte ein unauffälliges Wesen und schaffte es immer irgendwie alle zu beruhigen. Meistens war er damit beschäftigt Gally wieder runter zu bringen.
„Aber...", fuhr Newt fort. „...nach dem Vorfall mit den Steinen gestern, ist keiner so wirklich bereit das Ganze zu übernehmen."
„Feiglinge.", murmelte ich und streckte mich. Mein Rücken knackte. „Himmel, ich höre mich an, wie eine alte Frau."
Newt lachte und half mir hoch. „Sie ist beim Gehöft und frühstückt."
Perfekt, dann konnte ich mich ihr direkt anschließen und danach könnten wir zu den Gärten gehen.

Lauf, solange du noch kannst [Maze Runner Fanfiction]Where stories live. Discover now