Offengelassen

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„Was ist da los?", fragte ich in die Runde. Keiner antwortete. Das Geräusch hielt an. Ich sah, wie mehrere Lichter auf die Tore zuliefen. Gally begann auch zu laufen und ich folgte ihm.
Als wir vor dem Tor ankamen, standen die meisten schon im Halbkreis darum. Das Rumpeln war immer noch zu hören.
„Ist das normal?", fragte Chuck, als ich mich zu ihm und Newt stellte.
„Nein.", antwortete ich. „Das ist noch nie passiert."
Niemand tat etwas, wir standen einfach nur da, starrten in den leeren Gang und lauschten. Die Bilder aus meinem Traum schossen mir wieder in den Kopf. Unwillkürlich überfiel mich ein Schaudern. Newt streichelte beruhigend meinen Unterarm.
„Sie werden es schaffen. Vermutlich ist es gar nichts schlimmes." Obwohl er den wahren Grund meines Erschauderns nicht wissen konnte lag er erstaunlich nah dran.
„Willst du damit mich oder dich beruhigen?", fragte ich und sah ihn an.
Er antwortete nicht. Na super. Ich richtete meinen Blick wieder in den Gang vor mir. So plötzlich, wie das Rumpeln begonnen hatte, endete es auch wieder. Die Stille war unheimlich und flehte sich wie ein schweres Gewicht auf meine Schultern.
Doch sie hielt, zum Glück, nicht lange an. Kurz darauf bogen Minho und Thomas um die Ecke und kamen auf uns zugelaufen. Sie sahen abgekämpft und verschreckt aus. So als hätten sie etwas wirklich beängstigendes gesehen. Newt trat einen Schritt nach vorne. „Was ist passiert?", fragte er, bevor die beiden überhaupt bei uns angekommen waren.
„Wir glauben das wir einen Ausgang gefunden haben.", brachte Thomas zwischen zwei Atemzügen hervor. Er und Minho blieben nicht stehen, sondern gingen einfach weiter, sodass wir keine andere Wahl hatten, als ihnen zu folgen.
„Wie bitte?", fragte ich und joggte kurz, bis ich neben Minho herging.
„Er sagt die Wahrheit. Wir waren in einer ganz neuen Passage. Ich hab sie vorher noch nie gesehen.", bestätigte Minho.
„Wir glauben das die Griewer sich da tagsüber verstecken."
„Die Griewer?", fragte Chuck ängstlich.
„Das bezeichnet ihr als Ausgang?", fragte Newt ungläubig. Sein Humpeln machte es ihm schwer mit den schnellen Schritten von Minho und Thomas mitzuhalten. Sie bemerkten es nicht und gingen einfach weiter. Der Anzahl der Schritte nach zu urteilen, folgten die anderen Jungen uns auch. Ein Blick nach hinten bestätigte meine Vermutung. Ich sah das Gallys Blick eiskalt war, die Augenbrauen hatte er zusammengezogen. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
„Es ist unser einziger Weg. Wir müssen nur noch herausfinden, wie es funktioniert.", sagte Thomas.
„Wieso glaubt ihr das die Griewer sich dort verstecken?", hakte ich nach.
„Wir haben Bens Shirt dort in der Nähe gefunden." Minho sah zu Boden.
„Es würde zu dem passen, was ich gesehen habe.", versuchte ich von Ben abzulenken. Mein Kopf war zu voll mit möglichen Fluchtmöglichkeiten, um über seinen Tod nachzudenken.
Die Lichter betrachteten mich verwirrt.
„Wisst ihr nicht mehr...", sagte ich zu Thomas, Minho und Newt gewandt. „...als ich mich in dem Hohlraum unter der Wand versteckt habe und am nächsten Tag die ganzen Griewer gesehen habe, die in die gleiche Richtung gingen. Anscheinend haben sie tagsüber einen Unterschlupf, in dem sie bleiben."
„Scheint so. Es wäre Wahnsinn da einfach reinzulaufen.", sagte Newt, mehr zu sich selbst, als zu irgendwem sonst.
„Welche Chance haben wir denn?", antwortete Thomas.
Plötzlich griff Gally nach seiner Schulter und zwang Thomas damit stehen zu bleiben.
„Woher weißt du dass uns nicht ein Haufen Griewer gegenüberstehen, wenn wir da wirklich reingehen?", fragte er. Seine Augen blitzten angriffslustig. „Die Wahrheit ist doch, dass du schon wieder keine Ahnung hast, was du getan hast."
Thomas wirbelte herum und stellte sich direkt vor Gally. „Wenigstens tue ich etwas. Wenigstens versuche ich hier rauszukommen."
Gally lachte freudlos auf. „Frischling." Er betonte das Wort ganz besonders, vermutlich ein Versuch Thomas in seiner Position zurechtzuweisen. „Lass mich dir mal was sagen: Du bist hier seit drei Tagen..."
Thomas fiel ihm ins Wort. „Richtig und jetzt haben wir einen möglichen Ausgang, etwas das ihr in drei verdammten Jahren nicht geschafft habt."
„Ein Ausgang bei dem wir alle von Griewern umgebracht werden könnten? Oh ja, ein wirklich guter Plan." Gally trat noch näher an Thomas heran. Die beiden starrten sich hasserfüllt an. Mit jeder Sekunde schien die Wut der beiden zu wachsen. Mittlerweile war die Emotion für alle Umstehenden fast körperlich spürbar. Ich betrachtete die Situation mit Sorge, so wie alle anderen, aber keiner tat etwas.
„Soweit ich weiß, hast du hier nicht das Sagen, also solltest du dich wohl besser zurückhalten."
Gally ballte die Hände zur Faust. Reflexartig sprang ich nach vorne und drängte mich zwischen die beiden. Gerade rechtzeitig, denn als Gally zum Schlag ausholte, schaffte ich es seinen Arm abzuleiten, sodass er Thomas verfehlte. Jemand zog Thomas hinter mir weg, während ich mich direkt vor Gally positionierte, damit er nicht auf Thomas losgehen konnte.
Er stemmte sich gegen meine Hände, die auf seiner Brust lagen. „Du wirst uns noch alle umbringen.", rief er laut genug damit die ganze Lichtung es hörte. Ich schlug Gally heftig vor die Brust und schaffte es immerhin ihn so aus dem Gleichgewicht zubringen das er einen Schritt zurücktreten musste.
„Beruhig dich.", fuhr ich ihn an.
Sein harter Blick traf mich und bevor ich überhaupt beginnen konnte mir Sorgen zu machen, hatte Newt sich schützend vor mich gestellt. So wie damals, als Thomas vor dem Tor auf mich zugekommen war. Ein Arm war um meine Taille gelegt, bereit mich jederzeit nach hinten zu drücken, falls es nötig sein sollte. Ich hatte nie daran gedacht, dass Gally mich schlagen würde, aber Newt schien ihm in diesem Moment nicht zu vertrauen.
Gally sah mich kurz mit verletztem Gesichtsausdruck an, hatte seine Miene aber schnell wieder unter Kontrolle. „Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt das ihr mir nicht vertraut." Dann wandte er sich ab und ging davon.
"Dein Mut in allen Ehren Neppdepp, aber irgendwann wird er sich nicht zurückhalten können.", sagte Minho und betrachtete mich mit erhobenen Augenbrauen.
"Ach kommt schon." Ich sah zwischen den Jungen hin und her. "Ihr denkt doch nicht wirklich so schlecht von ihm oder?"
"Nein, normalerweise nicht. Aber früher war er nie so in Rage wie jetzt gerade.", merkte Bratpfanne an. Mir war gar nicht aufgefallen, dass er auch hier war. „Gerade hatte ich nicht das Gefühl ihn einschätzen zu können."
"Sei einfach vorsichtig bei ihm, in Ordnung?", bat Newt und ich nickte.
Plötzlich sah ich Teresa auf uns zukommen. "Jungs!", rief sie und als die meisten den Kopf zu ihr drehten, fügte sie hinzu: "Alby ist wach."

Lauf, solange du noch kannst [Maze Runner Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt