12. Kapitel

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Zwei Tage später konnte ich immer noch nicht ganz glauben was ich getan hatte und Davinia war wenig Hilfe, leider aber die einzige die Zeit hatte. Penelope hatte offenbar noch Hausaufgaben, aber ich war mir ziemlich sicher dass sie einfach irgendwo in einer Ecke verkrochen las. Penelope  hatte nie Hausaufgaben die nicht schon seit Wochen erledigt waren. Cassie war mit Brendon verabredet - offensichtlich wollten sie ihre Beziehung auf ein neues Level heben, ein Fakt der Davinia kaum still sitzen ließ -, Aria hatte wirklich Hausaufgaben zu tun, ihre Ausarbeitungen blieben immer bis auf die letzte Sekunde liegen, und Luce hatte ich heute noch nicht gesehen, aber der Tag war noch lang. 

"Mit zwei Typen gleichzeitig ausgehen... ich meine das ist wirklich ein ganzes Stück. Ich meine, ich bin beeindruckt - aber es ist doch sehr riskant", wiederholte Davinia und rührte nachdenklich ihren Kaffee um. Die Küche war erstaunlich geschäftig dafür das Abend gerade vorüber war und das nächste Essen erst am nächsten Morgen anstand. Wenn ich ehrlich war, hatte ich die Hauselfen noch nie unbeschäftigt gesehen, egal um welche Uhrzeit. 

Stöhnend rieb ich mir über die Augen. "Ich weiß", wiederholte ich zum tausendsten Mal. Diese Konversation drehte sich seit dem ersten Satz im Kreis; 'Du hast mit ihm ein Date?' Ja 'Du hast wirklich mit zwei Typen ein Date?' Ja 'Aber das ist riskant' Ich weiß 'Wirklich zwei Typen?' Ja!

Es wurde auch nicht besser, ganz gleich wie viel Kaffee sie hinunter kippte. "Mein Gott ich wünschte Jason hätte mich auf ein Date gefragt", seufzte Davinia jetzt und tippte sich nachdenklich ans Kinn. 

"Nicht hilfreich", kommentierte ich erschöpft und legte meinen Kopf auf dem blank polierten Holztisch ab. Trotzdem war ich irgendwie froh das unser Gespräch eine andere Richtung anzunehmen schien. 

"Sorry, sorry...", lenkte Davinia sofort ein, nahm einen großzügigen Schluck Kaffee und tätschelte mir den Kopf, "Ich bin sicher das wird schon. Sie haben schließlich nicht bei vor dich nach Hogsmeade einzuladen. Oder?". 

"Keine Ahnung", murmelte ich nur müde, noch niedergedrückter von diesem Gedanken. Was wäre wenn sie mich beide nach Hogsmeade einluden? Wem würde ich absagen? Himmel worauf hatte ich mich da nur eingelassen? 

"Noch etwas Tee Miss Malea?", unterbrach die quiekende Stimme einer der Hauselfen und ich schob dankbar lächelnd meine Tasse nach vorne. 

"Vielleicht verführst du doch lieber Jason und das ganze Problem wäre gelöst", schlug ich verzweifelt vor und arrangierte die wilden Locken wieder neu auf meinem Kopf, was sie vermutlich nur noch wirrer zurückließ.  

"Oh mit dem größten Vergnügen", stimmte Davinia lachend zu, "Aber ich schätze er hat wohl lieber dich im Bett als mich, sonst hätten wir dieses Problem überhaupt nicht". 

Der frisch gebackene Scone landete direkt in ihrem Kaffee. Ich war wirklich zu nichts mehr fähig. 

...

Nach einer weiteren Stunde in der Küche mit heißem Gebäck und Tee machten wir uns endlich auf den Weg zurück zu unseren Gemeinschaftsräumen. Es war schon fast zehn und die Welt draußen eine einheitliche Masse von dunklem Schwarz. Davina bestand trotz der späten Stunde darauf mich noch zum Gemeinschaftsraum zu begleiten, ich war mir ziemlich sicher das sie lediglich hoffte Cassie abzufangen und jedes noch so kleine Detail über ihren Abend auszuquetschen. 

Aber im Gemeinschaftsraum erwartete uns keine freudestrahlende Cassie, die gerade einen großen Schritt in ihrer Beziehung gemacht hatte und wenn ich ehrlich war hatte ich das auch nicht erwartet. 

Stattdessen fing uns jemand anderes ab sobald wir durch das Portraitloch geklettert waren. 

"Malea", Sirius Black trat uns kaum eine Sekunde später in den Weg, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. 

"Black?", fragte ich mit hochgezogenen Brauen. Das letzte was ich heute brauchte waren Fragen zu irgendeinem Liebesdrama von Sirius Black. 

"Habt ihr... ähm... hat Lysande mit euch geredet?", fragte er und rieb sich sichtlich unruhig mit der Hand über den Nacken. Langsam schüttelte ich den Kopf, noch immer fragend die Augenbrauen erhoben. Sirius entließ langsam einen großen Schwall an Luft, seine Mundwinkel deutlich nach unten gezogen und sein Blick weniger nervös. Eher bedauernd. 

"W a s ist los Sirius?", fragte ich ungeduldig und konnte aus dem Augenwinkel sehen wie Davinia abwartend die Arme vor der Brust verschränkte. Es war spät, aber der Gemeinschaftsraum schien ungewöhnlich voll, wie mir plötzlich auffiel. Voll und leise. "Ist Luce etwas passiert? Geht es ihr gut? Sirius ich s c h w ö r e dir, wenn irgendwas...", ich hob drohend einen Finger, plötzlich tief beunruhigt. Aber der schwarzhaarige Junge schüttelte nur den Kopf und hielt mir stattdessen eine Ausgabe des heutigen Abendpropheten unter die Nase. 

Die lächelten Gesichter auf dem unbeweglichen Foto drehten mir den Magen um. 

Als ich nicht reagierte entriss Davinia ihm die Seite und begann zu lesen. Sirius betrübter Blick war für mich schon Information genug. "Es ist ihre Tante", flüsterte er. Ich konnte noch immer seinen Blick auf mir spüren, die Blicke aller im Raum. Die angespannte Stille. Trauer. Wut. Noch eine weitere Familie. Mehr Tote, mehr unschuldige Leiche in einem barbarischen Krieg um Reinheit. 

Davinia neben mir sagte irgendwas, es klang entfernt wie ein Fluch, aber meine Ohren schienen nicht mehr richtig zu funktionieren und die Geräusche um mich herum wurden dumpf. 

"Wo ist sie?", fragte ich leise und krallte meine Finger in den schwarzen Stoff meines Umhangs. 

"Zuhause. Dumbledore hat sie geschickt, sie wird sich um-um alles ... kümmern", antwortete Sirius und ich war mir sicher das ich nickte. "Alles okay? Malea?". 

Ich ignorierte das er noch irgendetwas sagte, lief mit langen Schritten auf die Stufen zum Schlafsaal zu, Davinia folgte mir ohne selbst noch ein Wort zu verlieren. 

"Du kannst nichts dafür. Malea...", sagte sie, kaum das die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war. "Du konntest nichts tun". 

"Nichts tun?! Das ist eine glatte Lüge!", erwiderte ich heftig, "Ich könnte alles tun! Verdammt ich m ü s s t e ihnen helfen!". 

"Ihnen h e l f e n?", wiederholte Davinia ungläubig, "Das hier ist kein offener Krieg, Malea. Wir befinden uns nicht auf einem Schlachtfeld wo du vor die Menschen springen kannst um sie zu retten, du-".

"Natürlich ist es kein Schlachtfeld! Das ist M O R D Davinia, Mord. Er ist da draußen und schlachtet jeden ab der ihm nicht genügt! Ganz E n g l a n d ist sein Schlachtfeld! Und wir sitzen hier und machen uns Gedanken über-über... über Jungs und Schule! Wir sollten- sollten--".

"Sollten was? Malea?", unterbrach Davinia und warf frustriert die Hände in die Luft, "Uns vor sie alle schmeißen und jeden Fluch mit unserem eigenen Körper abschirmen? Wir sind Schüler Malea, Schüler. Wir haben keine Ahnung-".

"Wir haben sehr wohl A h n u n g!", rief ich aufgebracht und schlug mit der flachen Hand gegen einen der Bettpfosten, "Luce hat die ganzen Ferien damit verbracht Schutzzauber über das Haus ihrer Familie zu legen - warum machen wir das nicht für alle? Warum...". 

"Warum gehen wir nicht von Haus zu Haus und bieten unsere Zauberkräfte zum Schutz an? Himmel Malea willst über jedes Mugglehaus im Königreich Schutzzauber legen? Und wie willst du es ihnen überhaupt erklären? Die meisten von ihnen werden schreien wegrennen oder dich auslachen. Oder schlimmer...".

"Was ist schlimmer als der Tod?", fragte ich verzweifelt, "Wir müssen doch irgendwas tun können". 

"Ja", erwiderte Davinia, "Wir bleiben hier, machen die Schule fertig und lernen alles was wir nur können. Und wenn wir bereit sind  - dann ziehen wir den Krieg gegen einen der mächtigsten Zauberer unserer Geschichte". 

Ihre Worte klangen so ernst und bitter, das mir meine nächsten Worte im Hals stecken blieben. Sie hatte recht. Irgendwo wusste ich das. Aber wie viel würden sterben, bis wir so weit sind?

Licht in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt